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Das sollten Sie wissen

Wohnungsabschlusstüren: nicht nur dicht-, sondern jetzt auch selbstschließend
Das sollten Sie wissen

Auf Grundlage der Musterbauordnung (MBO) wurde in die meisten Länderbauordnungen mit den Novellen der letzten Jahre die Forderung nach dicht- und selbstschließenden Wohnungsabschlusstüren in Treppenhäusern von Mehrfamilienhäusern übernommen. Was bedeutet das genau und welche technischen Lösungen werden hierfür angeboten?

Autor: Rainer Kemner
I In § 35 der Musterbauordnung „Notwendige Treppenräume, Ausgänge“ heißt es:

„In notwendigen Treppenräumen müssen Öffnungen:
  • zu Kellergeschossen, zu nicht ausgebauten Dachräumen, Werkstätten, Läden, Lagern und ähnlichen Räumen sowie zu sonstigen Räumen und Nutzungseinheiten mit einer Fläche von mehr als 200 m2, ausgenommen Wohnungen, mindestens feuerhemmende, rauchdichte und selbstschließende Abschlüsse,
  • zu notwendigen Fluren rauchdichte und selbstschließende Abschlüsse,
  • zu sonstigen Räumen und Nutzungseinheiten (z. B. Wohnungen) mindestens dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben.“
Die ergänzende Forderung nach einer nicht nur dicht-, sondern jetzt auch selbstschließenden Tür für Wohnungen nach Satz 3, ergibt sich aus den Erfahrungen der Feuerwehr und dem Ziel, im Brandfall eine Verrauchung der Rettungswege zu verzögern. So kommt es vor, dass Bewohner im Erdgeschoss die brennende Wohnung fluchtartig verlassen, aber dabei die Wohnungseingangstür offen stehen lassen und der aufsteigende Rauch im Treppenhaus den Fluchtweg für die Bewohner in den darüber liegenden Stockwerken versperrt.
Lediglich in Baden-Württemberg sind in der Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung § 11 ausdrücklich Wohnungen von der Verpflichtung zur Installation von selbstschließenden Türen in notwendigen Treppenräumen ausgenommen.
Änderung und Erneuerung
Auf Anfrage teilte das niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung – Referat Bauaufsicht, Bautechnik, Bauökologie – dem Autor mit, dass die selbstschließende Funktion auch bei (wesentlichen) Änderungen oder bei der Erneuerung einer vorhandenen Wohnungseingangstür in den betroffenen Gebäudeklassen (mit mehr als zwei Wohnungen) seit dem 1. November 2012 vom Eigentümer sicherzustellen ist. Es besteht jedoch keine Verpflichtung zum Auswechseln oder Nachrüsten in bestandsgeschützten Gebäuden. Diese Forderung kann allerdings je nach Bundesland und Länderbauordnung variieren und es wird dringend empfohlen, die jeweils oberste Baubehörde im betroffenen Bundesland bezüglich der Änderung und Erneuerung von Wohnungsabschlusstüren um Auskunft zu bitten.
Der Text der Landesbauordnung kann natürlich im Internet recherchiert werden, allerdings geht daraus häufig nicht hervor, ob dazu noch eine Durchführungsverordnung mit weiteren wesentlichen Anforderungen an Wohnungsabschlusstüren existiert.
Konflikte sind vorprogrammiert
Die selbstschließende Funktion einer Wohnungsabschlusstür wird vom Nutzer aus unterschiedlichen Gründen häufig als störend empfunden:
  • Der einzubauende Türschließer stellt eine optische Beeinträchtigung dar, weil er nicht zum übrigen Design der Tür und der Wohnung passt.
  • Jedes zusätzliche Bauteil verursacht zusätzliche Kosten bei der Anschaffung und zieht Folgekosten für Wartung, Instandhaltung und ggf. auch für eine Reparatur nach sich.
  • Die Bewohner in einem Mehrfamilienhaus sperren sich beim morgendlichen Gang zum Briefkasten aus der eigenen Wohnung aus.
  • Das Öffnen der Tür ist schwierig, wenn die Nutzer bspw. mit dem Einkauf oder sonstigen Gepäckstücken schwer beladen sind.
  • Die Schließ- und Öffnungskräfte sind für kleine Kinder oder ältere Personen zu groß und die Tür ist mit einem Rollator fast unpassierbar.
  • Es besteht vor allem auf der Bandseite (Nebenschließkante) Quetschgefahr für die Finger kleiner Kinder, wenn sich die Tür selbsttätig schließt.
Technische Lösungen, die helfen
Die einfachste und kostengünstigste Lösung ist die Ausrüstung der Wohnungsabschlusstür mit einem Türschließer, der auch verdeckt liegend oben im Falz oder als Unten-Türschließer ausgeführt werden kann, so dass keinerlei optische Beeinträchtigung wahrnehmbar ist. Um die Öffnungs- und Schließkräfte zu minimieren, sollten sog. „Low Energy“-Türschließer eingesetzt werden.
Das Problem der zugefallenen Tür bei vergessenem Schlüssel kann mit einem Fingerprintsensor oder einem Zahlencodeschloss in Kombination mit einer Tagesfalle oder einem elektrischen Türöffner gelöst werden.
Bei erhöhten Anforderungen an die Barrierefreiheit stehen zwei Ausstattungsvarianten zur Auswahl:
  • Einsatz eines Freilauftürschließers, der dann mit einem Rauchmelder zu verbinden ist.
  • Installation eines Drehtürantriebs, sodass hier die Wohnungsabschlusstür zur Automatiktür wird, wie sie z. B. in Krankenhäusern oder Pflegeheimen eingesetzt wird. Für den Privatbereich empfiehlt sich auch hier wieder die „Low Energy“-Variante, die schon bei geringsten Gegenkräften, die Öffnungs- oder Schließbewegung stoppt.
Beim Freilauftürschließer blockiert ein Magnetventil beim Öffnen der Tür den Ölkreislauf und setzt so die Türschließerfunktion außer Kraft. Die Tür lässt sich nun im Normalbetrieb ohne Kraftaufwand öffnen und schließen, so als wäre kein Türschließer montiert. Durch die Kopplung an eine Brandmeldeanlage bzw. bei einer Variante mit integriertem Rauchmelder schließt die Tür im Ernstfall automatisch. Manuell kann das Ventil über einen Handauslösetaster geöffnet werden, der direkt neben der Tür montiert ist. Im Falle eines Stromausfalls öffnet das Ventil und deaktiviert die Freilauffunktion.
Die Unfallgefahr, die von einer selbstschließenden Tür ausgeht, kann mit einem Fingerklemmschutz an der Nebenschließkante verringert werden. Diese Einrichtung hat sich vielfach in Kindergärten und Schulen bewährt und das ausziehbare Schutzrollo ist mit bis zu 1 000 000 Zyklen im Dauerfunktionstest geprüft worden. Die Stoffbespannung kann farbig an die Tür angepasst werden und falls sie irgendwann überflüssig werden sollte – weil die Kinder groß geworden sind – auch wieder demontiert werden. Allerdings dürfen Rauch- und Brandschutztüren nur mit einem Fingerklemmschutz ausgerüstet werden, falls dieses in der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung vorgesehen ist.
Hinweise für den Auftragnehmer
Falls es nicht gelingt, den Auftraggeber von der Installation einer Türschließeinrichtung zu überzeugen, könnte sich der Auftragnehmer jetzt die Frage stellen, ob er sich mit einem schriftlichen Hinweis von diesbezüglichen Gewährleistungs- oder Haftungsansprüchen freistellen lassen kann?
  • Auftraggeber und Auftragnehmer sollten bedenken, dass die Missachtung oder der Verstoß gegen die Landesbauordnung als Ordnungswidrigkeit bußgeldbewehrt ist.
  • Der deutliche Hinweis im Angebot auf eine bauseits durch den AG durchzuführende Nachrüstung – inkl. der Erläuterung der Hintergründe und Folgen – bleibt risikobehaftet, weil noch keine Rechtsprechung dazu existiert und fraglich ist, ob ein einfacher schriftlicher Hinweis angesichts verletzter oder getöteter Personen ausreicht, um Auftraggebern, Bauherren und Bewohnern die Konsequenzen einer (beabsichtigten) Unterlassung der Nachrüstung klarzumachen.
  • Sollten in den letzten Jahren in Unkenntnis der Änderung der Landesbauordnung Wohnungsabschlusstüren ohne selbstschließende Funktion eingebaut worden sein, empfiehlt es sich, die betroffenen AG anzuschreiben, auf die damalige Gesetzeslage aufmerksam zu machen und die Nachrüstung des Türschließers (oder andere technische Lösungen) anzubieten.
  • Ein „pfiffiger“ AG könnte dann allerdings auf die Idee kommen, die kostenlose Nachrüstung im Rahmen einer „Mangelbeseitigung“ zu verlangen. Da es sich dabei aber um sog. „Sowieso“-Kosten handelt – denn auch die neue Tür wäre ja durch den Türschließer teurer geworden – könnte die Nachrüstung mit den reinen Selbstkosten (z. B. nur Material und Arbeit, ohne Fahrtkosten, ohne Gewinn) abgerechnet werden, womit eine halbwegs faire Lösung für beide Seite sichergestellt wäre. Allerdings ist dem Autor auch hierfür bislang kein Präzedenzfall bekannt.
  • An viele Vorlieferanten, industrielle Türenhersteller und Händler ist allerdings die Frage zu richten, warum sie bislang den Hinweis auf eine ggf. baurechtlich erforderliche Selbstschließeinrichtung für Wohnungsabschlusstüren unterlassen haben?
Auf diesbezügliche Diskussionen und Antworten freut sich der Autor. I
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