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In den Startlöchern: Thermisch modifiziertes Holz für den Fensterbau

Potenzial wird noch zu wenig genutzt
In den Startlöchern: Thermisch modifiziertes Holz für den Fensterbau

Thermisch modifiziertes Holz ist aufgrund seiner typischen Eigenschaften für den Einsatz im Fensterbau prädestiniert. Die Kantelhersteller stehen mit ihren TMT-Produkten in den Startlöchern. Jetzt sind die Fensterhersteller gefragt, um das Material einem breiteren Markt zugänglich zu machen.

Autor: Kerstin Schweitzer
Bisher wenden sich nur wenige Fensterhersteller aktiv den Potenzialen des TMT (thermally modified timber) für den Fensterbau zu. Offenbar können sie die Qualität des auf dem Markt angebotenen TMT und die Eignung im Zusammenhang mit der Fensterkonstruktion auf Basis der bisher verfügbaren Informationen nicht ausreichend einschätzen. Dabei liegen mittlerweile zahlreiche Ergebnisse aus Forschungsprojekten, Verarbeitungsrichtlinien und auch entsprechende Normen und Gütesiegel vor, die sicherstellen, dass TMT-Fenster qualifiziert hergestellt werden können (siehe unten).

In den ersten Jahren richteten Thermoholzhersteller ihre Produktion nicht auf die Erfordernisse im Fensterbau aus. Inzwischen haben sich aber einige Unternehmen etabliert, die sich auf das Marktsegment TMT im Fenster- und Türenbereich spezialisiert haben. Für Türrahmen kommen dabei hauptsächlich die Holzarten Buche und Esche zum Einsatz, bei Fenster bilden die Holzarten Fichte und Kiefer den Schwerpunkt, aber auch Eiche, Tanne und Pappel werden genutzt. Die Vorteile von TMT liegen auf der Hand: Besondere Bedeutung haben dabei die reduzierte Ausgleichsfeuchte und das damit verbundene niedrige Niveau bei hygroskopisch bedingter Feuchteaufnahme und -abgabe. In der Folge weist TMT im Vergleich zum nativen Holz verminderte Quell- und Schwindwerte sowie eine erhöhte biologische Dauerhaftigkeit gegen holzzerstörende Pilze auf. Darüber hinaus ist es für den Fensterbau vorteilhaft, dass die Vergütung durchgehend über den gesamten Querschnitt erfolgt und Harze während des Modifizierungsprozesses ausgetrieben werden. Interessant ist auch die hohe Formstabilität bei schlanken Profilen. Zudem können heimische Holzarten genutzt werden.
Immer stärker kristallisiert sich des weiteren das Argument der besseren wärmeschutztechnischen Eigenschaften des TMT heraus. Die herabgesetzten Werte für die Rohdichte und die Ausgleichsfeuchte spiegeln sich in einer Verringerung der Wärmeleitfähigkeit wieder und bewirken niedrigere Uf-Werte.
Was die Oberflächenbeschichtung angeht, so kann auf den Zwischenschliff verzichtet werden, da es aufgrund der Sprödigkeit kaum zur Faserquetschung kommt. Auch hinsichtlich der Haltbarkeit sachgemäß aufgebrachter Oberflächenbeschichtungen wird von hervorragenden Ergebnissen ausgegangen. Auf der anderen Seite muss man akzeptieren, dass sich die ursprüngliche Hoffnung auf unbeschichtete TMT-Fenster oder „reduzierte Beschichtungsaufbauten“ nicht sinnvoll realisieren lässt. Dafür, dass der für TMT-typische Geruch für Endverbraucher ein Ausschlussargument sein könnte, gibt es keine Belege.
Als problematisch für den Fensterbau erweisen sich dagegen die durch die thermische Modifizierung veränderten mechanischen Eigenschaften. Insbesondere ist hier die Verringerung der Biegefestigkeit, der Bruchschlagarbeit und des Schraubenausziehwiderstandes zu nennen sowie eine im Vergleich zu nativem Holz erhöhte Sprödigkeit und Spaltgefahr. Damit steigt die Gefahr des Ausbrechens von Kanten bei Stoßbelastung oder das Wegbrechen von Profilierungen bzw. schmalen Wangen. Hinzu kommt das Thema der sogenannten „verdeckten Fehler“ in TMT-Kanteln, die erst nach der Profilierung erkannt werden können. Schließlich muss hier auch die hohe Empfindlichkeit der Oberfläche genannt werden, was eine besondere Sorgfalt im Fertigungsprozess und bei der Montage erforderlich macht. Es gäbe durchaus Lösungsansätze, um diese Probleme zu entschärfen. So sollte der Sortieraufwand zur Vermeidung verdeckter Fehler beim Kantelhersteller liegen. Auf der anderen Seite könnte der Fensterhersteller zusammen mit Werkzeugherstellern an der Entwicklung TMT-geeigneter Rahmenprofilierungen arbeiten, um der Bruchgefahr entgegenzuwirken. Derzeit sind solche Aktivitäten jedoch noch nicht erkennbar. Zudem stehen Langzeiterfahrungen, die Zusammenhänge zwischen spezifischen TMT-Eigenschaften (z. B. verbesserte Dauerhaftigkeit, verlängerte Wartungsintervalle) und der Fensterkonstruktion bestätigen, noch nicht zur Verfügung.

BM-Praxistipp: Was zu beachten ist
Ergebnisse von Forschungsprojekten zeigen, dass gebrauchstaugliche TMT-Fenster realisierbar sind. Im Fensterbau zu beachtende Besonderheiten in Bezug auf mechanisch-physikalische Eigenschaften von TMT sind weitestgehend bekannt. Dabei ist das Grundlagenwissen des Fensterbaus einschließlich der Prinzipien des konstruktiven Holzschutzes in gleichem Sinne wie bei nativen Holz anzuwenden. Be- und Verarbeitungsfragen wurden untersucht, entsprechende Erkenntnisses sind allgemein zugänglich. Speziell auf die Eignung bei TMT bezogene Produktempfehlungen gibt es zur Verklebung und Beschichtung sowie für Dichtungen und Beschläge bis hin zu Montageschrauben. Wenn durch den jeweiligen Modifizierungsprozess hervorgerufene chemische Veränderungen des Holzes ggf. spezielle Maßnahmen erforderlich machen, sind zusätzliche Verarbeitungshinweise von Herstellern verfügbar.
Die 2008 erschienene DIN CEN/TS 15679 bildet die Grundlage zur einheitlichen Deklaration von TMT. Zur Beurteilung können zudem in der Mehrzahl die im Fensterbau bestehenden Normen und Regeln zur Anwendung kommen. In Bezug auf die TMT-Fensterkanteln sind dies z. B. die Grundsätze des VFF Merkblattes HO.02 in Verbindung mit EN 942 und EN 14220. Mit dem VFF Merkblatt HO.06-4 wurde eine Struktur zur Qualitätssicherung für modifiziertes Holz im Fensterbau bereitgestellt (Produktbeschreibung, Prüfroutinen, Eigendeklarationen, Verarbeitungsempfehlungen), auf deren Basis nun auch TMT-Holzarten für die Anwendung im Fensterbau zugelassen werden können.
Zudem liegen entsprechende Gütesiegel vor (siehe BM 09/12. S. 92ff: Dauerhaft durch Hitze).

Die Autorin

Dipl.-Ing. Kerstin Schweitzer studierte Verfahrensingenieurwesen, Fachrichtung Holz- und Faserwerkstofftechnik, und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Holztechnologie. Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag, den sie während des 7. Europäischer TMT-Workshops in Dresden hielt.
www.ihd-dresden.de

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