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Gelbverfärbungen von weißen Kunststofffenstern

Ursachen der Gelbverfärbung von weißen Kunststofffenstern
Die gelbe Gefahr

An weißen Kunststofffenstern werden derzeit vermehrt Gelbverfärbungen an weißen Kunststofffenstern festgestellt, die hauptsächlich den unteren Fensterbereich betreffen. Dabei treten zwei unterschiedliche Arten auf, punktförmige und gleichmäßige gelbe Verfärbungen. Aber wie entstehen diese und was kann dagegen getan werden?

Jürgen Sieber

Im Jahr 1978 erschien der Spiegel mit der bedrohlichen Schlagzeile „Die gelbe Gefahr“ auf seinem Titelblatt. Hintergrund dieser Schlagzeile war die große Gefahr durch die militärische Macht des kommunistischen Großreiches. Im Jahr 2018 ist die Angst vor dem Kommunismus deutlich gesunken, dafür bringen wir mit dieser Überschrift die „Gelbverfärbung von weißen Kunststofffenstern“ in Verbindung. Und wenn Sie Fensterbauer sind, dann ist die Angst vor dieser neuen „Gelben Gefahr“ unter Umständen deutlich größer, als Ihre Angst, die Sie in den 70er-Jahren vor Mao Tse Tung hatten.

Punktuelle gelbe Flecken

Im Jahr 2003 tauchten in Österreich und der Schweiz erstmals gelbe Flecken auf weißen Kunststofffenstern auf. Untersuchungen durch unabhängige Institute ergaben eine Veränderung der Oberfläche durch eine chemische Reaktion, welche auf Ablagerungen von Metallstäuben zurückzuführen war. Nach und nach breitete sich dieses Phänomen, von Süden kommend, auch über Deutschland aus.

Woher diese Stäube stammten, war zunächst rätselhaft. Vermutet wurden Metallabriebe bzw. Metallstäube, welche von Bremsscheiben stammen könnten. Weiter wurden Emissionen von Industriegebieten vermutet oder Eisenbahnschienen bei denen beim Bremsen der Züge ebenfalls Metallabriebe entstehen.

Flugrost auf Edelstahlgeländern war bereits hinlänglich bekannt. Dass bei der Oxidation eines Eisenstaubes, welcher auf einem PVC-Profil zum Liegen kommt, unter Einfluss von UV-Licht eine chemische Zerstörung der PVC-Oberfläche geschieht, die mithilfe von Metallzersetzung, Pollen und UV-Licht zu einer Gelbverfärbung rund um den Metallpunkt führt, war jedoch neu.

Wenn direktes UV-Licht eine Rolle spielt, ist die Gelbverfärbung an weißen Kunststofffenstern auf der Südseite der Häuser logisch und nachvollziehbar. Warum aber in einem Neubaugebiet oft nur ein einzelnes Haus von diesem Phänomen betroffen ist, blieb lange unbeantwortet. Erst als ein Techniker der PVC-Branche auf die Idee kam, seinem neu angepflanzten Rasen mit Rasendünger auf die Sprünge zu helfen und in einem Gartencenter einen „eisenhaltigen Rasendünger“ kaufte, ergab sich plötzlich eine logische Erklärung.

Beim großzügigen Verteilen von eisenhaltigem Rasendünger können Metallstäube punktuell in großer Menge verteilt werden, was erklärt, warum häufig ein einzelnes Haus in einem Wohngebiet betroffen ist; und dort verstärkt die Kunststofffenster in den unteren Etagen. Werden die Metallstäube nicht in den folgenden Tagen durch Abwaschen entfernt, können sich diese – hauptsächlich bei den unteren Profilen – festsetzen und verursachen die oben beschriebenen Probleme.

Sonnenbrand auf Fensterrahmen

Flächige Verfärbung und lineare Erhebung

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. So könnte man meinen, aber weit gefehlt. Der Gelbverfärbung durch Eisenstaub folgte wenige Jahre später ein weiteres Problem. Die großflächige Gelbverfärbung der weißen Kunststoffprofile ohne Einwirkung von Eisenstaub mit einer häufig einhergehenden linienförmigen Erhebung am PVC-Profil. Die neue Generation von Haushaltsreinigern und Spülmitteln fällt dadurch auf, dass die Flaschengröße immer kleiner, dafür die Konzentrationen der Reinigungsmittel immer größer werden. Diese Reiniger nennen sich daher auch „Konzentrate“. Während man früher einen kräftigen Schuss Spülmittel in eine undefinierte Menge Wasser gab, findet man heute auf der Rückseite dieser Mittel Dosieranweisungen, die in ihrer Genauigkeit aus einem Pharmazielabor stammen könnten.

Bei vielen Reinigungskonzentraten lautet die Dosierung ungefähr wie folgt: 3 ml Reinigungskonzentrat auf 5 l Wasser verwenden. Auf Deutsch drei Tropfen des Konzentrats auf 5 l Wasser. Enthalten diese Reiniger Zusätze wie Orangen-, Zitronen- oder Pfefferminzgeschmack wird es spannend, da diese sauren Stoffe die PVC-Oberfläche angreifen können. Befindet sich in den Reinigungsmitteln gar Ammoniak und / oder Benzylalkohol ist eine Zerstörung der PVC-Oberfläche im Mikrobereich fast zu erwarten, da diese Stoffe in einem PVC-Reiniger nichts zu suchen haben. Speziell Benzylalkohol oxidiert mit Sauerstoff zu Benzaldehyd was laut Chemielexikon mit Hart-PVC nun ganz und gar nicht verträglich ist. Wer jetzt anstelle von 3-ml-Reinigungskonzentrat einen kräftigen Spritzer verwendet und diesen anstatt in 5 l mit nur ca. 2 l Wasser vermischt, erzeugt eine Überdosierung um den Faktor 25 bis 30. Die chemischen Reinigungszusätze sind somit um das 25- bis 30-fache überdosiert.

Wer schon mal mit Bier deutlich einen über den Durst getrunken hat, kennt den Ausspruch des mittelalterlichen Arztes Paracelsus: „Alles ist ein Gift oder nichts, die Dosis macht´s.“ In geringen Dosen kann Bier fast schon Medizin sein, in zu hohen Dosen genossen, (und hier meine ich nicht hohe Weißblechdosen) wird einem so übel, dass einen am nächsten Tag nur noch die Hoffnung auf den Tod am Leben hält.

In Frankreich und Spanien gibt es in den Supermärkten eine Chlorbleiche zu kaufen, welche in sehr geringen Dosen zum Desinfizieren von Trinkwasser eingesetzt werden kann. In zu hohen Dosen beim Reinigen des Fußbodens eingesetzt, kann man damit Chlordämpfe erzeugen, die jede Giftgaswolke im Ersten Weltkrieg als lauen Frühlingsduft erscheinen lassen. Wird der geöffnete Fensterflügel mit überdosierten ammoniakhaltigen Reinigern geputzt und anschließend geschlossen, werden zwischen Flügelprofil und Blendrahmenanschlagdichtung die chemischen Substanzen eingeschlossen und können nun mit dem PVC reagieren.

Kleine Aufquellungen am Flügelprofil sind die Folge. Aufgrund der Dichtungsanlage sind diese Aufquellungen so gerade, als seien sie mit dem Lineal gezogen. Diese Erhebungen treten zeitlich meist vor der Gelbverfärbung auf und sind ein klares Indiz für den Missbrauch bzw. die Überdosierung von Haushaltsreinigern. Wenigstens ein Vorteil im Nachteil. Man spart sich dadurch die Laborkosten. Die Diskussion mit dem Endkunden bleibt.

Reinigen der Oberflächen

Da dieses Problem durch den Missbrauch/der Überdosierung von Haushaltsreinigern bzw. als Reaktion auf Eisenstaub entsteht, versteht sich von selbst, dass sich die Gelbverfärbung nicht mit Haushaltsreinigern entfernen lassen. Hier muss der Profi ran.
Nur durch Abschleifen der Oberfläche bzw. durch ein abrassives Säubern der Profile können die betroffenen Kunststofffenster gereinigt werden. Im Anschluss erfolgt die Versiegelung der behandelten Oberfläche. Danach sind die Profile wieder so sauber, „dass man sich drin spiegeln kann“, um einen alten Werbeslogan zu benutzen. Freilich darf eine deutliche Ermahnung der Bauherren nicht fehlen, die Fenster nicht wieder mit den verwendeten Haushaltsmitteln zu putzen, denn sonst beginnt die Problematik wieder von vorn.

Als Prävention sollte bereits bei der Angebotsabgabe der Hinweis erfolgen, dass die Reinigung der Kunststofffenster-Oberflächen nur mit einem Mittel erfolgen darf, welches frei von Geschmacksstoffen, Terpenen, Ammoniak oder Benzylalkohol ist, bzw. am besten mit einem Reiniger durchgeführt wird, welcher der Fensterlieferant zur Verfügung stellt.

Kampf gegen die gelbe Gefahr


Der Autor

Jürgen Sieber ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Glaserhandwerk, Betriebswirt d. H. und freier Dozent an der Fensterakademie Karlsruhe.

www.fensterbausieber.de


BM im Gespräch mit Jürgen Sieber

Reinigerinhaltsstoffe beachten

Was passiert, wenn gegen die Verfärbung nichts unternommen wird?

Jürgen Sieber: Die Kunststofffenster sehen einfach nur schmutzig aus und werden im Laufe der Zeit immer gelber und unansehnlicher. Technisch passiert nichts. Die Wärme- oder Schalldämmung bleibt gleich. Die Lebensdauer bleibt ebenfalls gleich, nur will man sicherlich nach 15 Jahren diese schmutzigen Fenster nicht mehr haben wollen.

Spielt eigentlich die Herstellerrezeptur der Kunststoff-Profilsystemgeber hier auch eine entscheidende Rolle mit?

Jürgen Sieber: Die Rezeptur spielt eine untergeordnete Rolle. Mit den alten Blei-Beimischungen, die von der EU in 2001 verboten wurden, waren die Profile stabiler gegen solche Überdosierungen der Reiniger, das stimmt schon, aber sie waren eben auch nicht völlig unempfindlich. So gesehen haben die Kunststoff-Profilhersteller keine Wahl. Eine Rezepturänderung der PVC-Profile bringt wenig, da das Fenster eine Lebensdauer von 35 Jahren hat. Würde nun die Rezeptur der Kunststoff-Profile auf den Reiniger XY angepasst werden und der Reinigungshersteller ändert in sechs Jahren die Rezeptur, passt es wieder nicht mehr zusammen. Werden die Reiniger von der Hausfrau richtig dosiert, passiert auch nichts. Gefährlich wird es mit den Beimischungen von Ammoinak und Benyzlalkohol, diese hätten auch früher – mit den Bleirezepturen – Probleme ausgelöst. Hier gibt es ein Problem, dass manche Reinigungshersteller den Glasreiniger als Fensterreiniger bezeichnen und so die Endkunden in die Irre führen. Hier ist also der Reiniger häufig überdosiert und zusätzlich für die Rahmen der Fenster vom Reinigungshersteller gar nicht freigegeben. Wenn es blöd läuft, also doppelt negativ. Diese Hinweise sollten Fensterverkäufer ihren Kunden mit an die Hand geben.

Das Interview führte
BM-Redakteur Stefan Kirchner

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