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Unerwünschte Biegungen

Ursachen und Gegenmaßnahmen bei schadhaften dunklen Kunststofffenstern
Unerwünschte Biegungen

Vermehrt werden Schadensfälle an dunklen Kunststofffenstern festgestellt. Häufig zeigt sich an anthrazitfarbenen Fenstern eine Durchbiegung der Profile in Richtung der Raumseite. Der Auslöser ist ein durch Hitze bzw. Sonne ausgelöster Profilschrumpf. Um dem entgegenzuwirken, müssen einige Fertigungs- und Montagevorgaben beachtet werden. Jürgen Sieber

I Im Oktober 2016 berichtete der BM schon unter dem Titel „Krumme Dinger“ ausführlich über diese brisante Thematik. Dabei wurde genau erläutert, wie der physikalische Prozess der Moleküle in dunklen Kunststofffensterprofilen abläuft, die eine Durchbiegung beziehungsweise einen Profilschrumpf hervorrufen. Die Ursache für die Durchbiegung und deren Stärke liegt neben Extrusionsspannungen zum größten Teil in Fehlern, die sowohl in der Fertigung der Fenster als auch in der Montage der Elemente liegen.

Gutachterlich stellt sich immer die Frage: „Woran liegt es, dass sich Fenster auf der einen Baustelle konkav verziehen, während die Fenster auf der anderen Baustelle lotrecht stehen bleiben, obwohl es sich um dieselben Fenstersysteme handelt oder teilweise sogar um denselben Fensterhersteller?“
Gutachten in diesem Bereich sind sehr aufwendig. Ohne Ausglasen der Scheiben und ein Zerlegen der Fenster kann in aller Regel keine gutachterliche Bewertung vorgenommen werden.
Beim gerichtlichen Ortstermin werden also zuerst die Basics der Fertigung überprüft. Bei dunklen Profilen sehen die Systemgeber andere Verarbeitungsbedingungen vor als bei weißen Profilen, daher werden folgende Punkte geprüft:
  • Wurden die Größenbegrenzungen des Systemgebers eingehalten?
  • Stimmt die Stärke und Form der Armierungen mit den Vorgaben für dunkle PVC-Profile überein?
  • Entspricht die Länge der Armierung den Vorgaben des Systemgebers?
  • Und, wurden die Armierungen so verschraubt, wie es die Handbücher für die Kunststoff-Fensterherstellung vorsehen?
Bei zu kurzen Armierungen verdreht sich das Profil im Eckbereich, sowohl horizontal als auch vertikal. Ein Wegdrehen der Ecken hat zur Folge, dass sich zwischen Anputzleiste und Fensterrahmen ein Spalt öffnet. Häufig zeigt sich hier eine Undichtigkeit.
Montagevorgaben für dunkle Profile
Nicht immer ist die Fensterfertigung schuld, wenn sich das Fenster durchbiegt. Auch die technischen, vorgeschriebenen Montagevorgaben sollten eingehalten werden:
  • Stimmen die verwendeten Befestigungsmittel mit der Windlast und der Druckfestigkeit des Mauerwerks überein?
  • Stimmt der Abstand der Befestigungsmittel?
  • Wurden evtl. verwendete, dunkle Verbreiterungen mit einer Armierung verstärkt oder wurden diese (wie häufig beobachtet) ohne Stahlverstärkung an die Rahmen montiert?
  • Wurden im Boden- und Deckenbereich die Verbreiterungen mit Montagewinkeln versehen?
Gerade der letzte Punkt, die Verwendung von Montagewinkeln, wird in den Handbüchern der PVC-Systemgeber, sowie in den Technischen Richtlinien, Nr. 20 (Montage von Fenstern- und Fenstertüren) seit vielen Jahren gefordert, ohne dass es im Alltag bei der Montage beachtet wird. Der Einsatz von solchen Winkeln, speziell bei hohen Profilaufbauten im unteren Bereich, verhindert eine Profildurchbiegung bzw. begrenzt diese auf ein Minimum.
Bei hohen Bodenaufbauten mit großen Verbreiterungen im Sockelbereich wird oft der Fehler gemacht, dass die Aufdoppelungen keine Stahlarmierungen besitzen. Diese Stahlarmierungen sind bei dunklen Kunststofffenstern bei allen deutschen PVC-Systemgebern obligatorisch.
Im Merkblatt „Besondere Empfehlung für die Planung und den Einsatz von farbigen Kunststoffprofilen für Fenster und Haustüren“, herausgegeben von der Gütegemeinschaft für Kunststoff-Fensterprofile e. V. steht ein wichtiger Abschnitt: „Bei kritischen Einbaulagen von Fenstern und Türen ist eine rechtzeitige Rücksprache mit dem Systemgeber erforderlich. Der Einsatz von Profilen mit farbigen Oberflächen in solchen Einbausituationen bedarf einer gesonderten Planung. Es sind die Anschlussbereiche so zu wählen, dass keine zusätzlichen Wärmeeinträge in die Konstruktion erfolgen.“ Dies heißt, dass der Einsatz von dunklen Kunststofffenstern im Bereich von stark sonnenerwärmten Gebäudeteilen, wie der Südseite, Penthouswohnungen, Fenster oberhalb von Solaranlagen, etc. speziell geplant und durchdacht werden müssen und die Rücksprache mit dem Systemgeber nötig ist. Häufig sind diese Fenster mit Sonderarmierungen zu versehen.
Welcher Verzug ist bei PVC-Fenstern zulässig?
Für den Verzug von PVC-Fenster liegen keine Normen vor. Festzustellen ist aber, das RAL-B-Profile gefährdeter sind als RAL-A-Profile, das liegt an den dünneren Wandungen. Gutachterlicherseits orientiert man sich an den Klimaklassen bei Holzhaustüen, die einen Verzug von 4,0 mm auf die Haustürlänge erlauben, bei Festverglasungen darf der Verzug auch mal etwas größer sein, jedoch immer mit der Einschränkung dass Luft- und Schlagregendichtigkeit und Schließkraft erfüllt bleiben. Arbeitet man im Dach- und Terrassenbereich mit einer Flüssigabdichtung, gelten die maximalen Ausdehnungswerte für Flüssigabdichtungen, die in aller Regel auf 3 mm begrenzt sind.
Das sollte bei der Fertigung beachtet werden
Dunkle Kunststofffenster herzustellen, die sich auch bei erhöhter Wärmeeinstrahlung nicht verziehen, ist möglich. Bei der Fertigung dieser Fenster müssen u. a. jedoch folgende Dinge beachtet werden:
  • Der Armierungsstahl muss entsprechend dick und auf das Längenmaß des PVC-Profils angepasst sein. Rasterlängen sind hier nicht geeignet. Vielmehr muss die Armierungslänge individuell angepasst werden
  • Neben den Größenbegrenzungen für dunkle PVC-Profile muss – im Zuge der vermehrt eingesetzten Dreifach-Verglasungen auch das Glasgewicht überprüft werden.
  • Gegebenenfalls muss das Isolierglas auch mal eingeklebt werden, um den unteren Querfries zu entlasten.
  • Die Armierung muss eng mit dem PVC verschraubt werden.
  • Die Größenbegrenzungen der Systemgeber haben einen Sinn. Diese einzuhalten – auch wenn man einen Architektenwunsch nicht erfüllen kann, sind unabdingbar.
  • Die Befestigungsmittel müssen der Windlast und dem Festigkeitswert des Steines angepasst werden.
  • Montagewinkel für die Befestigung der Verbreiterungen sind seit vielen Jahren in den Regelwerken vorgeschrieben. Diese verhindern – speziell im unteren Bereich – eine Durchbiegung des Elements.
  • Verbreiterungen sind mit Stahlarmierungen zu versehen.
  • Ist dennoch ein leichter Verzug aufgetreten, der zu Undichtigkeiten führt, kann dieser durch Einsatz von Glasfalzarmierungen und größeren Dichtungen u. U. behoben werden.
Fenster die nach diesen Regeln produziert werden, sind qualitativ hochwertig und nicht für einen billigen Preis zu bekommen, dies sollten Sie ihren Kunden vermitteln. I

Der Autor

Jürgen Sieber ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Glaserhandwerk, Betriebswirt d. H. und freier Dozent an der Fensterakademie Karlsruhe.
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