Warum geht hier so viel durcheinander? Bei Neu- und Umbauten im privaten Bereich empfiehlt die Polizei häufig den Einbau von geprüften einbruchhemmenden Fenstern oder Türen nach DIN EN 1627 mit mindestens der Widerstandsklasse 2 (RC2). Die Einbruchhemmung kann aber auch im Bestand noch deutlich verbessert werden.
Geprüfte Nachrüstung (DIN 18104)
Wichtig ist, dass die Nachrüstung mit nach DIN 18104 geprüften Beschlägen erfolgt. In den letzten Jahren haben sich viele Handwerksbetriebe für den Eintrag in die sogenannte Errichterlisten der Landeskriminalämter für die Nachrüstung von geprüften und einbruchhemmenden Beschlägen nach der DIN 18104 qualifiziert.
- DIN 18104-1:2000-09: Einbruchhemmende Nachrüstprodukte Teil 1: Aufschraubbare Nachrüstprodukte für Fenster und Türen; Anforderungen und Prüfverfahren.
- DIN 18104-2:2002-11: Einbruchhemmende Nachrüstprodukte Teil 2: Anforderungen und Prüfverfahren für im Falz eingelassene Nachrüstprodukte für Fenster und Türen.
Aber nicht nur die geprüften Beschläge, sondern auch die fachgerechte Montage sind entscheidend für die Verhinderung von Einbrüchen. Bei der Nachrüstung wird der Fokus auf die Verbesserung des Aufhebelschutzes gegenüber dem Angriff mit einfachem Handwerkszeug gelegt (Keile, großer Schraubendreher, Zange). Eine Verbesserung hinsichtlich der Verglasung, dem Glaseinbau, der Montage und der Befestigung in der Wand wird in der DIN 18104 zwar empfohlen, aber leider aus Kostengründen häufig nicht durchgeführt.
Geprüfte Einbruchhemmung (DIN EN 1627)
Die in der Norm beschriebenen Widerstands-klassen und Prüfverfahren decken das erwartete Vorgehen typischer Tätergruppen ab. Die Klassen 1, 2 und 3 beziehen sich auf das Niveau der Angriffsweisen, die üblicherweise von Gelegenheitstätern angewendet werden. Es wird davon ausgegangen, dass diese Angriffe durch sich bietende gute Gelegenheiten ausgelöst werden, ohne die Erwartung einer möglichst hohen Beute. Es kommt zu keiner übermäßigen Gewaltanwendung, die Werkzeuge sind eher übliche Hand- bzw. Hebelwerkzeuge, Lärm und unnötige Risiken werden möglichst vermieden.
Die europäische Normenreihe DIN EN 1627 ff legt die Anforderungen, die Klassifizierung und die Prüfung der einbruchhemmenden Eigenschaften fest:
- DIN EN 1627:2011-09: Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Anforderungen und Klassifizierung.
- DIN EN 1628:2011-09: Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit unter statischer Belastung.
- DIN EN 1629:2011-09: Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit unter dynamischer Belastung.
- DIN EN 1630:2011-09: Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Prüfverfahren für die Ermittlung der Widerstandsfähigkeit gegen manuelle Einbruchversuche.
Die Prüfung wird mit vorgegebenen Werkzeugsätzen innerhalb einer begrenzten Prüfzeit durchgeführt. Nach bestandener Prüfung werden die Türelemente, Fenster usw. einer Widerstandsklasse RC1 bis RC6 zugeordnet und klassifiziert. Es handelt sich also um ein geprüftes und aufeinander abgestimmtes System. Vom Rahmen über die Beschlagauswahl bis hin zur eingesetzten Verglasung und dem Einbau ist alles „aus einem Guss“.
Das bedeutet, dass sich z. B. die Klasse WK2 oder RC2 immer nur auf die erfolgreiche Prüfung eines kompletten Bauelements und niemals nur auf einen Beschlag oder sonstige einzelne Bauteile bzw. Baugruppen beziehen kann. Formulierungen im Angebot wie „WK2-ähnlich“, „in Anlehnung an RC2“ oder „mit RC2-Beschlag“ sind deshalb zu vermeiden, sofern kein gültiges Prüfzeugnis für ein geprüftes komplettes Bauelement vorliegt oder nur eine Nachrüstung durchgeführt werden soll.
Einbruchsicherheit oder Einbruchhemmung?
In einer seriösen Werbung, im Beratungsgespräch, in Angeboten oder Auftragsunterlagen sollte grundsätzlich von „Einbruchhemmung“ und nicht von „Einbruchsicherheit“ gesprochen werden. Denn Sicherheit gegenüber Einbrüchen im absoluten Sinne gibt es nicht und diese kann damit auch nicht vertraglich zugesichert werden. Der Ansatz der mechanischen Einbruchhemmung verfolgt die Strategie, den Einbrecher solange wie möglich durch konstruktive Maßnahmen (Beschlag, Verschraubung, Verglasung usw.) aufzuhalten, sodass das Entdeckungsrisiko für den typischen Gelegenheitstäter zu hoch wird. Denn in einer Studie des deutschen Forums für Kriminalprävention (DFK) wurde festgestellt, wenn Gelegenheitstäter nicht innerhalb von 2 bis 5 min in das Gebäude kommen, wird die Tatausführung abgebrochen.
Der Autor
Dipl.-Ing. (FH) Rainer Kemner, Technischer Berater beim Verband des Tischlerhandwerks Niedersachsen/Bremen in Hannover