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Krumme Sachen für edle Tropfen

Tischlerei Hüser Michels setzt auf Durchgängigkeit vom Aufmaß bis zur CNC-Fertigung
Krumme Sachen für edle Tropfen

Ein überaus bemerkenswertes Objekt hat die Tischlerei Hüser Michels realisiert: Der Showroom einer Kornbrennerei erhielt eine maßgeschneiderte Einrichtung. Das Projekt ist ein sehr schönes Beispiel dafür, welche Möglichkeiten durchgängiges Datenhandling vom 3D-Aufmaß über die 3D-CAD-Konstruktion bis hin zur 5-Achs-CNC-Bearbeitung bietet. 

Anna-katharina Ledwa

In dem Showroom präsentieren Eiche und Messingelemente die feinen Tropfen heute in perfektem Licht. Und das trotz schwieriger Ausgangslage, denn die alten Räumlichkeiten stelten eine ziemliche Herausforderung dar. Doch für die Familientischlerei war das – dank präziser und handlicher Softwarelösungen sowie einem perfekten Workflow – fast ein Auftrag wie jeder andere.

Ich betrete den Raum durch eine imposante Eingangstür und stehe in einem Saal mit Regalen, die sich in einem sanften Bogen unter die Decke schmiegen. Sie sollen ein Gewölbe nachempfinden. Ein 14 m tiefer Raum mit 7,5 m hohen Decken von vorne bis hinten mit raumhohen Regalen ausgebaut. Regale, die selbstverständlich eine Maßanfertigung sind und denen man ihren Weg bis hierhin nicht ansieht. Standort ist der Showroom der Brennerei Schwarze & Schlichte in Oelde. Das Unternehmen zählt zu den Top 10 der deutschen Spirituosenhersteller.

Auf den Regalböden werden die Spirituosen der 350 Jahre alten Kornbrennerei ausgestellt. Die beleuchteten Böden lassen die Glasflaschen funkeln und geben dem warmen Eichendekor noch mehr Lebendigkeit. Die Rausfallsicherungen aus Messingrohren harmonieren farblich perfekt. Im Kontrast dazu steht eine Theke aus schwarzem Mineralwerkstoff. Langlebig, kratzfest und praktisch. Im Eingangsbereich ein Empfangstresen, belegt mit einem Metall-Laminat aus Messing.

Eichendekor, Schwarz, Messing und ganz viel Glas: Diese Farben harmonieren perfekt.

Acht Wochen vom Aufmaß bis zur Montage

Der Weg bis hierhin war gar nicht so lang, wenn man bedenkt, dass für Konstruktion, Produktion und Aufbau eines Projektes dieser beachtlichen Größe nur acht Wochen reichen mussten. Der Entwurf kommt von Rinsdorf Ströcker Architekten aus Lippstadt.

Jan Hüser (40), zusammen mit seinem Vater Josef (67) Inhaber der Tischlerei in zweiter Generation, führt mir vor Augen, wie das Tischlerteam diesen besonderen Auftrag gemeistert hat und welche technischen Hilfsmittel die Umsetzung möglich gemacht haben. „Grundlage für alles ist die Liebe zum Tischlern“, betont Jan Hüser. „Ich wurde von klein auf zum Kunden mitgenommen, habe dort Schokolade abgestaubt und durfte zu Hause viel selber ausprobieren und werkeln.“

Dabei habe er sich nicht im Mindesten dazu gedrängt gefühlt, auch Tischler zu werden wie sein Papa, betont er. „Der hat das geschickt gemacht“, schmunzelt der Juniorchef. Auch seine beiden eigenen Söhne, sechs und sieben Jahre jung, haben bereits ihre eigene Miniwerkstatt. Dieser Grundstein sei wichtig.

Im echten Werkstattgeschehen geht es dann um den perfekten Prozess von der Planung bis zum fertigen Möbel. Für Jan Hüser beginnt hier alles mit dem digitalen Aufmaß, das auf die Wünsche und Bedürfnisse von Tischlern und Schreinern spezialisiert ist. „Wir nutzen Flexijet 3D,“ erzählt der Tischlermeister. „Ohne das wäre dieser Auftrag gescheitert.“ Denn: Knifflige Details haben es nicht gerade leicht gemacht. Die Planung erlaubte wenig Toleranzen und die räumlichen Gegebenheiten waren eine Herausforderung. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert hat praktisch keine lotrechten Wände, keine Fensternische sitzt genau über der anderen. Hinzu kam die Abstimmung mit dem Metallbauer, der den großen Raumtrenner mit Glaseinsätzen gefertigt und eingebaut hat. Alles musste perfekt zusammenpassen. Eine gleichmäßige Fuge von 7 mm auf gesamter Raumhöhe zwischen Stahl und Holz zeigt die hohe Präzision bei der Ausführung.

Coole Aufmaßtechnik trifft tollen Service

Beim Aufmaß hat Hüser sich für das System Flexijet 3D entschieden. Das Besondere hier ist, dass das System keine Punktwolke erstellt, was zeitmäßig schneller wäre, aber eine enorme Nachbearbeitung erfordern würde. Vielmehr wählt der Tischler Punkte in der Raumsituation aus. So hat Hüser beispielsweise alle Fensternischen exakt ausgemessen, die Steckdosen und ausreichend Punkte auf den Wänden erfasst, die für ihn relevant waren. „In der Höhe von 7,5 m gebe ich dann manuell einen Start- und einen Endpunkt an und sage dem Gerät, dass ich dazwischen alle 20 cm einen Messpunkt haben möchte,“ erklärt er. Über die Technik hinaus freut Jan Hüser sich über eine tolle Zusammenarbeit mit der Bad Oeynhauser Firma Flexijet: „Der Service ist spitze und man muss nicht lange warten. Da bekommt man sofort Hilfe, wenn ein Problem auftritt.“

Das komplette Aufmaß hat so zwar ein paar Stunden gedauert, aber dafür hatte er im Anschluss einen Aufmaßplan, mit dem er sich am Schreibtisch sofort ans Konstruieren mit seinem CAD-System Imos iX machen konnte. Dazu muss lediglich die 3D-dwg-Datei des Aufmaßes in das CAD-Programm importiert werden. Der größte Aufwand, bis es an die Produktion ging, war natürlich dann die Konstruktion der komplexen Einrichtung.

Auch komplexe Formen rationell konstruieren

Kein Teil gleicht bei diesem Projekt dem anderen. Fast jedes der annähernd 1000 Einzelteile musste von Jan Hüser gezeichnet werden. „Imos iX macht es einem da zum Glück leicht, sonst wäre das alles noch viel aufwendiger,“ lobt er die Software. Material, Materialstärken, Kantenausführungen, Bohrungen, Nuten etc: Das alles ist im CAD eingepflegt und vereinfacht den Prozess des Konstruierens.

Seit 2006 nutzt die Tischlerei Imos iX als CAD-Software. „Ohne Imos geht nichts. Mit dem Programm kommen wir sehr schnell zum gewünschten Ziel,“ fasst Hüser zusammen. Und: „So bleiben wir konkurrenzfähig gegenüber größeren Mitbewerbern.“ Die Konfiguration der Software nimmt zwar Zeit in Anspruch, da man sie aufdie individuellen Bedürfnisse hin einrichten muss. Aber danach lässt sich zum Beispiel ein Standard-Kleiderschrank in etwa 15 min konstruieren. Alle Bohrungen sind dann angelegt, die Bänder werden automatisch platziert und die Rückwände eingenutet. „Programmieren muss man da nicht mehr. Die Fahrwege der Maschine und die Werkzeugzuweisung, das ist alles hinterlegt,“ erklärt der Tischlermeister. Auch eine Fertigungsliste ist abrufbar. Und damit man weiß, welches Teil im Gesamtwerk wohin gehört, gibt es die Teileidentifikation mittels Barcode-Etiketten.

Die Imos-Datei muss im Anschluss an die Konstruktion nur noch auf den Server gelegt werden. Dann lädt der Mitarbeiter in der Werkstatt die benötigten mprx-Dateien an der Homag-CNC-Maschine. Jan Hüser: „Eine Nachbearbeitung der Daten ist meist nicht notwendig, aber natürlich jederzeit möglich.“

CNC-Komplettbearbeitung inklusive Kante

Die Konstruktion in Imos iX ist am Ende so gut ausgearbeitet, dass das Bearbeitungszentrum nur noch die Programme abfahren muss. Die Einzelteile für die Regale im Showroom wurden auf der CNC-Maschine komplett fertig bearbeitet. Die bei Hüser Michels eingesetzte 5-Achs-Homag vom Typ BMG 310 erledigt die Bearbeitungen sauber und hochpräzise und auch die Kante ist am Ende fertig. Nur insgesamt drei Maschinen haben die Möbelteile am Ende gesehen: Die Plattenaufteilsäge, das CNC-Bearbeitungszentrum und die Kantenanleimmaschine bei geraden Teilen. „Die Teile konnten dann direkt zum Kunden und dort montiert werden,“ betont der Juniorchef. Einen sonst oft üblichen Testaufbau können sich die Bürener in den allermeisten Fällen sparen, auf die Technik sei Verlass.

„Klein, aber schlagkräftig bleiben“

Wichtig ist bei allen genannten Softwarelösungen, dass man dranbleibt. Übung macht bekanntlich den Meister und wenn man regelmäßig mit den Programmen arbeitet, Flexijet, Imos iX oder auch Woodwop, dann machen sie einem das Tischlerleben leichter. So kann Hüser Michels mit seinen 17 Fachkräften auch große Aufträge professionell abwickeln. Die Expertise der Bürener liegt unter anderem im Ausbau von ganzen Klinikstationen. Aber es werden auch mal Sperrholzformen für die Rotorblätter von Windrädern gefertigt. Verdreht, wie eine Helix. Da ist nichts mehr gerade. Auch hier gilt: ohne Imos keine Chance.

Auf die Frage, wie Jan Hüser sich die Zukunft der Tischlerei vorstellt, sagt er: „Wir wollen personell nicht mehr wachsen. Klein, aber schlagkräftig, ist unsere Devise. Wir machen keine Probleme, wir lösen sie.“

Auf dem Rückweg, runter vom Gelände des Handwerkerparks, fahre ich an einer schönen alten Villa vorbei. An diesem Beispiel kann man sehen, dass für scheinbar unlösbare Dinge von Jan und Josef Hüser und ihrem Team Lösungen gefunden werden. „Die Hütte war abrissreif,“ erinnert sich der Juniorchef, „heute wohnen wir in einem liebevoll restaurierten Altbau. Von dem Projekt haben uns damals alle abgeraten.“

www.hueser-michels.de

www.flexijet.info

www.imos3d.com

www.homag.com


Die Autorin

Anna-Katharina Ledwa ist Tischlerin und Projektgestalterin (HWK), arbeitet als Gesellin in der AV und entwickelt nebenberuflich eigene Produkte.

www.annaledwa.de


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