Im Jahr 2003 tauchten in Österreich und der Schweiz erstmals gelbe Flecken auf weißen Kunststofffenstern auf. Untersuchungen durch unabhängige Institute ergaben eine Veränderung der Oberfläche durch eine chemische Reaktion, welche auf Ablagerungen von Metallstäuben zurückzuführen war. Nach und nach breitete sich dieses Phänomen, von Süden kommend, auch über Deutschland aus. Waren zunächst Metallstäube im Focus der Forscher, so ergab sich relativ bald, dass die Verwendung von falschen, sprich lösemittelhaltigen Reinigern, die Hauptursache für die Zerstörung der obersten Schicht an der Rahmenoberfläche war.
Saure oder ammoniakhaltige Inhaltsstoffe waren verantwortlich für die zunächst unsichtbare Zerstörung der PVC-Oberfläche. Zusammen mit starkem UV-Licht führt dies zu einer Entnetzung der PVC-Matrix, was letztlich zu einer gelben Oberfläche führen kann. Was damals kaum beachtet wurde, ist die Tatsache, dass mit der Zerstörung der PVC-Matrix auch die Thermostabilität verloren gehen kann.
Sonnenbrand auf PVC-Oberflächen
Seit Sommer 2018 ist in Deutschland ein neues Phänomen zu beobachten, das derzeit noch sehr zaghaft in Erscheinung tritt und mit der Klimaerwärmung bzw. Globalstrahlung zusammen hängt.
Laut den Aussagen des Deutschen Wetterdienstes lagen im Juli 2018 und 2019 die Globalstrahlungswerte für Deutschland bei einem Wert von 235 W/m²xh. (Zum Vergleich, der deutsche Durchschnittswert lag in der Vergangenheit bei ca. 135 W/m²xh.) In den Jahren 2018 und 2019 erreichte die Globalstrahlung über Deutschland im Juli in etwa den Durchschnittswert von Spanien (ca. 230 W/m²xh). Zusammen mit extrem hohen Temperaturen von zeitweilig über 40 °C führt dies bei Profilen mit einer beschädigten Thermostabilität zu einer farblichen Veränderung in der obersten Schicht der PVC-Profile. Die Fensterrahmen bekommen somit einen „Sonnenbrand“.
Rotschwarze Verbrennungen auf weißem PVC
Fensterprofile mit einer Gelbverfärbung als Vorschädigung können durch diesen thermischen Schock noch zusätzlich Verbrennungen erhalten. Bei hohen Globalstrahlungen im Sommer, in Kombination mit Spiegelungen bei 90°-Gebäudeecken bzw. Reflexionen durch aluminiumfarbene Fensterbänke, bei gleichzeitig sehr hohen Außentemperaturen, entstehen in der obersten Schicht der Profiloberfläche rotbraune Verbrennungen. Diese Verbrennungen gehören quasi zur „Familie“ der Gelbverfärbung, weil sie zur Entstehung eine vorgeschädigte Oberfläche benötigen. Sie können daher in der Sanierung gleich behandelt werden. Da im Norden Deutschlands die Globalstrahlung (noch) nicht diese hohen Werte wie in Süddeutschland erreicht, bleibt dieses Schadensbild (derzeit) eine Erscheinung, die auf den Breitengrad südlich von Frankfurt begrenzt ist.
Reinigen der Oberflächen
Da dieses Problem durch den Missbrauch/der Überdosierung von Haushaltsreinigern oder durch den Einsatz von lösemittelhaltigen Reinigern aus der Fensterproduktion entsteht, versteht sich von selbst, dass sich die gelben Flecken nicht mit Haushaltsreinigern entfernen lassen. Auch die Verbrennungen lassen sich nicht mit Reinigern beseitigen.
Hier muss der Profi ran. Nur durch Abschleifen der Oberfläche, beziehungsweise durch ein abrassives Säubern der Profile können die betroffenen Fenster gereinigt werden. Im Anschluss erfolgt die Versiegelung der behandelten Oberfläche. Derartige Versiegelungen können entweder beim Profilsystemgeber oder beim Fensterhersteller erworben werden. Danach sind die Profile wieder so sauber, „dass man sich drin spiegeln kann“ um einen alten Werbeslogan zu benutzen. Freilich darf eine deutliche Ermahnung der Bauherren nicht fehlen, die Fenster nicht wieder mit dem verwendeten Haushaltsmittel zu putzen, sonst beginnt die Problematik von vorn. Als Prävention sollte bereits bei der Angebotsabgabe der Hinweis erfolgen, dass die Reinigung der PVC-Oberflächen nur mit einem Mittel erfolgen darf, welches frei von Geschmacksstoffen, Terpenen, Ammoniak oder Benzylalkohol ist beziehungsweise am besten mit einem Reiniger durchgeführt wird, welcher der Fensterlieferant zur Verfügung stellt. In der Fensterproduktion dürfen lösemittelhaltige Reiniger selbstredend ebenfalls nicht eingesetzt werden.
Foto: Jürgen Sieber
BM fragte bei Jürgen Sieber nach
Entnetzung der PVC-Matrix
BM-Redakteur Stefan Kirchner wollte es noch genauer wissen und fragte bei Jürgen Sieber nach: „Können Gelbverfärbungen und rotschwarze Verbrennungen durch eine andere PVC-Rezeptur bzw. durch eine Heißländermischung vermieden werden?“ Die Antwort: „Nein, ursächlich für die Gelbverfärbung sowie für die „Verbrennungen“ der PVC-Oberflächen sind nach dem derzeitigen Kenntnisstand die Beschädigungen der Rahmenoberflächen durch lösungsmittelhaltige Reiniger. Dadurch wird die PVC-Matrix „entnetzt“, was die Fensteroberfläche empfindlich für Hitze und UV-Licht macht. Lösungsmittel findet man in vielen Haushaltsreinigern häufig als Geschmacksstoffe getarnt“, erklärt Jürgen Sieber.
Der Autor
Glasermeister Jürgen Sieber ist Landesinnungsmeister des Fachverband Glas, Fenster, Fassade, Baden-Württemberg; freier Dozent an der Meisterschule für Glas-, Fenster- und Fassadentechnik in Karlsruhe sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger.