Die Recherche von Bauprodukt- und Bauelementinformationen ist aufwendig und fehleranfällig. Medienbrüche und unterschiedliche Aktualitätsstände analoger und digitaler Produktkataloge führen von der Angebotserstellung und Planung über die Bestellung und Lieferung bis zum Einbau und zur Abrechnung immer wieder zu Fehlern. BIM-Objekte – das sind digitale Entsprechungen realer Bauprodukte und Bauelemente – vereinfachen diese Prozessketten.
Smarte, parametrisierbare Bauteile
Ob für Anschlussdetails in der Werk- und Detailplanung, für Kalkulationen oder Berechnungen – stets werden Abmessungen oder technische Spezifikationen von Bauteilen gebraucht. Dafür werden DXF-, DWG- oder PDF-Zeichnungen, Produkt- und Bauelementdaten von Türen, Toren, Fenstern, Oberlichtern etc. von entsprechenden Hersteller-Webseiten oder Online-Datenbanken heruntergeladen. Auch für die individuelle Produktzusammenstellung oder Angebotserstellung relevanten Daten müssen umständlich aus verschiedenen Quellen zusammengesucht werden. Daraus entstehen durch veraltete Informationsstände, Übertragungs- oder Eingabefehler immer wieder Probleme. Dass es auch anders geht, zeigen Bauelementehersteller wie Dormakaba, Gealan, Geze, Hörmann, Jansen, Lamilux, Rehau, Schüco, Velux, Warema und andere. Zusätzlich zu zweidimensionalen, „dummen“ Produktsymbolen offerieren sie seit einigen Jahren auch smarte, parametrisierbare, konfigurierbare und mit Produkteigenschaften versehene BIM-Objekte zum kostenlosen Download – in der Regel in mehreren Datenformaten, z. B. im nativen Format BIM-fähiger CAD-Programme oder als softwareübergreifende XLS- oder IFC-Datei. Wichtige Objektinformationen wie verfügbare Abmessungen, Materialien und Ausführungen, aber auch Kosten, technische Spezifikationen, Richtlinien, Zertifizierungen, Brandschutz-, Schallschutz- oder bauphysikalische Daten oder Wartungshinweise sind mit den BIM-Objekten verknüpft, sodass man sie in unterschiedlicher Form nutzen kann. Schreiner und Tischler können diese Daten beispielsweise in ihre ERP-Branchensoftware für Angebote importieren, sofern sie über eine entsprechende Schnittstelle verfügt.
Vorteile für Handwerker und Hersteller
Sowohl die Art der Objektinformationen als auch die geometrische und alphanumerische Informationstiefe lassen sich bedarfsgerecht filtern, so dass nur für die aktuelle Planungsphase relevante BIM-Objektdaten angezeigt werden. Auch nach dem Einbau in das BIM-Modell können BIM-Objekte konfiguriert werden. Funktionsprüfungen sind ebenso möglich – etwa die Überprüfung der Öffnung von Fensterflügeln in Dachschrägen. BIM-Objekte können zusätzlich mit Logiken und Regeln verknüpft werden. Damit ist bei der Auswahl von Produkten mit unterschiedlichen Ausstattungsvarianten sowohl eine Prüfung vom Hersteller zulässiger Produktkombinationen als auch eine Verifizierung von Vorgaben zum Brandschutz oder Schallschutz möglich. Vom Planer vorgegebene Produkte, Oberflächen, Farben, Ausstattungsvarianten können von den ausführenden Unternehmen ohne Übertragungsfehler digital für die Kalkulation, Angebotserstellung und Bestellung übernommen werden. Auch für Hersteller bieten BIM-Objekte Vorteile: Werden ihre digitalen Produkte frühzeitig in den BIM-Planungsprozess eingebunden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch bei der Ausführung berücksichtigt werden. Außerdem eröffnen digitale Bauprodukte neue Möglichkeiten in der Produktpräsentation, Dokumentation, Akquisition, im Marketing und Vertrieb.
Noch fehlen BIM-Objektstandards
BIM-Objekte werden zwar schon häufig genutzt, aber es fehlt noch an Standards, beispielsweise zur Detaillierungstiefe oder zum Datenumfang. Da das Datenvolumen eines aus hunderten oder tausenden von BIM-Objekten bestehenden BIM-Gebäudemodells auch leistungsfähige Rechner in die Knie zwingt, ist eine Minimierung der Dateigröße wichtig. Außerdem sind für Planer andere Informationen relevant als für Ausführende. Unterschiedliche Informationen und Detaillierungsgrade werden auch für die verschiedenen Projektphasen benötigt. Diese Anforderungen erfüllt eine datenbankorientierte Abbildung von Produkten, die unter anderem eine situationsgerechte geometrische Detaillierung (Level Of Geometry, LOG) von BIM-Objekten erlaubt, inklusive deren Produkteigenschaften (Level Of Information, LOI),spezifischen Logiken und Regeln. Eine besondere Herausforderung für die in der Regel international agierenden Produkthersteller ist eine einheitliche, weltweit geltende Normierung der strukturierten BIM-Objektdaten, auch Product Data Templates (PDT) genannt. Zwar gibt es bereits BIM-Produktdatenstandards in unterschiedlichen Ländern und Bereichen (NBS, INS 1265, ISO 23386, EN ISO 23387 etc.), die sich allerdings noch nicht durchgesetzt haben oder erst am Anfang stehen.
Digitale Zwillinge mit Potenzial
BIM-Objekte rationalisieren Arbeitsabläufe, minimieren Fehlerquellen und sorgen dafür, dass die Digitalisierung am Bau vorankommt. In ihnen steckt noch viel Potenzial, aber auch Entwicklungsbedarf. So ist aufgrund fehlender, gewerkübergreifender und internationaler Standards keineswegs sichergestellt, dass BIM-Objekte aus unterschiedlichen Quellen miteinander kompatibel sind. Bildet ein aus mehreren Komponenten verschiedener Hersteller bestehendes Bauelement – etwa ein aus einem Rahmensystem, Beschlägen, einem Lüftungs- und Verschattungssystem etc. zusammengesetztes Fassadenelement keine datentechnische Einheit, kann es auch nicht durchgängig digital ausgeschrieben, kalkuliert, bauphysikalisch berechnet oder energetisch simuliert werden. Ebenso wie ein internationaler Produktdatenstandard steht auch die Berücksichtigung von Produktlebenszykluskosten noch am Anfang. So fehlen noch Absprachen und Richtlinien, die eine Vergleichbarkeit von Entwicklungs-, Betriebs-, Wartungs- und Instandhaltungskosten etc. des jeweiligen Bauproduktes oder Bauelementes ermöglichen.
Foto: BIMwelt Systems
Die BM-Serie im Überblick
Praxiswissen rund um BIM
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- Teil 1: BIM for Beginners
- Teil 2: BIM-Basics: Basiswissen zu Projekten
- Teil 3: BIM-Ausbildung: Einstiegshilfen, Webinare, Schulungen
- Teil 4: BIM-Einführung: Schritt für Schritt einführen
- Teil 5: BIM-Schnittstelle IFC: Eintrittskarte in die BIM-Welt
- Teil 6: Informationsaustausch per BCF: Gelbe Zettel für BIM-Modelle
- Teil 7: Modellbasierte Projekträume: Kooperationsplattformen für BIM-Projekte
- Teil 8: BIM-Objekte: Digitale Zwillinge realer Bauteile
- Teil 9: BIM im Bestand: Wie kommen Bestandsgebäude ins BIM?
- Teil 10: BIM 2 Field: Auf die Baustelle – und zurück
- Teil 11: BIM: Praxiserfahrungen
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Der Autor
Dipl.-Ing. Marian Behaneck ist freier Journalist mit den Schwerpunkten Software, Hardware und IT im Baubereich.