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Wenn der gleiche Farbton nicht derselbe ist

Farbwahrnehmung: Komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren
Wenn der gleiche Farbton nicht derselbe ist

Trotz definierter Farbtonzuordnung kommt es bei behandelten Holzoberflächen immer wieder zu deutlichen Farbabweichungen, die zu erheblichen Problemen mit den Kunden führen. Um dem entgegenzuwirken, lohnt es, sich mit dem Zusammenhang zwischen Licht, Werkstück, Betrachter und Farbton auseinanderzusetzen. Mobile Farbmessgeräte können hierbei im Alltag wertvolle Hilfe leisten.

Tagtäglich geht es im Schreiner-/Tischlerhandwerk darum, für einen Gesamtauftrag farbidentische Bauteile herzustellen oder im Zuge von Reparaturen bzw. Erweiterungen Farbtöne an bestehende Vorlagen anzugleichen. Nicht selten treten trotz der Verwendung identischer Farbnummern der eingesetzten Lacke (z. B. RAL Farbnummernsystem) deutlich wahrnehmbare Farbunterschiede auf.

Werden Ausbesserungsarbeiten oder Erweiterungen an bestehenden farbigen Möbel- oder Holzoberflächen durchgeführt, ist meist noch nicht einmal der Farbton einer vorhandenen Oberfläche bekannt, die zudem je nach Alter und Lichtexposition bereits einer Farbalterung unterliegt. Farbabweichungen bei lackierten Oberflächen können einen erheblichen Mangel darstellen, der zu Reklamationen führen kann.
Farben eindeutig messbar und beschreibbar machen
Das Problem der exakten Farbtonzuordnung wurde vom Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. (RAL-Institut, ehemals „Reichsausschuss für Lieferbedingungen“) bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erkannt, was dazu führte, dass erstmalig 1927 eine Farbtabelle (RAL Classic) erstellt wurde, in der jedem in der Farbpalette enthaltenem Farbton eine Nummer zugewiesen wurde. Weitere Farbtabellensysteme sind das NCS-, Munsell-, Pantone- oder HKS-Farbsystem.
Ein wesentlicher Nachteil von Farbfächern ist die fehlende Beschreibung von Farbe anhand messbarer Größen, wodurch sich die Farbe eines Objektes anhand von Zahlenwerten eindeutig bestimmen ließe. Dieser Mangel führte zu der Entwicklung dreidimensionaler Farbräume, in dem alle durch den Menschen wahrnehmbaren Farben enthalten sind. Innerhalb dieses Farbraumes ist der „Ort“ einer Farbe durch die Größen Farbton, Helligkeit und Sättigung eindeutig und messbar bestimmt.
Auf dieser Grundlage wurden verschiedene dreidimensionale Farbräume (z. B. CIE L*a*b, RGB, XYZ, CMYK) definiert, wobei der von der Commission International d´Eclairage entwickelte Farbraum CIE L*a*b den Vorteil hat, dass in ihm der Abstand zwischen 2 Farben empfindungsgemäß dem Farbabstand in der menschlichen Wahrnehmung entspricht und die Farben unabhängig von ihrer Erzeugung und Wiedergabe definiert sind.
Der CIE L*a*b Farbraum, der auch in die Normung Eingang gefunden hat (DIN 6174), beruht auf der Gegenfarbentheorie, wobei die 1. Achse den Gelb-Blau-Anteil (a- Wert), die 2. Achse den Grün-Rot-Anteil (b-Wert) und die 3. Achse den Helligkeitswert/Schwarz-Weiß-Anteil (L-Wert) wiedergibt. Durch die Entwicklung eines entsprechenden Farbraumes wird es nun möglich, Farben eindeutig mit Zahlenwerten zu beschreiben, messtechnisch zu erfassen (Farbmetrik) und eindeutig zu kommunizieren.
Farbwahrnehmung von vielen Faktoren abhängig
Trotz eindeutig definierter Farborte, die z. B. auf der Grundlage einer Kundenvorlage farbmetrisch (Messung von Farbton, Helligkeit und Sättigung) erfasst wurden, treten in der Praxis erhebliche Unterschiede in der Farbwahrnehmung auf. Hintergrund: Der Farbort ist für definierte Licht- und Beobachtungsbedingungen definiert. Die Farbwahrnehmung resultiert immer aus dem Zusammenspiel von Licht, dem Objekt und der Betrachtungssituation. Für den Schreinerei-/Tischlereibetrieb ist hierbei von zentraler Bedeutung, ob eine unterschiedliche Farbwahrnehmung durch Einflüsse hervorgerufen wird, die er beeinflussen kann oder nicht. Die entsprechend grundlegenden Zusammenhänge zwischen Licht, gefertigtem Werkstück (=Objekt) und Betrachter/in sollten deshalb insbesondere bei sehr anspruchsvollen Oberflächenbehandlungen unbedingt ins Kundengespräch mit einfließen.
Besonders die Lichtquelle und die Position der Lichtquelle zum Objekt haben einen erheblichen Einfluss auf die Farbwahrnehmung. Das auf der Oberfläche reflektierte Licht trifft als „Glanzlicht“ auf das Auge und entscheidet darüber, ob eine Oberfläche als matt oder glänzend wahrgenommen wird.
Was Sie als Verarbeiter beachten sollten
Farben werden bei Lichtquellen unterschiedlicher Spektralzusammensetzung unterschiedlich wahrgenommen. Deshalb wird z. B. die Farbe einer lackierten Holzoberfläche eines Einbaumöbels während der Herstellung in der Werkstatt, in der mit Kunstlicht gearbeitet wird, anders wahrgenommen, als nach dem Einbau beim Kunden unter Tageslichtbedingungen. Es ist deshalb sinnvoll, sich – wenn möglich – mit den Lichtbedingungen am Einbauort vertraut zu machen und evtl. Farbmuster mit dem Kunden unter diesen Lichtbedingungen zu besprechen.
Den größten Einfluss auf die Farbwahrnehmung eines Bauteils hat der Schreiner/Tischler durch die kontrollierte Auswahl bzw. Herstellung der Trägermaterialien, durch die Auswahl der Lacksysteme sowie durch den Verfahrensablauf bei der Oberflächenbehandlung. Das Trägermaterial (Vollholz, MDF-, Spanplatte) beeinflusst die Farbwahrnehmung durch eine unterschiedliche Lichtabsorption unterschiedlicher Materialien.
Wichtiger noch ist die Oberflächenrauigkeit des Trägermaterials. An rauen Oberflächen wird das auftreffende Licht diffus gestreut und es trifft nur ein geringer „Glanzlicht“-Anteil auf das Auge des Betrachters. An einer idealen glatten Oberfläche („idealer Spiegel“) wird das Licht hingegen gerichtet reflektiert und das Glanzlicht trifft bei entsprechender räumlicher Anordnung von Lichtquelle, Farboberfläche und Betrachter zu 100 % auf das Auge des Betrachters, was einem Glanzgrad der Oberfläche von 100 entspricht.
Für die Praxis bedeutet dies, dass unterschiedlich gehobelte oder geschliffene Trägermaterialien nach dem Lackieren bei gleicher Oberflächenbehandlung verschiedene Farbwahrnehmungen erzeugen. Selbst identische Plattenwerkstoffe (z. B. MDF-Platten) verschiedener Hersteller weisen eine unterschiedliche Oberflächenstruktur auf, die sich negativ auf die Farbwahrnehmung nach der Oberflächenbehandlung auswirken kann. Es ist deshalb wichtig, zusammenhängende Aufträge aus identischen Trägermaterialien, die gleich vorbearbeitet wurden, herzustellen. In ähnlicher Weise wie Unterschiede in der Oberflächenstruktur des Trägermaterials, wirken sich Unterschiede im Auftragsverfahren (trocken-nass/nass-nass Lackierung) und veränderte Einstellungen der Spritzanlage auf die Farbwahrnehmung aus. Besonders kritisch kann sich ein Wechsel des Produktes auf die Wahrnehmung einer Farbe auswirken. Zwei Lacke mit einem nach Herstellerangaben identischen Farbton und mit einem identischen Glanzgrad können sich dennoch unter bestimmten Bedingungen in der Farbwahrnehmung deutlich voneinander unterscheiden. Hintergrund ist, dass die beiden Farblacke auf der Grundlage einer unterschiedlichen Mischung von Einzelkomponenten hergestellt wurden (z. B. wasserlösliche/lösemittelhaltige Lacke, Zweikomponentenlacke, Kunstharzlacke, Polyurethanlacke, Pulverbeschichtungssysteme).
Der angegebene identische Farbton basiert auf der Ermittlung des Farbortes unter standardisierten Messbedingungen, insbesondere unter definierten Lichtbedingungen. In Abhängigkeit von der Wellenlänge des verwendeten Lichtes kann aber die Lichtabsorption und damit der Farbort zweier Lacke identisch sein oder nicht. Dies bedeutet, dass in der Praxis zwei Lacke unter bestimmten Lichtbedingungen als farbidentisch wahrgenommen werden, unter anderen Lichtbedingungen hingegen als nicht farbidentisch. Dieser Effekt wird in der Farbenlehre als „Metamerie“ bezeichnet und kann in der Praxis am besten durch den durchgängigen Einsatz ein- und desselben Lacksystems vermieden werden.
Qualitätskontrolle durch Farbmesssysteme
Für die metrische Erfassung von Farben stehen auch mobile Handmessgeräte zur Verfügung, die beim Kunden oder während der Produktion eingesetzt werden können. Da metrische Farbwerte nur unter definierten Licht- und Betrachtungsbedingungen angegeben werden können, unterscheiden sie sich insbesondere hinsichtlich der verfügbaren Lichtquellen sowie der Messgeometrie.
Mehr über Farbmesssysteme und deren Möglichkeiten erfahren Sie in der Langversion dieses Beitrags, der BM-Abonnenten zum kostenlosen Download auf bm-online zur Verfügung steht. ■
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