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Handwerkliche Sinne wecken

Unterstützung zur Berufsfindung in Ruanda
Handwerkliche Sinne wecken

Junge Menschen für das Handwerk zu begeistern ist nicht nur hierzulande ein Problem. Die Eifler Schreinermeisterin Judith Cramer unterstützt ein Projekt zur Berufsfindung in Ruanda und hat einen Handlungsleitfaden erstellt, wie vor Ort Schüler und Schülerinnen für eine Ausbildung zum Schreiner gewonnen werden können.

BM-Redakteur Heinz Fink

Welche Fähigkeiten habe ich? Wo liegen meine Interessen und Neigungen? Welchen Beruf möchte ich ergreifen? Fragen, die auf jede Schülerin und jeden Schüler über kurz oder lang zukommen. Die Möglichkeiten dies während oder nach der Schulzeit auszutesten, sind zahlreich und reichen vom Ferienjob, über Praktika und freiwillige Dienste bis hin zu organisierten Maßnahmen zur Berufsorientierung – zumindest in Deutschland.

Ganz anders sieht dies auf dem afrikanischen Kontinent, genauer in Ruanda aus. Maßnahmen für Jugendliche, Berufsbilder kennenzulernen und sich über die Ausbildung in einem technischen oder handwerklichen Beruf zu informieren, existieren dort kaum oder gar nicht. Dies zu ändern hatten sich die Schreinermeisterin Judith Cramer und der gelernte Schreiner, Theologe und Sozialpädagoge Tim Bluthardt vorgenommen und im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) einen Leitfaden für die Durchführung von Live-Workshops für Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender Schulen in Ruanda erstellt. Judith Cramer konnte die Ergebnisse im Herbst 2019 während eines dreiwöchigen Aufenthaltes vor Ort an der Rubengera Technical Secondary School (RTSS) in zahlreichen, sogenannten Live-Workshops umsetzen.

Handwerk erlebbar machen

Wie vielerorts hat auch in Ruanda das Handwerk kein hohes Ansehen, auch dort wünschen sich Eltern für ihre Kinder eine „bessere“ Ausbildung, vielleicht sogar ein Studium. Welches Potenzial in einer handwerklichen Ausbildung steckt, ist oft nicht bekannt. Mit dem erarbeiteten Leitfaden für Live-Workshops sollen die Neugier und die Kreativität Jugendlicher geweckt und sie für das Handwerk begeistert werden. Einen hohen Stellenwert nimmt dabei die Person ein, die den Kurs leitet und von deren Einsatz und Persönlichkeit als positives Vorbild der Erfolg der Maßnahme maßgeblich abhängt. Ein wichtiges Ziel ist es denn auch potenzielle Kursleiter und -leiterinnen vor Ort zu finden und zu schulen. Konkret richten sich die Live-Workshops an Schülerinnen und Schüler im Alter von zwölf bis 15 Jahren – Mädchen und Jungen sollten in gleichem Maße vertreten sein.

Für die Jüngeren (12/13) entwickelte Judith Cramer ein eintägiges Projekt, in dem eine scherenartige Akkordeon-Garderobe gefertigt werden soll. Nach einer kurzen Einführung in das Projekt sowie einer kompakten Werkzeug- und Materialkunde geht es an erste Übungen zur Handhabung der unterschiedlichen Sägen. Messen, anreißen, sägen oder bohren – Handgriffe, die jeden Novizen erst einmal fordern. Ziel ist es, dass alle Teilnehmer am Ende des Kurstages eine eigene, selbst gefertigte Garderobe mit nach Hause nehmen und diese den Eltern stolz präsentieren können.

Komplexe Herausforderungen

In einem zweiten, zwei Tage dauernden Live-Workshop sollen die älteren Schülerinnen und Schüler (14/15) ein Mühlespielfeld mit einem umlaufenden, eingenuteten Rahmen herstellen. Nach Erklärung der Grundlagen geht es hier um komplexe Arbeitsgänge wie das präzise Anreißen, das Bohren von Sacklöchern, die Herstellung von Nuten und Fälzen mithilfe der Oberfräse sowie die Herstellung kurzer Nutzapfen per Hand für die Eckverbindung der Rahmen. Die Herstellung der Spielsteine aus verschiedenfarbigen Rundstäben und die Oberflächenbehandlung runden das Programm ab.

Hilfe zur Selbsthilfe

Im Oktober 2019 hatte Judith Cramer bei einem dreiwöchigen Aufenthalt in Ruanda die Gelegenheit, das Konzept vorzustellen. Während dieser Zeit in Rubengera leitete sie in sechs Tischler-Workshops mehr als 90 Schülerinnen und Schüler an. „Für mich war es eine wunderbare Erfahrung“, sagt die 47-jährige Schreinermeisterin aus Rheinland-Pfalz. „Wir wurden von der Schulleitung, der Lehrerschaft und den vielen Azubis herzlich aufgenommen und die Bedingungen in der Berufsschule waren für unsere jungen Besucher optimal: Wir hatten einen eigenen Raum, in dem wir konzentriert arbeiten konnten und alle Materialien waren bestens vorbereitet. Zudem hatten wir einen ausgebildeten, ruandischen Schreiner an unserer Seite, der die Werkstatt kannte und bei Bedarf übersetzen konnte.“

Ein Wirtschaftsförderungsvorhaben der GIZ in Ruanda habe bereits Interesse an diesem „Werkzeug zur Berufsorientierung“ angemeldet. Zur Zeit prüfe man die Interessen und Voraussetzungen an verschiedenen Berufsschulen, die solche Live-Workshops in Zukunft selber anbieten möchten. Judith Cramer darf sich dann – wenn es soweit ist – um die Ausbildung von ruandischen Workshopleitern kümmern.


Projektinfos

Der Einsatz Judith Cramers fand im Projekt „Skilled Crafts and Trades
Network 4 Africa“ statt, das die GIZ gemeinsam mit dem ZDH für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ) durchführt. In vielen Ländern Afrikas wächst die Wirtschaft rasant.
Aber nur mit gut ausgebildeten Fachkräften lassen sich die wirtschaftlichen Potenziale voll nutzen. Vor allem im Handwerk fehlt es jungen Menschen
an praktischen Fertigkeiten. Daher
stärkt das BMZ gemeinsam mit deutschen Betrieben das Arbeitskräftepotenzial vor Ort. Ein Netzwerk
für internationale Berufsbildungszusammenarbeit bringt deutsche und afrikanische Handwerksbetriebe und Organisationen der beruflichen Bildung zusammen. Mittlerweile stehen rund
80 ExpertInnen für Kurzzeiteinsätze in
der Entwicklungszusammenarbeit bereit. Interesse? Infos unter: skilledcrafts@giz.de

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