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Scheinbar unscheinbares Detail

Warme-Kante-Abstandhalter bei Isolierglas
Scheinbar unscheinbares Detail

Angesichts immer besser dämmender Rahmen und Verglasungen, gewinnt die Wärmebrücke am Randverbund von Isolierglas wärmetechnisch an Bedeutung. Anspruchsvolle Lösungen sorgen für „Warme Kanten“ und können gleichzeitig die Optik im Scheibenzwischenraum und damit die architektonische Qualität des ganzen Fensters beeinflussen.

Autor: Markus Hoeft

I In Relation zum ganzen Gebäude, sind die Abstandhalter des Isolierglases kleine, ja fast schon winzige architektonisch-technische Elemente. Selbst allein mit dem Fenster als Maßstab, stellt der Randverbund an der Glaskante, gegenüber dem Rahmen und der Verglasung, nur einen geringen Flächenanteil dar. In der Sprache der Banker könnte man deshalb vielleicht versucht sein, Abstandhalter als „Peanuts“ abzutun, tatsächlich aber darf der wachsende Einfluss der relativ kleinen Bauteile auf Wärmeschutz und Optik der Fenster nicht unterschätzt werden.

Unter energetischen Gesichtspunkten waren Abstandhalter lange Zeit eher uninteressant, weil die Höhe der Wärmeverluste über das Fenster vor allem von der Qualität der Rahmen und Verglasungen bestimmt wurden. Einfache Aluminiumhohlprofile reichten unter diesen Bedingungen als Abstandhalter aus. Mit den thermischen Verbesserungen der Gläser und Rahmenprofile in den letzten Jahren, stieg jedoch die Bedeutung des Glasrandes für den Wärmeverlust des ganzen Fensters an, weil er sich in seiner hochge-dämmten Umgebung jetzt als nennenswerte, lineare Wärmebrücke bemerkbar machte – sowohl rechnerisch in der Energiebilanz, als auch ganz praktisch als winter-liches Tauwasser entlang der Glaskante. Die Wirkung dieser Wärmebrücke lässt sich durch „Abstandhalter mit wärmetechnisch verbesserter Leistungsfähigkeit“ reduzieren. Weil diese offizielle Bezeichnung sprachlich sehr sperrig ist, hat sich in Übersetzung der amerikanischen „warm edge“ hierzulande der Begriff „Warme Kante“ durchgesetzt.
Repräsentative Psi-Werte
Wärmetechnisch verbesserte Abstandhalter sind nach DIN EN ISO 10077 definiert durch S (d x λ) ≤ 0,007 W/K: Die Summe der Dicken aller Materialschichten, (in Hauptwärme-stromrichtung) multipliziert mit ihrer jeweiligen Wärmeleitfähigkeit, darf 0,007 W/K nicht überschreiten. Warme-Kante-Abstandhalter sind also kein leerer Marketing-Gag, sondern eine klar bestimmte und vergleichbare technische Kategorie.
Der Nachteil der einfachen Definition liegt für den Praktiker aber darin, dass der Wert S (d x λ) für die wärmetechnische Berechnung des gesamten Fensters gar nicht benötigt wird, denn er beschreibt nur den Abstandhalter, aber nicht die sonstigen Prozesse des Wärmeübergangs an der Schnittstelle zwischen Rahmen, Verglasung, Abstandhalter und Abdichtung. Diese Gesamtheit wird durch den linearen Wärmedurchgangskoeffizient c (Psi-Wert) des Randverbunds von Isolierglas repräsentiert, der natürlich von der energetischen Qualität des Abstandhalters mitbestimmt wird, aber beispielsweise auch von der Anzahl der Scheiben und dem Rahmenmaterial abhängt. Man kann dadurch einem konkreten Abstandhalter keinen allgemeingültigen Psi-Wert fest zuordnen und die Produkte damit auch nicht direkt vergleichen. Stattdessen muss die Angabe in Abhängigkeit vom Rahmen und der Verglasung für die jeweilige Einbausituation aus Tabellen in DIN EN ISO 10077 Teil 1 entnommen oder nach Teil 2 derselben Norm berechnet werden.
Um trotzdem eine Vergleichbarkeit verschiedener Abstandhalter zu erreichen, hat der Bundesverband Flachglas für verschiedene Systeme und Einbausituationen unter einheitlichen Bedingungen sogenannte repräsentative Psi-Werte ermitteln lassen und auf seiner Homepage veröffentlicht. Für die gängigen Fensterlösungen bieten sie die Möglichkeit des direkten Vergleichs der wärmetechnischen Leistungsfähigkeit verschiedener Abstandhaltersysteme. Gleichzeitig liefern sie nach Darstellung des Bundesverbands hinreichend genaue Ergebnisse zur vereinfachten Ermittlung des Uw-Werts für das ganze Fenster. Er wird wie gewohnt errechnet aus:
Uw = (Ug x Ag + Uf x Af + c x l)/Aw mit
  • Uw – Wärmedurchgangskoeffizient des Fensters
  • Ug – Wärmedurchgangskoeffizient der Verglasung
  • Ag – Fläche der Verglasung
  • Uf – Wärmedurchgangskoeffizient des Fensterrahmens
  • Af – Fläche des Fensterrahmens
  • c – Linearer Wärmedurchgangskoeffizient des Randverbunds
  • l – sichtbare Umfassungslänge der Glasscheibe
  • Aw – Fläche des Fensters
Vorteile der „Warmen Kante“
Wie die Formel zeigt, bewirken warme Kanten mit ihrem niedrigen Psi-Wert eine Verbesserung des Wärmeschutzes des ganzen Fensters, dessen Wärmedurchgangskoeffizient allein durch diese Optimierung um 0,1 bis 0,2 W/m2K kleiner ausfallen kann. Verringerte Energieverluste am Fenster senken den Heizwärmebedarf der Räume bzw. schaffen Freiräume für die Planung der energetischen Qualität anderer Bauteile. Mit der Reduzierung der Wärmebrücke am Randverbund des Isolierglases, sinkt außerdem die Gefahr des Tauwasserausfalls an der Verglasungskante, weil die Oberflächen weniger kalt werden. Dieses Tauwasser sowie eventuell sich in der Randzone ansiedelnde Schimmelpilze, lassen sich zwar relativ leicht abwischen und sind damit weniger problematisch als etwa Tauwasser und Schimmel auf gestrichenen oder tapezierten Wänden; Wie jedoch eine Vielzahl von Beiträgen in Internetforen aus den letzten, teilweise sehr kalten Wintern zeigen, sind Bewohner von der plötzlich sichtbaren Feuchtigkeit an der „kalten Kante“ erheblich irritiert und empfinden sie als Mangel.
Auch die Warme Kante vermag dieses Phänomen nicht völlig aus der Welt zu schaffen, lässt es jedoch nur noch in Perioden mit extremem Frost auftreten. Gleichzeitig steigt durch die Abmilderung der starken Temperaturunterschiede zwischen der Verglasungsmitte und dem Glasrand, die Behaglichkeit beim Aufenthalt in Fensternähe durch die Vermeidung unangenehmer Kältestrahlung.
Bauweisen und Optik
Neben der wärmetechnischen hat auch die architektonisch-optische Bedeutung von Abstandhaltern in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Zum einen durch die insgesamt gestiegenen ästhetischen Ansprüche, zum anderen aber auch durch die heute bevorzugten schmalen Profilbreiten der Rahmen, bei denen es zu geringeren Einstandstiefen der Verglasung kommt. Speziell bei Dreifach-Verglasungen ist zudem die Breite der sichtbaren Teile von Abstandhaltern gewachsen.
Die Sichtseite herkömmlicher Abstandhalter zeigt eine typisch silbrig-graue Aluminium-Oberfläche mit einer Perforation, die die Wirksamkeit des Trockenmittels im Hohlprofil sicherstellt. Warme-Kante-Abstandhalter gibt es in weitgehend ähnlicher Bauart aus Edelstahl, was eine etwas edlere Optik bewirkt, aber die Ansicht nicht grundsätzlich verändert. Dies geschieht erst mit Warme-Kante-Abstandhaltern aus Kunststoffen, die einen auffälligen, metallischen Glanz vermeiden. Stattdessen treten sie mit einer zumeist dunkeln Oberfläche optisch dezent zurück, können aber ihre Unauffälligkeit aber auch durch eine Einfärbung, z. B. im gleichen Ton wie die Rahmenprofile, erreichen.
Kunststoff-Abstandhalter weisen in der Regel noch einmal einen etwas besseren Wärmeschutz auf als Warme-Kante-Abstandhalter aus Edelstahl. Es gibt sie als klassische Hohlprofile, die erst im Moment des Einbaus mit dem Trockenmittel befüllt werden. Die Verarbeitung beim Fensterbauer entspricht dadurch weitgehend den auch von Aluminium oder Edelstahl gewohnten Schritten mit dem ohnehin vorhandenen Werkzeug. Materialien dieser Bauweise sind z. B. Polycarbonat, vor allem aber glasfaserverstärktes Polypropylen, etwa bei den Modellen Swisspacer, Thermix TX.N, TGI-Spacer oder GSS-Rigid. Die abgewandte, im Einbauzustand nicht sichtbare Seite dieser Abstandhalter weist zusätzlich Metallfolien, meist aus Edelstahl, für eine ausreichende Gas-Dichtheit auf.
Flexibilität und Isolierglasherstellung
Eine zweite Gruppe der Kunststoff-Abstandhalter bilden die Vollprofile, die es z. B. aus Silikonschaum (ACSplus, GSS-Flex, jeweils mit dichtender Folie) oder Polyisobutylen (Ködispace) gibt. Das Trockenmittel ist hier bereits ab Werk in den Abstandhalter eingearbeitet, sodass beim Fensterbauer ein kompletter Arbeitsgang entfällt.
Ein zweiter Unterschied ist die Flexibilität der Vollprofile, die besser auf den Pump-Effekt reagieren können: Durch Schwank-ungen der Windbelastung, des Luftdrucks sowie der Temperatur, wölben sich Isolierglasscheiben und erzeugen dabei Spann-ungen in der geklebten Dichtung des Randverbunds, die flexible Abstandhalter aufnehmen können. Wegen des größeren Gasvolumens im Scheibenzwischenraum, treten bei den aus Wärmeschutzgründen zunehmend eingesetzten Dreifach-Isoliergläsern stärkere Pumpbewegungen auf als bei Zweifach-Verglasungen. Gerade hier ist die Verhinderung von Spannungsrissen im Randverbund, die zu einem Dichtungsversagen führen können, darum besonders wichtig. Flexible Abstandhalter vereinfachen zudem die Herstellung sauberer Ecken ohne sichtbare Quetschspuren sowie die Anfertigung von Sonderformen außerhalb der strengen Rechtwinkligkeit.
Ein weiteres optisches Kriterium ist, unabhängig vom Material, die genaue Positionierung der Abstandhalter, die in maschineller Verarbeitung oft präziser gelingt als per Hand. Generell dürfen die Abstandhalter nicht durchhängen, was speziell für flexible Materialien zu beachten ist, aber bei großen Fensterformaten selbst mit starren Systemen passieren kann.
Bei Dreifach-Verglasungen müssen die beiden Abstandhalter jeder Seite außerdem unbedingt parallel liegen, weil das menschliche Auge hier auch geringe Abweichungen wahrnimmt und als ästhetischen Mangel bewertet.
Die Oberflächenansicht und die genaue Positionierung der Abstandhalter mögen als untergeordnete Eigenschaften, eines an sich schon kleinen Bauteils, erscheinen. Gerade bei den heute vielfach verwendeten großflächigen und repräsentativen Verglasungen mit betont schmalen Rahmenprofilen und wenig Glaseinstand, beeinflussen diese „Peanuts“ in ihrer Summe jedoch ganz wesentlich den architektonischen Erfolg, den der Planer bei der Fenstergestaltung erreichen kann. I

Anbieter von Abstandshaltern
ACSplus – Glas Trösch Beratungs-GmbH 89079 Ulm
GSS-Rigid/-Flex – GSS German Spacer Solutions GmbH
45470 Mülheim an der Ruhr
Ködispace – Kömmerling Chemische Fabrik GmbH
66954 Pirmasens
Swisspacer – Vetrotech Saint-Gobain AG Zweigniederlassung Kreuzlingen
8280 Kreuzlingen
TGI-Spacer – Technoform Glass Insulation 34253 Lohfelden
Thermix TX.N – Ensinger GmbH
Niederlassung Ravensburg
88214 Ravensburg.
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