1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Wissen » Bauelemente »

Neue Fenster braucht das Land

EU-Gebäuderichtlinie in Planung, Teil 1
Neue Fenster braucht das Land

Manchmal kann man es kaum glauben, aber die Monopolykarte „Lasse alle deine Häuser renovieren“ scheint Realität zu werden. Hintergrund ist die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD), die als Grundlage auch für das Gebäudeenergiegesetz 2025 dienen soll. Der erste Beitrag fokussiert sich auf die Gebäudeenergie-Richtlinie. In einem zweiten Beitrag wird der Fragestellung nachgegangen, welche Fenster den künftigen Energieanforderungen entsprechen.

Ralf Spiekers

Die EU-Kommission strebt mit dem Entwurf zur EU-Gebäuderichtlinie ein emissionsfreies Gebäude an, also ein Gebäude mit einer sehr hohen Energieeffizienz, wie es im Anhang I der Richtlinie beschrieben wird. Die benötigte Energiemenge soll sehr gering sein und vollständig durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, so die Forderung. Nach einer Konsultation, die im März 2022 endete, werden sowohl ein nationaler Gebäuderenovierungsplan als auch Grenzwerte zur mindestens zu erreichenden Energieanforderung festgeschrieben.

Als langfristiger Gebäudesanierungsplan muss ein Fahrplan mit national festgelegten Zielen und messbaren Fortschrittsindikatoren im Hinblick auf das Klimaneutralitätsziel im Jahre 2050 vorgelegt werden. Der gestufte Fahrplan enthält nationale Ziele für 2030, 2040 und 2050 in Bezug auf die jährliche Energie-Renovierungsrate. Alle fünf Jahre erstellt jeder Mitgliedsstaat einen Entwurf seines Gebäuderenovierungsplans und legt diesen der Kommission vor, so die Regelung.

Energieausweise für Gebäude (A – G)

Zur Beurteilung soll bis 2024 ein Renovierungspass eingeführt werden. Die Kommission wird hierzu bis spätestens 2023 weitere Informationen vorlegen. Bis spätestens 31. Dezember 2025 muss der Energieausweis nach EU-Vorgaben erstellt sein. Dabei wird die Energieeffizienzklasse des Gebäudes auf einer geschlossenen Skala angezeigt, wobei nur die Buchstaben von A bis G verwendet werden dürfen.

Der Buchstabe A muss emissionsfreien Gebäuden im Sinne des Artikels 2 entsprechen und der Buchstabe G muss den 15 % der Gebäude mit der schlechtesten Leistung im nationalen Gebäudebestand zum Zeitpunkt der Einführung der Skala entsprechen. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit von Ausweisen über die Gesamtenergieeffizienz gewährleisten.

Neu ist, dass nun auch für bestehende Gebäude eine energetische Sanierung vorgesehen ist und hier Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz vorgegeben werden. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Mindestenergieeffizienz eingehalten wird, so die EU-Regelung. Die Vorgaben konzentrieren sich auf Bauelemente, die Teil der Gebäudehülle sind. Werden diese ersetzt oder nachgerüstet, müssen sie die Anforderungen an die allgemeinen Raumklimabedingungen berücksichtigen. Für Deutschland gilt dann „Ozeanic“, d. h. der Primärenergiebedarf in Anhang III der Verordnung ist für Wohngebäude mit 60 kW/a und für Bürogebäude mit 85 kW/a begrenzt.

Neubauten müssen ab Januar 2030 als emissionsfreies Gebäude geplant und ausgeführt sein. Öffentliche Gebäude müssen bis Januar 2027 emissionsfrei sein – siehe Tabelle. De facto müssen in Deutschland bis 2033 die Klassen F und G modernisiert sein, d. h. 1/3 des Bestandes mit fast 2/3 des gesamten Einsparpotenzials sind zu sanieren.

In einer ersten Bewertung ist festzustellen, dass das Konzept, immer die schlechtesten 15 % sanieren zu wollen, gleich von Anfang an die unangenehmen Fälle problematisiert. In Deutschland gibt es eine ganze Reihe historischer Gebäude, die ebenfalls unter diese Verbesserungsanforderung fallen. Damit dürfte in dem ersten Schwung der Anteil der Problembären hoch sein. Sofern diese von der Regelung ausgenommen werden, wird den schlechtesten Gebäuden zu Leibe gerückt. Allerdings dürfte spannend sein, wie die Sanierungspläne kontrolliert und abgearbeitet werden. Hier ist unter anderem ein fehlendes Gebäudekataster zu nennen.

Für die Branche muss man sich klarmachen, dass die Fenster nur ein kleiner Teil der Wandfläche sind. Es ist also davon auszugehen, dass wohl ein Sanierungsmix, bestehend aus Strom, Wasseraufbereitung und Heizungsoptimierung sowie der Gebäudedämmung, zu der letztlich auch die Fenster gehören, greifen wird. Mit der Erneuerung der Fenster wird voraussichtlich die Lüftung bzw. das damit verbundene Lüftungskonzept ein weiteres Thema der Sanierung werden. Es besteht auch die Hoffnung, dass die Sanierung in der richtigen Reihenfolge erfolgt, also erst dämmen und dann die Heizung nach den neuen Dämmstandards erneuern.

Hohe Renovierungsquoten erwartet

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass eine hohe Renovierungsquote auch gut für die Branche ist. Das dürfte aber nur bedingt der Fall sein, denn mindestens zwei kritische Punkte sind schnell erkennbar: Die hohe Renovierungsquote dürfte die betroffenen Gewerke, hier sind neben dem Fensterbau auch die Elektro- und Heizungsbranche sowie die Dämmwirtschaft zu sehen, deutlich überfordern. Es ist davon auszugehen, dass nicht genügend Handwerker zur Verfügung stehen. Damit ist die Machbarkeit limitiert. Auch sollte an die Aktivitäten aus Mitte der 90er-Jahre erinnert werden. Nach einer gesteigerten Produktion im Bereich der Wiedervereinigung gab es danach Überkapazitäten, verbunden mit einem starken Preiskampf. Das kostete auch einigen Unternehmen die Existenz.


Der Autor

Ralf Spiekers – Abteilungsleiter Technik, Normung und Arbeitssicherheit beim Verband Tischler Schreiner Deutschland.


EU-Gebäuderichtlinie

Was bedeutet …

Emissionsfreies Gebäude (zero-emission building)

Gebäude mit einer sehr hohen Gesamtenergieeffizienz gemäß Anhang I, in dem die sehr geringe noch benötigte Energiemenge vollständig gedeckt ist durch Energie aus erneuerbaren Quellen, die vor Ort erzeugt wird, von einer Erneuerbare-Energien-Gemeinschaft innerhalb der im Sinne der Richtlinie (EU) 2018/2001 (geänderte Rot) oder aus einem Fernwärme- und Fernkältesystem in gemäß den Anforderungen des Anhangs III.

Tiefensanierung (deep renovation)

Renovierung, die ein Gebäude oder eine Gebäudeeinheit

  • vor dem 1. Januar 2030 in ein Niedrigstenergiegebäude;
  • ab dem 1. Januar 2030 in ein emissionsfreies Gebäude umwandelt.

Inszenierte Tiefenrenovierung (staged deep renovation)

  • Bezeichnet eine Tiefenrenovierung, die in mehreren Schritten durchgeführt wird, wobei die Schritte in einem Renovierungspass gemäß Artikel 10 festgelegt sind.
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de