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Betriebsoptimierung: Schreinerei strukturiert, optimiert und digitalisiert

Schreinerei Zezelj strukturiert, vereinfacht, optimiert und digitalisiert
Betriebsoptimierung: Was für ’ne Halbzeit

Nach knapp 30 Jahren Firmengeschichte startete die Zezelj GmbH ein zukunftsweisendes Mega-Projekt. Wir haben die Schreinerei zur Halbzeit besucht und zeigen, was sich bei einer durchdachten Betriebsoptimierung in 2,5 Jahren alles verändern lässt.

BM-Redakteur Lukas Petersen und BM-Redakteurin Miriam Matsche

1993 eröffnete Ivan Zezelj mit einem Angestellten eine kleine Schreinerei im Stuttgarter Westen. Ein Jahr später sprang sein Sohn Denis Zezelj, damals Geselle, heute Chef und Meister, mit auf den „Familien-Dampfer“ auf. Dieser lief zu der Zeit noch mit wenigen gebrauchten Standardmaschinen. Trotz der damals noch eher spärlichen Ausstattung und den beengten Platzverhältnissen von ca. 60 m² entstanden hier „Maßmöbel zum Verlieben“. Genau das ist auch heute wieder das Motto der Schreinerei!

In den knapp 30 Jahren dazwischen ist viel passiert. Den Höhen und Tiefen umfassenden Weg zeichnete Denis Zezelj uns bei unserem Vor-Ort-Besuch Anfang Januar nach. Beim anfänglichen Rundgang durch die Werkstatt fiel uns direkt auf, dass es hier keine alten Maschinen mehr gibt, nicht mal mehr als Sehenswürdigkeit. Doch für ihn ist klar, dass er mit seiner Firma einen Weg beschreitet, bei dem es wichtig ist auszumisten. Auch wenn Denis Zezelj die Kantenanleimmaschine aus Holz, mit der er in den 90ern noch gearbeitet und die er zu seinem Bedauern vor ein paar Jahren abgegeben hat, gerne als solches seinen Kunden zeigen würde. Ausmisten, Strukturieren, Workflows vereinfachen und Prozesse optimieren ist seit einigen Jahren ein großer Teil der Firmenphilosophie – auch wenn dadurch eine Rarität verschwindet.

Hinter dem Schreibtisch von Denis Zezelj zeigt ein Gemälde ihn und seinen Vater, der vor knapp 30 Jahren die Schreinerei Zezelj gegründet hat.<br /> BM-Foto: Lukas Petersen
Hinter dem Schreibtisch von Denis Zezelj zeigt ein Gemälde ihn und seinen Vater, der vor knapp 30 Jahren die Schreinerei Zezelj gegründet hat.
BM-Foto: Lukas Petersen

G’schichten aus’m Schwabengarten

Drei Jahre nach Eröffnung vergrößerte sich die Schreinerei mit neuen Räumlichkeiten in Tamm bei Stuttgart von 60 auf 250 m² und von drei auf acht Mitarbeiter. Gefertigt wurden Maßmöbel, Küchen, Schrankwände sowie Fenster und Türen. Währenddessen macht Denis Zezelj seinen Meister an der Abendschule.

„Jetzt starten wir richtig durch“, lautete die Devise 2004. Mit dem Kauf eines 5000 m² großen Industriehallenabschnitts in Remseck am Neckar stand auf einmal knapp 20 Mal so viel Platz zur Verfügung. Somit gab es kaum Grenzen, um weiterzuwachsen und Ideen zu verwirklichen. Die Schreinerei erweiterte ihr Angebotsspektrum hin zu einem Komplettanbieter – von der Planung über Zimmererarbeiten, Trockenbau, Sanitär und Elektrik bis hin zu individuellen Einrichtungen.

Auch die erste CNC-Maschine fand ihren Weg in die Schreinerei, eine Format 4 Profit 2S. Als CAD-Programm stand der Korpusgenerator von Truncad zur Verfügung und als CNC-Software Genesis. On top eröffneten die Zezeljs noch ein Ladengeschäft und Showroom in der Stuttgarter Innenstadt. Außerdem unterhielt die Firma noch knapp 20 verschiedene Lager in der nahen Umgebung, um sämtliche Materialien der unterschiedlichen Gewerke zu bevorraten.

Bis 2016 wuchs die Firma auf über 30 Mitarbeiter und Denis Zezelj, der mittlerweile alleinige Geschäftsführer, beschloss: „Wir brauchen geordnete Strukturen und wollen zurück zu unseren Wurzeln. Unsere Passion sind ‚Möbel zum Verlieben‘, deswegen soll das auch wieder unser Kerngeschäft werden!“

Back to the roots: Leidenschaft zum Beruf

Für den Umbruch standen viele Punkte auf der eigens gestellten Agenda. Unter anderem die Schließung des Ladens in der Stuttgarter Innenstadt, das Entkoppeln der verschiedenen Handwerkssegmente sowie das Zusammenfassen der 20 Lager. Als langwieriger Prozess stellte sich das Optimieren des kompletten Workflows in der Schreinerei heraus. Alles mit Blick auf das zukünftige Hauptgeschäft „Maßmöbel zum Verlieben“.

Nach ersten Tipps zur Betriebsoptimierung von Innungskollegen wurde der Workflow der Plattenbearbeitung von stehend auf liegend umgestellt – sowohl im Lager als auch an der Säge. Dazu kaufte man 2017 die liegende Plattensäge Kappa Automatic 100 inkl. der Verschnittoptimierungssoftware Ardis. Heute steht sie direkt gegenüber der neuen CNC und kann via Stapler sowie einer Hubschwenkeinrichtung von Barbaric be- und entladen werden.

Sinngemäß geht’s nach dem Plattenzuschnitt an die CNC-Maschine. Dieser Bearbeitung vorgeschaltet ist die CAD-Planung. Deswegen sollte erstmal ein neues CAD-Programm her. Bei der Suche merkte Zezelj schnell, dass er hier auf professionelle Hilfe zurückgreifen muss, wenn nicht unnötig Geld und Zeit verbrannt werden sollte. Deswegen wendete er sich an die Firma AV-Line, die auf Prozessoptimierung mit Schwerpunkt CAD/CAM in Schreinereien spezialisiert ist. Der Kontakt kam über die Verbundgruppe Meisterteam, zu der der Schreinermeister stieß, um seinen Betrieb nach PEFC und FSC zu zertifizieren.

Nach einem Vor-Ort-Termin von AV-Line mit anschließendem Bericht wurde allerdings nicht einfach nur ein CAD-Programm ausgewählt. Es entstand ein Plan zur Betriebsoptimierung für die ganze Firma. Die Betriebsoptimierer entwickelten gemeinsam mit Denis Zezelj und seinen Mitarbeitern einen 5-Jahres-Plan für die Schreinerei. Ein großer Fokus lag dabei darauf, einen digitalisierten und durchgängigen Arbeitsprozess zu schaffen – vom ersten Kundenkontakt über Planung und Fertigung bis zur Abrechnung.

Fünf Jahre Betriebsoptimierung starten mit großen Investitionen

Zum Start ging man direkt das Thema CAD/CAM und CNC an und investierte in Soft- sowie Hardware. So setzt die Schreinerei seit 2019 auf das CAD-Programm Solidworks mit Swood als CAM-Aufsatz. Dazu kommt eine CNC-Maschine vom Typ Format 4 Profit H350 von Felder. „Die 5-Achs passt perfekt für uns. Mit der Maschine können wir alles in Losgröße 1 fertigen. Außerdem hält die Maschine genügend Werkzeugplätze für unsere Ansprüche bereit und mit dem kleinen Nestingaufsatz (ca. 125 x 62 cm), den uns die Firma Felder zur Verfügung gestellt hat, können wir auch kleine Teile ohne Probleme fertigen.“

Halbzeit Betriebsoptimierung: Von der Zeichnung bis zur Kante

Mittlerweile ist Halbzeit! 2,5 Jahre sind seit Start des 5-Jahres-Plans vergangen und in der Schreinerei ist viel passiert, viele Prozesse wurden optimiert: Der Fertigungsbereich, also die Werkstatt, ist komplett neu organisiert. Netzwerkkabel, die über Kabelpritschen in der gesamten Werkstatt verteilt sind, vernetzen sämtliche Maschinen und Arbeitsplätze. Zusätzlich wurden die Maschinen so umgestellt, dass sie den Produktionsfluss erleichtern. Handlinggeräte sorgen dafür, dass sich alle Arbeiten von einer Person durchführen lassen.

Die Arbeitsvorbereitung schickt die Auftragsdaten per Netzwerkkabel an die Plattensäge und die CNC-Maschine. Nach dem Zuschnitt bekommt jedes Teil einen Barcode, der vom Drucker an der Plattensäge ausgegeben wird. Bevor ein Werkstück auf die 5-Achs kommt, wird der Barcode gescannt und die Maschine weiß automatisch, welches Programm sie benötigt. Fertig bearbeitet machen die Werkstücke einen kurzen Abstecher in die Kantenanleimmaschine. Dann geht’s zur Montage.

Bei Zezelj wird jedes gefertigte Produkt einmal in der Werkstatt aufgebaut. Das hat gleich zwei Vorteile: Zum einen lassen sich so unangenehme Reklamationen vermeiden und zum anderen stehen die aufgebauten Möbel zum Fotografieren bereit. Der Clou: In Zukunft soll ein Onlineshop entstehen, bei dem die schon einmal produzierten Möbel direkt mit Preis angeboten werden. „Jedes durchgängig geplante Möbelstück lässt sich ja leicht reproduzieren“, so der Chef.

Halbzeit Betriebsoptimierung: Organisation und Montage

Inmitten des 5-Jahres-Plans hat sich allerdings noch mehr getan:

  • Mittlerweile stehen nur noch mobile Arbeitstische zur Verfügung. Ausnahme: Zwei Hobelbänke, die die Lehrlinge zum Üben nutzen. Gut organisiert hat dadurch jeder die Möglichkeit, seine Hobelbank dort zu positionieren, wo er sie gerade braucht. Außerdem lässt sich auch leicht Platz schaffen, um eine große Küche zum Fotoshooting aufzubauen.
  • Verkleinerung: Die 20 Lager sind auf drei geschrumpft. Hier liegt noch Massivholz, das, wie die Lager, Stück für Stück schwindet. In der Schreinerei wird nun nach Kommission aufbewahrt. Dazu stehen drei Lagermöglichkeiten zur Verfügung: Paletten, Kleinteile und Langteile. Zusätzlich gibt es noch ein liegendes Plattenlager, das direkt neben der Plattensäge steht und mit dem Stapler bedient wird.
  • Bei einer Betriebsoptimierung müssen alle mitziehen: Aus diesem Grund hat heute jeder Mitarbeiter das gleiche und vor allem sein eigenes Werkzeug, das er in seinem Werkzeugwagen verstauen und abschließen kann – keiner hat einen Zweitschlüssel.
  • Auch die Kommunikation hat sich verändert, beschreibt Denis Zezelj: „Bei uns hat jeder ein Firmenhandy, was mehrere Vorteile bietet: Erstens verwenden wir somit Microsoft-Teams zur Kommunikation, wodurch wir auch Dateien und Infos miteinander teilen können. Zum Beispiel dokumentiere ich jedes Aufmaß durch Bilder und Videos, auf die jeder zugreifen kann. Dadurch werden Unklarheiten und Fehler vermieden.“
  • Im Rahmen des 5-Jahres-Plans wurden auch Betriebsversammlungen ins Leben gerufen. Dabei tauschen sich alle Angestellten inkl. Chef viermal im Jahr ganz offen und lösungsorientiert aus.

Ambitioniert in die Zukunft schippern

Aus dem vor knapp 30 Jahren erschaffenen Dampfer ist auf jeden Fall eine ansehnliche und vor allem moderne Schreinerei geworden. Um der Metapher treu zu bleiben: Ein mit Elektronik vollgepackter Katamaran, der sich mit Kapitän und knapp 20 Angestellten auf Kurs in Richtung seines neuen Ziels befindet: die Umsetzung des 5-Jahres-Plans der Betriebsoptimierung.

Für die nahe und ferne Zukunft stehen einige Ziele schon fest, manche gilt es noch zu definieren. Nah ist beispielsweise die neue Format-4-Kantenanleimmaschine Tempora F800, die kurz nach unserem Besuch eingetroffen ist oder der zweite CAD-Arbeitsplatz, der gerade entsteht. Ferner hingegen ist der große Urlaub: Denis Zezelj will seinen Betrieb bis 2026 so aufstellen, dass er eine einjährige Reise starten kann, bei der er Schreinereien auf der ganzen Welt besuchen will.

Wir bleiben auf jeden Fall dran und sind gespannt, was in Zukunft passieren wird.

In der Schreinerei Zezelj sind BM-Redakteur Lukas Petersen und BM-Redakteurin Miriam Matsche zu Besuch für eine Reportage.
Drei auf einen Streich: Nach zahlreichen Maschinen- und Materialfotos zeigen sich zum Schluss auch einmal die Personen hinter der Linse: Denis Zezelj, BM-Redakteur Lukas Petersen und BM-Redakteurin Miriam Matsche.
BM-Foto: Lukas Petersen

Zezelj GmbH

71686 Remseck am Neckar

www.zezelj.de

www.felder-group.com


AV-Line: Aus der Praxis für die Praxis

Branchenexpertise nutzen

Denis Zezelj ist sich vollkommen sicher, dass die Arbeit von AV-Line in seiner Schreinerei für einen deutlichen Geschäftserfolg gesorgt hat: „Auch wenn ich die Arbeit nicht direkt in Zahlen messen kann, weiß ich, dass wir ohne diese Hilfe nie solche Fortschritte erzielt hätten.“

Ablauf der Betriebsoptimierung: Innerhalb von drei Tagen führten die Experten bei Zezelj vor Ort eine Ist-Zustands-Analyse durch. Jeder Prozess sowie die baulichen Begebenheiten wurden unter die Lupe genommen und einzelne Mitarbeiter interviewt. Anschließend gab es einen Bericht mit Lösungsvorschlägen im Rahmen eines 5-Jahres-Plans – CAD/CAM-Auswahl inklusive. Und dann startete die Schreinerei Zezelj!

Markus Faust, Geschäftsführer von AV-Line erklärt: „Unser Ziel ist, Schreinereien zu helfen, effizienter zu arbeiten und von Digitalisierungslösungen zu profitieren.“

www.av-line.de

Digitalisierung im Schreiner- und Tischlerhandwerk

In der BM-Serie “Digitalisierung im Schreiner- und Tischlerhandwerk” erklärt Markus Faust Schritt für Schritt, wie Digitalisierung in jeder Werkstatt einzug finden kann. Hier gibt’s wertvolle Tipps und Anregungen.

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Foto: Adobe Stock, Robert Kneschke

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