Smarte Gebäudesteuerungen können tatsächlich auch Energiekosten senken. Einer Studie des Fraunhofer Instituts für Bauphysik zufolge lassen sich mit einer intelligenten Haustechnik im Idealfall jährlich bis zu 19 % der für Heizung und Trinkwarmwasser erforderlichen Energie einsparen. Andere Studien geben mit einer vernetzten Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlage Ersparnisse von bis zu 30 % an.
Weitere Emissions- und Energiespareffekte lassen sich auch mit einer flexiblen, am Nutzungsprofil der Bewohner orientierten Steuerung von Rollläden, Fensterlüftungen oder Wärmepumpen und der Stromnutzung aus Windkraft und Sonnenenergie erzielen. Die tatsächlich gesparten Kosten hängen von vielen Faktoren ab, wie der Bausubstanz, der Lage des Objekts, der Bewohneranzahl und dem Nutzungsprofil. Eine Rückmeldefunktion, etwa von digitalen Stromzählern (Smart Metern), kann das Energiesparen unterstützen. Diese zeigen den Energieverbrauch zeitnah an – und damit, wie sich verschiedene Geräteeinstellungen und Verhaltensmuster auf den Energieverbrauch und die Energiekosten auswirken.
Mehrverbrauch von Energie und Ressourcen
Die Vernetzung der Haus- und Gerätetechnik hat neben diesen Spareffekten allerdings auch eine Kehrseite – einen Mehrverbrauch von Energie und Ressourcen. Dieser entsteht laut einer im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) durch das Borderstep Institut durchgeführten Studie auf mehreren Ebenen: Erstens, bei der Herstellung der smarten Geräte und der darin enthaltenen Mikroelektronik sowie der benötigten Batterien. Zweitens, durch den Strommehrverbrauch aufgrund der ständigen Empfangsbereitschaft im laufenden Betrieb. Drittens, durch den für Internetdienste erforderlichen Strom cloud-basierender Geräte und viertens im Zusammenhang mit der Entsorgung und dem Recycling von Smart-Home-Produkten. Hinzu kommen weitere Nachteile: Smarte Geräte können schneller veralten als vergleichbare konventionelle Geräte – bedingt durch eventuell mangelnde Updatefähigkeiten, Viren- und Kompatibilitätsprobleme, kurze Innovations- zyklen oder Defekte an den smarten Bauteilen. Das verschlechtert die Energie- und Ökobilanz zusätzlich.
Strommehrverbrauch durch Standby-Modus
Ein Großteil des Strommehrverbrauchs smarter Geräte resultiert aus deren kontinuierlicher Ansprechbarkeit im Standby-Modus. Das liegt daran, dass viele Kommunikationsstandards nur begrenzt Energie sparen können. Entsprechende Bauteile nehmen ständig Leistung auf, unabhängig davon, ob sie kommunizieren oder sich in Bereitschaft befinden. Zwar arbeitet die Industrie an einer kontinuierlichen Minimierung des Standby-Verbrauchs, auch um die Vorgaben der Ökodesign-Richtlinie der EU zu erfüllen. So darf ab 2019 die Leistungsaufnahme neuer vernetzter Geräte 2 W nicht überschreiten. In der Summe bleibt der Standby-Verbrauch aber dennoch hoch – auch weil die Anzahl smarter Geräte stetig steigt. Viele Funktionen vernetzter Geräte basieren zudem auf Cloud-Diensten, wie etwa einer Fernsteuerung von unterwegs, die nur über energieintensive Rechenzentren realisierbar sind und damit weitere Verbräuche verursachen. Herstellerangaben zu den durch die Gerätevernetzung bedingten Stromverbräuchen gibt es praktisch nicht, allerdings lassen sie sich über den Standby-Stromverbrauch abschätzen. Da Alltagsprodukte zunehmend mit IoT-Schnittstellen ausgestattet werden, kann dies zu erheblichen Mehrverbräuchen von Energie und Ressourcen führen. Europaweit prognostiziert die Bund-Studie Mehrverbräuche von bis zu 70 TWh im Jahr, pro Gerät bis zu 26 kWh. Ein weiterer Entwicklungsschub wird durch die aktuellen Sprachassistenten wie Alexa von Amazon, Google Assistant oder Apple Siri und die damit verbundene einfachere und bequemere Bedienung der technischen Geräte erwartet.
Senkung des CO2-Ausstoßes
Auch die Studie des Ökoinstituts im Auftrag der Verbraucherzentrale NRW macht einen Strommehrverbrauch bei Smart Home aus, die bei einer sehr aufwendigen Ausstattung sich sogar auf bis zu 560 kWh pro Haushalt und Jahr summieren kann. Allerdings kann der Studie zufolge die Smart-Home-Technik den CO2-Ausstoß, den ein Haushalt durch seinen Energieverbrauch verursacht, auch verringern – und zwar durch Einsparungen beim Heizen. Im Beispielfall eines von zwei Personen bewohnten Einfamilienhauses mit einer Öl-Heizung ließen sich – trotz des erhöhten Stromverbrauchs – in der Summe rund 10 % CO2-Emissionen vermeiden. Kommen zusätzlich Komfortanwendungen wie smarte Lautsprecher, Saugroboter oder Sicherheitstechnik wie Kameras hinzu, steigt der Strombedarf. Dadurch vermindert sich der positive Effekt fürs Klima und der energiebezogene CO2-Ausstoß kann dann nur noch um 7 % verringert werden. Bemerkenswert war der Batterieverbrauch: In den verschiedenen Modellhaushalten der Studie kamen insgesamt zwischen 40 und 60 Batterien zum Einsatz, je nach technischer Ausstattung. Bemängelt wurde von den Autoren der Studie auch eine mangelnde Kennzeichnung des Stromverbrauchs einzelner Smart-Home-Geräte. Empfohlen wird daher, so wenig smarte Geräte wie nötig und so wenig unterschiedliche Systeme wie möglich einzusetzen, denn jedes System hat eine eigene Steuereinheit, was den Stromverbrauch zusätzlich erhöht.
Forschungsbedarf besteht der Studie zufolge in Bezug auf den Lebenszyklus von Smart-Home-Anwendungen, den langfristigen Ressourcenbedarf und die Entsorgung, durch die Vernetzung bedingte Umweltauswirkungen sowie eventuelle Rebound- Effekte, beispielsweise bedingt durch einen zusätzlichen Konsum aufgrund der Einsparungen.
Fazit: Chancen, aber auch Herausforderungen
Betrachtet man Smart Home aus energetischer Sicht, fällt die Bilanz durchwachsen aus. Das liegt auch daran, dass nur ein kleiner Teil der Smart-Home-Anwendungen auf die Energieeinsparung abzielt. Im Fokus der Anbieter stehen vor allem der Komfort und die Sicherheit. Smart Home braucht zwar weniger Heizenergie und generiert weniger CO2, kostet aber auch Strom, der ausschließlich zur Funktionserhaltung des Systems benötigt wird. Funkgesteuerte Systembauteile oder smarte Geräte im Standby-Modus bedienen sich aus der Steckdose oder brauchen Batterien. Letztere müssen regelmäßig gewechselt und recycelt werden. Das mindert nicht nur den Energiespareffekt und verschlechtert die Ökobilanz – es generiert auch Wartungsaufwand. Je nach Bauteil und Nutzungsprofil wird ein Austausch alle sechs Monate bis zehn Jahre fällig. Lediglich batterielose, nach dem Prinzip des „Energy Harvesting“ funktionierende Systeme sind praktisch wartungsfrei. Dabei werden kleinste Energiemengen aus der Umwelt, wie zum Beispiel Licht- oder Temperaturunterschiede, Luftströmungen, Vibrationen, Druck etc. „geerntet“. Bei der Entscheidung über das Für und Wider sollte man auch einfache Regelsysteme in Betracht ziehen. Häufig reicht auch schon ein Zeitschalter, ein Temperatur-, Regen- oder Windsensor. Sollen allerdings beispielsweise Bauelemente mit der Haustechnik miteinander interagieren, kommt man um ein Gebäudeautomationssystem nicht herum. Dann sollte man aber möglichst bewährte, einfach installierbare und bedienbare Systeme favorisieren, auf die Standby-Kosten achten und wichtige Grundregeln bei der Planung beachten (siehe Infokasten rechts und BM 10/19: Home Smart-Home).
Das sollten Sie beachten
Smart Home? Aber sicher!
Experten warnen immer wieder vor Sicherheitsrisiken, die von unzureichend verschlüsselten, veralteten Funkprotokollen ausgehen, die teilweise immer noch von Smart-Home-fähigen Geräten verwendet werden. Problematisch ist auch die in jedem smarten Bauteil integrierte Betriebssoftware (Firmware), die selten oder überhaupt nicht aktualisiert wird und dadurch anfällig für Schadsoftware und Hackerangriffe ist. Zudem lassen sich aufgrund teilweise unzureichender Sicherheitsstandards mechanische oder elektronische Manipulationen von smarten Türschließsystemen nicht ausschließen.
Worauf achten bei Planung und Einbau?
- Kabelgebundene Bussysteme bevorzugen, da sie störunempfindlich und wartungsfrei sind sowie eine bessere Ökobilanz haben.
- Funkbasierende Systeme nur im Ausnahmefall wählen, dann auf Reichweite, Störsicherheit und Wartung (Batterietausch) achten.
- So wenig smarte Geräte wie nötig und so wenig unterschiedliche Systeme wie möglich einsetzen, das spart Bauteile und Strom.
- Da Aktoren viel Energie benötigen, müssen unmittelbar an smarten Bauelementen stets Elektroanschlüsse vorhanden sein.
- Eine 24-V-Spannungsversorgung ermöglicht ein einfache Montage auch ohne Elektrofachkraft und minimiert Leitungsquerschnitte.
- Elektronische Bauteile stets so einbauen, dass sie vor Feuchtigkeit, extremer Temperatur oder mechanischer Belastung geschützt sind.
- Anlagensicherheit beachten: verschlüsselte Funkprotokolle, aktuelle Sicherheitsstandards, sichere Webzugänge und -übertragungen etc.
- Frühzeitig mit Architekt, Elektroplaner, Hersteller und anderen Handwerkern Leitungsführung, Übergabepunkte etc. abstimmen.
- Mit anderen Gewerken zusammenarbeiten, um Licht, Heizung, Kühlung und Lüftung in das Smart-Home-Konzept einzubinden.
Der Autor
Dipl.-Ing. Marian Behaneck ist freier Journalist mit den Schwerpunkten Software, Hardware und IT im Baubereich.