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Voll vom Hocker

Mister Wilson: Wie alte Skateboards zu Möbeln mit Geschichte werden
Voll vom Hocker

Jung geblieben und mit Leib und Seele Skateboarder: Florian Bürkle hat seine Leidenschaft mit dem Beruf vereint. Der Designer entwickelt und fertigt Möbel aus alten Boards – vom Hocker Slide über das Regalsystem Hanibal bis zum wohl ersten skatebaren Hotelzimmer der Welt.

 

I Kurz gestutzter Vollbart, braune Wollmütze, Karohemd, Cargohose: So wie Florian Bürkle auf einer Skateboard-Bank sitzt, sein Daily-Board beim Erzählen dreht und wendet, wirkt er nicht wie ein 40-Jähriger. „Ich bin Skateboarder mit Leib und Seele“, sagt er. Keiner, der sich diese Attitüde wie ein Griptape aufkleben müsste. Einer, der in der Kultur lebt, seine Boards liebt und fährt und daraus eine Business-Idee entwickelt hat: Sitzmöbel und Tische aus alten Skateboard-Decks. Dabei setzt er auf Mafell-Maschinen.

Geburtsstätte des Mister Wilson
Wir befinden uns in Stuttgart-Feuerbach. Um die Ecke wächst ein Büropalast aus Stahl und Glas, nebenan prosperiert türkische Basarkultur und an Bau 32 steht an einem der scheinbar als Dauerprovisorien angebrachten Klingelknöpfen „Mister Wilson“.
Lässig skated Florian Bürkle über den Hof, Hand in der Hosentasche, umkurvt gekonnt Gabelstabler und Schuttcontainer und öffnet charmant die Eisentür am Pförtnerhäuschen. Keine Inszenierung.
Der 40-Jährige ist immer mit dem Board unter den Füßen unterwegs. Heute fährt er ein sogenanntes „deep concave 8-Inch-Board“. Irgendwann wird auch dieses Board zu einem Hocker.
Als einer der ersten Mieter hatte Bürkle sein Designbüro Floid und seine Werkstatt im Gründerzentrum IW8 für Kreative eingerichtet. Vorgezeichnet war das nicht. Zu Vitra kam er einst, weil er in der Gegend wohnte und nach dem Abitur einen Job suchte.
Von der Muse geküsst auf dem Designweg
Bürostühle hat er montiert und für Design zunächst eigentlich wenig übrig. Doch dann küsste ihn ungefragt die Muse und nach einer handwerklichen Ausbildung studierte er Gestaltung an der Hochschule in Schwäbisch Gmünd.
Seine ersten Lehrmeister nach dem Studium: Jehs + Laub – eine renommierte Adresse für Möbeldesign. Das Duo arbeitet unter anderem für COR, Knoll, Fritz Hansen, Thonet. Bevor Bürkle letztendlich mit Floid seine eigene Adresse in der Designszene gründete und „Design inspired by Skateboarding“ entwickelte, sammelte er weitere drei Jahre Erfahrung bei Milla & Partner – unter anderem am Deutschen Pavillon für die Expo in Shanghai und an Showrooms für Mercedes-Benz.
Auf alten Boards ins eigene Kreativleben
Upcycling, aus altem, vermeintlich Unbrauchbarem etwas Neues, Wertvolles machen – diese Idee faszinierte Bürkle. Der Deckchair, ursprünglich aus alten Skateboard-Decks gefertigt und mittlerweile von Timeless Furniture Manufacture produziert, entstand als eines der ersten Projekte. „Accessoires und Regale gab es schon aus alten Decks, aber nichts, was mich als als Designer überzeugte“, erinnert sich Bürkle. Er suchte Inspirationen, cruiste umher, ging in sich und zeichnete dann den Umriss eines alten Decks auf Papier, um es dann immer wieder und wieder zu zerschneiden – bis er den Goldenen Schnitt für Nose und Tail raus hat, wie Skateboarder Anfang und Ende des Decks nennen.
Er greift hinter sich, nimmt zwei Hälften aus einer Kiste, hält diese zusammen. In Form eines Herzes fügen sich diese zu einer Sitzschale. „Die perfekte Form“, strahlt Florian Bürkle. Er bleibt dran, arbeitet weiter, zeichnet, sägt, schleift und schraubt im Keller und in seiner Wohnung. 2013 verkauft er auf der Designmesse Blickfang die ersten 15 Hocker zum Stückpreis von 130 Euro.
Ausgezeichnetes Vorbild: nur echt mit Logo
„Er ist mehr als ein Hocker“, Florian Bürkle nennt ihn einen Kunstgegenstand, ein Stück Lebenskultur – käuflich zu erwerben. Die Zielgruppe: Männlich, über 40, designaffin, mit etwas höherem Einkommen. Bürkle kennt sie und ihren Jargon. So erinnert das Label Mister Wilson an eine eher unfreiwillige Slapstickeinlage: Das Skateboard schießt nach vorne weg und den Skater reißt es von den Füßen. Inzwischen wurden die Produkte kopiert. Geadelt durch die Auszeichnung der Bundesregierung als „Kreativ- und Kulturpilot Deutschland“ ist Bürkle jedoch Kopf und Hand von Mister Wilson – nur echt mit dem Aufkleber (s. Bild).
Durchdachte Konstruktion in Kleinserie
Wegen steigender Nachfrage hat Bürkle die Einzelfertigung weiterentwickelt. Er lässt die drei Beine aus einer 15-mm-Birke-Multiplex-Platte von einem befreundeten Schreiner am CNC-Bearbeitungszentrum ausfräsen.Auftragsbezogen werden sie in wenigen Handgriffen von ihm und Hilfskräften montiert. Die drei Beine werden an einer zentralen Aufnahme verschraubt. Die Sitzschale mit drei Schrauben fixiert. Dazu dienen einfach die bestehenden Bohrungen für die Aufnahme der Achsen. Unterlegtes Moosgummi gleicht die Sitzschalen an die unterschiedlichen Formen und Krümmungen der Decks aus. Mehr will Bürkle nicht verraten, hat seine Idee doch bereits Nachahmer gefunden.
Leidenschaft formt Skater-Unikate
Skateboarder sind Individualisten: Breite, Form und Krümmung des Decks, aus sieben Schichten Bergahornholz verleimt, sind eine Frage des persönlichen Fahrstils, genauso wie Achsen, Rollen und Kugellager. Deshalb sind auch die Hocker Unikate. Keiner ist wie der andere. Auf der Website mister-wilson.com bietet Florian Bürkle nicht nur zwei Sitzformen und zwei Sitzhöhen an, der Kunde kann im Shop aus über 100 verschiedenen Deckdesigns wählen.
Wie das Deck aussieht, das weiß Bürkle erst, wenn er das Griptape mühsam abgezogen, die letzten Reste des hartnäckigen Klebers abgerieben hat. Gute Skater haben in drei Monaten ein Deck durch, ein Profi-Skater wie Lem Villemin hat jede Woche ein Board zerschlissen. Dreht Bürkle das Deck um, sieht er genau, welche Tricks der Profi gefahren ist und welche misslungen sind. Die Kratzer und Kerben auf der Oberfläche und der Deckunterseite erzählen davon. Das macht jeden Hocker zu einem Unikat mit einer eigenen Geschichte.
Vom Jäger und Sammler zur eigenen Edition
Zuerst hat Bürkle eigene Decks verarbeitet, dann bei seinen Freunden die Keller leer geräumt. Heute stehen in einigen Stuttgarter Skateboard-Shops Sammelboxen, deren Inhalt er regelmäßig auf sein Transport-Board packt. Der Kurs: zehn alte Decks für einen Hocker von Mister Wilson. Dennoch schrumpfte vor Weihnachten der Lagerbestand. Gut, dass Bürkle rechtzeitig die erste eigene Skateboard-Edition aufgelegt hat, deren Decks er mit Freunden eingefahren hat, bevor sie verarbeitet werden. Übrigens: Wer als Skater seine alten Decks an Mister Wilson schickt, erhält gut zwei Wochen später einen Hocker zurück. (mh/Quelle: Volker Simon, Mafell) I

Weitere Bürkle-Projekte

„Design inspired by Skateboarding“ gilt auch bei folgenden Bürkle-Projekten:
Deckchair: Sessel mit Ottomane
Er besteht aus fein gepolsterten Sitzschalen, die auf ein Drehgestell montiert sind. Die Schalen, gepresst aus sieben Lagen Ahornfurnier, werden mit Lenkgummis aus Skateboardachsen flexibel an das Gestell fixiert. So schmiegen sich die einzelnen Sitzelemente an den Körper des Sitzenden an. Produzent: Timeless Furniture Manufacture, Fellbach.
Hanibal: modulares Regalsystem
H-förmige Elemente werden aufeinandergestapelt und durch einen raffinierten Mechanismus ohne Schrauben fixiert. Das System ist in vier Höhen erhältlich und kann in verschiedenen Raumvarianten arrangiert werden. Es wurde zusammen mit Michel Roether (Stilelemente) entworfen und ist Interior Innovation Award Winner 2015. Produzent: Tojo, Schorndorf.
Skater-Butze: skatebares Hotelzimmer
Für die Hilfsorganisation Skate-Aid hat Floid die Skate-Aid-Butze im „Bretterbude Hotel“ in Heiligenhafen entworfen und eingebaut. Das erste skatebare Hotelzimmer der Welt ist mit Wallride, Podest, Klapptisch, Soundbox, Lounge, Meerblick und Schlafgelegenheiten für fünf Gäste ausgestattet und stets gebucht. 

Mister Wilsons Elektrowerkzeuge

Diese Mafell-Maschinen setzt Bürkle ein. Folgendes kommt ihm besonders zugute:
Kappschienensäge KSS 300
Die wendige Säge kann Freihand oder fest verbunden auf der Kappschiene sowie auf dem Schienensystem geführt werden.
Präzisionsstichsäge P1cc
Das Sägeblatt verläuft nicht, die Maschine sägt absolut rechtwinklig.
Exzenterschleifer EVA 150 E/3
Der Schleifer ist vibrations- und staubarm. Die weiche Schleiftellerauflage passt sich den konkaven und konvexen Formen der Decks an.
Akkuschrauber A10 M
Mit dem Drehmoment von 34 Nm und der Drehzahl von 1400 min-1 im zweiten Gang hat die Maschine eine Leistung, die man sonst eher von schwereren und größeren Schraubern kennt.
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