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Frischluft in dichter Hülle

Warum eine energieeffiziente Raumbelüftung so wichtig ist
Frischluft in dichter Hülle

Durch die geforderte dichte Haushülle der EnEV, ist eine wirksame Belüftung von energetisch modernisierten Gebäuden unumgänglich. Wird aber nicht für genügend Frischluft gesorgt, können Bauschäden durch überhöhte Feuchtigkeit entstehen. Das belastet nicht nur das Haus, sondern auch den Bewohner. Was aber ist zu tun, damit ein Gebäude nachweislich einen gesenkten Energieverbrauch aufweist und andererseits unter komfortablen und gesunden Randbedingungen bewohnbar ist. Der Autor Dr. Ing. Volker Kek, erläutert im folgenden Beitrag die Grundlagen und Techniken der verschiedenen Lüftungssysteme.

Die meisten Beanstandungen des Raumklimas bzw. Schäden an der Bausubstanz sind auf die nahezu perfekte Abdichtung der energetisch sanierten bzw. optimierten Gebäudehülle zurückzuführen.

Natürlich ist dieser Zustand aus energetischer Sicht erwünscht und von der Energiesparverordnung EnEV sogar verlangt. In vielen Fällen kann jedoch nicht sichergestellt werden, dass die erforderlichen Luftwechsel, meist bei freier Fensterlüftung, in ausreichender Anzahl durchgeführt werden. Wer kann schon ruhigen Gewissens behaupten seine, Wohnung oder sein Haus 6–8 Mal am Tag im Abstand von 2 Stunden permanent zu lüften und das je nach Außentemperatur.
Dauerhaft schräg gestellte Fenster helfen im Sommer, dies verbraucht im Winter aber unnötig Energie. Zudem besteht die Gefahr, dass die starke Abkühlung in den Fensterlaibungen das Schimmelpilzwachstum begünstigt.
Aus praktischen Erwägungen, muss eine energetisch optimierte Gebäudehülle eine konstante, zuverlässige und möglichst nutzerunabhängige Belüftung vorweisen.
Warum müssen wir lüften?
Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass ein typischer Mensch in Mitteleuropa ca. 90 % seines Lebens in geschlossenen Räumen verbringt.
Dabei verbraucht er mit jedem Atemzug ca. 4 % Sauerstoff, die gleiche Menge stoßen wir als Kohlendioxid wieder aus. Insgesamt verbrauchen wir bei verhaltener Aktivität ca. 0,3–0,4 m³ Frischluft pro Stunde. Aus eigener Erfahrung wissen wir jedoch, dass aufgrund eines ungenügenden Luftwechsels in geschlossenen Räumen unser Wohlbefinden und schließlich unsere Leistungsfähigkeit rasch nachlässt. Ursächlich hierfür ist vor allem ein Anstieg der CO2-Konzentration in der Raumluft. Diese sollte auf keinen Fall 0,15 % übersteigen. Überhöhte Werte führen zu Unwohlsein, Konzentrationsschwierigkeiten und Kopfschmerzen.
Die erforderlichen Luftwechsel hängen wesentlich von der Personenzahl und deren Aktivitäten ab. Deshalb sind, abhängig vom Nutzungsgrad, ggf. unterschiedliche Luftwechsel nötig. Die Zunahme der Raumluftfeuchte ist eine weitere kritische Einflussgröße.
Bei hohen Werten kann es zu Schimmelpilzwachstum oder durch dauerhafte Feuchte- und Nässeeinwirkung (Tauwasser) zur direkten Schädigung bzw. Zerstörung von Bausubstanz kommen.
Eine weitere kritische Einflussgröße ist die oftmals nicht wahrgenommene Schadstoffbelastung der Luft infolge von Diffusionsvorgängen zwischen Inneneinrichtungen (Möbel, Wandanstriche, etc.) und Gegenständen des täglichen Gebrauchs (Plastikgeschirr, Spielzeug aus Kunststoff, Verpackungen, Putzmittel, usw.) und der Raumluft. Derartige Luftbelastungen in Innenräumen können zu Allergien und sonstigen Beschwerden führen, deren Ursachen meist nicht erkannt werden. Damit wir in einer „gesunden Wohnraumkultur“ leben können, müssen die Einflussgrößen in sicheren Grenzen gehalten werden.
Welche Systeme gibt es?
Die traditionelle Fensterlüftung ist, wenn sie konsequent praktiziert wird, unter den Lüftungsvarianten ohne Wärmerückgewinnung eine effektive Methode. Versuche haben gezeigt, dass mit einer einzigen Querlüftung in der kalten Jahreszeit auch mit geringer äußerer Luftbewegung ein vollständiger Luftwechsel in ca. 2–3 Minuten erreichbar ist. Leider kann die konsequente Umsetzung dieser Methode in der Praxis eher nicht erwartet werden. Hierbei sollen industrielle Systeme Abhilfe schaffen.
Konstruktionen, die ohne zusätzliche mechanische Energie arbeiten, sind z. B. so genannte Fensterfalzlüfter. Wegen fehlender mechanischer Antriebe kann man solche Systeme deshalb als „Passiv Systeme“ bezeichnen. Die Belüftungsvorgänge hängen von äußeren Parametern, wie Winddruck oder natürlichen Auftriebseffekten ab. Aufgrund ihres Funktionsprinzips nehmen sie dem Benutzer zwar das Lüften teilweise ab, nutzerunabhängig sind sie aber nicht.
Die Alternative sind Zwangsbelüftungssysteme mit oder ohne Wärmerückgewinnung. Diese Anlagen besitzen elektrisch angetriebene Ventilatoren, die die Luft auf Anforderung einer Stellgröße oder eines Regelkreises in und aus Räumen bzw. Wohngebäuden fördern. Anlagen können zentral und dezentral betrieben werden. Bei diesen Systemen ist besonders auf die Geräuschdämpfung zu achten, da dies in den Nachtstunden zu einem Problem werden kann.
Schachtlüftungsanlagen stellen eine weitere Möglichkeit dar, die über Auftriebseffekte zwischen Außen- und Innentemperaturen oder mit äußerem Winddruck (Stau/Sog) einen natürlichen Durchzug verursachen.
Eine Mischform aus Schachtlüftungssystem und Zwangsbelüftung stellt die so genannte Hybridlüftung dar. Mittels einer Differenzdruck-Auswertung tritt der im Abluftkanal positionierte Lüfter nur dann in Aktion, wenn die natürlichen Druckdifferenzen zwischen Innen- und Außenklima für eine zuverlässige Belüftung der Räume nicht ausreichen.
Von besonderem Interesse ist diese Methode in Verbindung mit Feuchte oder C02 gesteuerten Zuluftöffnungen und Bio-Brennstoff Wärmeerzeuger (z. B. Pellets). Die Primärenergieeffizienz kann dann die Wirksamkeit eines 80 bis 90 % Wärmerückgewinnungssystems um ein mehrfaches übersteigen. Insbesondere deshalb, weil die klassischen Wärmetauschersysteme (Kreuzstrom, Gegenstrom, etc.) ab ca. 2 °C Außentemperatur im Zustrom vorgewärmt werden müssen (Vereisungsgefahr). Aus Sicht des Nutzers sind gut dimensionierte Lüftungsanlagen mit hoher Wärmerückgewinnung (WRG) energetisch die effektivsten Systeme. Allerdings können zusätzliche Kosten (Aufwand der Anlagentechnik, Wartung) die Kosten-/Nutzenrelation reduzieren.
Passive Lüftungssysteme
Passive Lüftungssysteme sind Lüftungssysteme, die beispielsweise in Falzbereiche der Fenster, in Fensterbänke, in Fensterrahmen, in Wände direkt etc. eingebaut werden. Diese Systeme ermöglichen eine Raumbelüftung in Abhängigkeit von äußeren Druckdifferenzen. Da die Druckunterschiede sehr klein aber auch sehr groß sein können, ist der Luftwechsel mal größer mal kleiner.
Energetisch betrachtet liegt hier eine mittlere Effizienz vor, da Luftwechsel zwar einigermaßen gesteuert werden können. Eine bedarfsorientierte und kontinuierliche Frischluftzufuhr lässt sich damit aber prinzipbedingt nicht erreichen. Obwohl die lüftungsseitige Wirksamkeit solcher Systeme nicht ganz an kontrollierte Lüftungen heranreicht, können solche Konstruktionen einen wichtigen Anteil zum gesunden und schimmelpilzfreien Wohnraumklima beitragen, auch wenn die resultierende Energieeffizienz als mittelmäßig einzustufen ist.
Aktive Lüftungssysteme
Im Nichtwohngebäudebereich sind Lüftungssysteme auch in Verbindung mit Klimasystemen zahlreich anzutreffen. Dort sind Anforderungen gänzlich unterschiedlich, meist müssen die raumklimatische Randbedingungen Temperatur und Feuchte in engen Grenzen gehalten werden. Dies ist anlagentechnisch im Allgemeinen sehr aufwändig und energieintensiv.
Passivhauskonstruktionen sind ohne Wärmerückgewinnungsanlagen mit kontrollierter Lüftung nicht realisierbar. Diese Systeme schaffen einen zuverlässigen Ausgleich der CO2-Belastung und lassen unangenehme Geruchsstoffe keine Chance, andererseits wird ein unzulässiger Feuchteanstieg in Räumen sicher verhindert. Im Neubau werden Lüftungsanlagen meist als Zentralsystem mit WRG ausgeführt. Im Bestand sind dezentrale Systeme in der Regel einfacher zu realisieren.
Hybrid Lüftungssysteme
Diese Technik kombiniert die eigentlich passive Schachtlüftung mit einem bei Bedarf zuschaltbaren Abluftventilator. In Verbindung mit feuchtegeregelten Zuluftöffnungen lassen sich mit minimalem energetischen Aufwand die benötigten Luftwechsel nutzerunabhängig realisieren. Damit „Lüftungslöcher“ vermieden werden, muss zusätzlich ein Ventilator, die zu bestimmten Zeiten nicht vorhandene Druckdifferenz im Schachtsystem aufbauen. Ein wesentlicher Vorteil solcher Systeme besteht darin, dass diese nur dann arbeiten, wenn Lüftungsbedarf wirklich gefordert ist und wenn natürlich vorhandene Druckdifferenzen nicht ausreichen.
Fazit
Die im Wohngebäudebereich bisher praktizierte Fensterlüftung ist aus den beschriebenen Gründen in der Praxis bei sehr dichten Gebäudehüllen als nicht ausreichend anzusehen.
Wer aus energetischer Sicht moderate Ansprüche hat, ist mit passiven Systemen, z. B. Fensterfalzlüfter, justierbare Öffnungsschlitze etc. gut bedient. Diese Systeme lassen sich nachträglich einbauen und sind kostengünstig. Wartungskosten fallen praktisch nicht an. Allerdings ist die geforderte Belüftung von äußeren Randbedingungen abhängig und kann deshalb nicht als nutzerunabhängig angesehen werden.
Mechanische Lüftungssysteme mit oder ohne Wärmerückgewinnung sind ohne Zweifel die Favoriten in der Gebäudebelüftung. Hier sind sowohl zentrale als auch dezentrale Systeme verfügbar und weisen je nach Bauart unterschiedlich gute Wirkungsgrade auf. Im Neubau sind in der Regel Zentrallüftungssysteme mit WRG die meist bevorzugte Lösung. Zwischenzeitlich gibt es aber auch dezentrale Systeme mit Wärmerückgewinnungsgraden > 80 %. Diese können sowohl im Neubau wie auch im Bestand eingesetzt werden. Wesentlich ist jedoch, dass solche Systeme nutzerunabhängig Gebäude und Räume energieeffizient belüften können. Damit dies erreicht wird, muss in jedem Fall eine sorgfältige Planung in Abstimmung der restlichen Anlagentechnik durchgeführt werden.
Nutzerunabhängige Lüftungssysteme sind aber für energetisch optimierte Gebäude ein absolutes Muss. Nur so kann sichergestellt werden, dass Energieeffizienz gemeinsam mit Wohnkomfort und Wohnhygiene in Einklang gebracht wird. ■
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