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Das Stiefmütterchen unter den Werthölzern

Die Robinie – eine bisher zu wenig beachtete Holzart
Das Stiefmütterchen unter den Werthölzern

Die Robinie wird holzwirtschaftlich bisher nur wenig genutzt. Generell stellt Robinienholz aber eine sehr attraktive heimische Alternative dar, wenn hohe Anforderungen an die Dauerhaftigkeit und die mechanische Belastbarkeit des Holzes gestellt werden. Dass diese Holzart bisher so stiefmütterlich behandelt wird, liegt derzeit wohl eher an begrenzter Verfügbarkeit und schlechter Sortierung.

Der Trend, Holz auch für Terrassen, Bäder und Außenmöbel einzusetzen, erschließt dem Tischler/Schreiner neue Tätigkeitsfelder. Möchte der Kunde aus ökologischen Überlegungen heraus auf Tropenholz verzichten, wird es bei der Holzauswahl allerdings häufig eng. Ein Beispiel: Der Tischlerei-/Schreinereibetrieb hat die Fenster in der sanierten Altbauwohnung erneuert und hochwertige Einbaumöbel zur Zufriedenheit des Kunden angefertigt und montiert. Der Kunde ist glücklich und möchte, dass auch in weiteren Bereichen seines Wohn- und Lebensumfeldes Holz als Werkstoff zum Einsatz kommt: zum Beispiel auf der Veranda oder im Garten genauso wie für den Bad- und Fußbodenbereich seiner exklusiven Wohnung. Interessante Folgeaufträge könnten sich für den Tischler/Schreiner entwickeln. „Für die Terrasse nehmen wir Bangkirai, die Gartenmöbel fertigen wir aus Teak und für den Waschtisch rate ich Ihnen generell nicht zu Holz, sondern zu einem Mineralwerkstoff“, schlägt der Tischler/Schreiner vor. „Aber ich habe gelesen, dass es Bangkirai kaum mit FSC (Forest Stewardship Council)-Zertifizierung gibt, zertifiziertes Teak aus Plantagen soll unter Umständen relativ ungünstige Eigenschaften haben und eigentlich möchte ich am liebsten überhaupt kein Tropenholz verwenden“, entgegnet der informierte Kunde. Und damit wird das Holzartenspektrum, das dem Tischler/Schreiner zur Verfügung steht, erheblich eingeschränkt. Das Holz der Robinie, das bisher nur wenig Beachtung fand, könnte für die genannten Einsatzbereiche eine sinnvolle Alternative sein.

Schön und nützlich
Die Robinie (botanisch Robinia pseudoacacia L.) stammt aus dem östlichen Nordamerika und wird bereits seit ca. 400 Jahren in Europa kultiviert und angebaut. Aufgrund der sehr dekorativen Blüten, die die botanische Verwandtschaft zur tropischen Akazie (botanisch Acacia sp.) augenfällig machen (deshalb wird die Robinie auch häufig als falsche Akazie bezeichnet), wurde die Robinie im Bereich der Parkgestaltung eingesetzt, später unter ökologischen Kriterien auch forstlich zur Bodenstabilisierung und Bodenverbesserung (ausgeprägtes Wurzelwerk, Fixierung von Stickstoff) von Problemstandorten.
Erst nach dem zweiten Weltkrieg wurden in Südosteuropa, insbesondere in Ungarn und Rumänien, sowie in Brandenburg größere Aufforstungen mit Robinie durchgeführt. In diesen Herkunftsgebieten wurde lange Zeit das Holz ausschließlich lokal für Pfähle, Fenster- und Außentüren sowie für die Herstellung von Schnapsfässern genutzt, während überregional Robinienholz lange Zeit trotz zum Teil hervorragender technologischer Eigenschaften nur geringe Beachtung fand und im Wesentlichen von Nischenanbietern (z. B. Geräte für Spielplätze) verarbeitet wurde.
Auf die Sortierung achten
Ein wesentlicher Grund für die geringe Nachfrage nach Robinienholz war lange Zeit die z.T. sehr schlechte Stammform. Beflügelt durch die hohe Nachfrage konnte mittlerweile durch geeignete Saatgutauswahl die Wuchsform deutlich verbessert werden. Dennoch hat derzeit ein Teil der am Markt angebotenen Stammware eine schlechte Form, wodurch die verarbeitbaren Längen teilweise erheblich eingeschränkt sind. Der Verarbeiter sollte deshalb prüfen, ob die gewünschten Dimensionen lieferbar sind.
Einige Anbieter von Bodenbelägen haben deshalb vor diesem Hintergrund auf Robinie abgestimmte Systeme entwickelt, die den Einsatz kurzer Abschnitte erlauben (Terrassenfliesen, keilgezinkte Verbindungen, Stäbchenparkett).
Die Wuchsleistung der Robinie liegt mit 7 bis 14 m³ pro Hektar und Jahr deutlich über der Wuchsleistung der meisten heimischen Laubhölzer. Aus holzwirtschaftlicher Sicht besonders erfreulich ist hierbei die sehr frühe Verkernung des Holzes, die bereits nach 4 bis 7 Jahren erfolgt. Das hochwertige und sehr geschätzte Kernholz macht damit den Großteil des Stammvolumens aus. Das Kernholz der Robinie ist eine der wenigen europäischen Holzarten, das die Dauerhaftigkeitsklasse 1–2 (sehr dauerhaft bis dauerhaft nach EN 350–2; entspricht damit der Dauerhaftigkeit von z. B. Iroko/Kambala, Bangkirai) aufweist und damit auch unbehandelt im Außenbereich eingesetzt werden kann. Ähnlich wie bei Teak kann das Jugendholz (marknahes Kernholz) der Robinie aber zum Teil eine deutlich geringere Dauerhaftigkeit aufweisen (z. T. nur Dauerhaftigkeitsklasse 3 = mäßig dauerhaft) als das Holz aus den äußeren Stammbereichen, weshalb bei hohen Anforderungen an die Dauerhaftigkeit marknahes Kernholz aussortiert werden sollte.
Spezialisierte Anbieter
Die besonders starke Nachfrage nach dauerhaften Hölzern „nicht tropischer Herkunft“ hat ganz wesentlich zu dem verstärkten Interesse an Robinienholz in den letzten Jahren beigetragen. Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter, die sich auf die Herstellung von Gartenmöbeln, Palisaden und Terrassen aus Robinienholz spezialisiert haben.
Im Zusammenhang mit der relativ hohen Rohdichte weist das Holz der Robinie sehr gute elastomechanische Eigenschaften auf, weshalb es sich auch gut für Bauteile mit hoher mechanischer Beanspruchung eignet. Unter anderem wurde Robinienholz bei der Sanierung des Dachstuhls der St.-Michaelis-Kirche in Hamburg erfolgreich eingesetzt, aber auch im Treppenbau stellt Robinie eine sinnvolle Alternative zu anderen Holzarten dar.
Gut zu bearbeiten
Mit Standardmaschinen und -werkzeugen lässt sich das Holz der Robinie gut bearbeiten und auch gängige Oberflächenbehandlungen sind problemlos möglich. Aufgrund der hohen Dichte verfügt das Holz der Robinie allerdings nur über ein mäßig gutes Quell- und Schwindverhalten, weshalb sich auch aus diesem Grunde eine Verarbeitung kürzerer Dimensionen besonders anbietet. Aufgrund der sehr langsamen Feuchtewechsel ist aber das Stehvermögen des Holzes im getrockneten und verarbeiteten Zustand gut. Vor dem Lackieren und Verkleben sollte aber unbedingt auf den richtigen Feuchtegehalt und eine gleichmäßige Feuchteverteilung im Holz geachtet werden. Um die mit den Feuchtewechseln einhergehenden Spannungen aufzufangen, versehen Anbieter von Terrassendielen die Dielen mit Entspannungsnuten.
Begrenzte Verfügbarkeit
Für die Akzeptanz einer Holzart bei den Verarbeitern ist die langfristige Verfügbarkeit des Holzes in Quantität und Qualität von herausragender Bedeutung. Derzeit ist der Markt von einer Nachfrage nach Robinie geprägt, die das Angebot zumindest zeitweise (insbesondere im Frühjahr/Sommer) übersteigt. Der Großteil des derzeit angebotenen Holzes stammt aus Ungarn und Rumänien (geringere Mengen kommen aus Tschechien, der Slowakei und Brandenburg), wo auch der lokale Markt eine zunehmende Nachfrage nach Robinienholz verzeichnet. Einige in Mitteleuropa auf Robinienholz spezialisierte Handels- und Verarbeitungsfirmen unterhalten deshalb mittlerweile in den Herkunftsgebieten eigene Tochterunternehmen, wo das Holz z. T. zu Halbfertig- und Fertigwaren weiterverarbeitet wird. Sollte die starke Nachfrage weiter anhalten, ist evtl. damit zu rechnen, dass zunehmend jüngere Bäume eingeschlagen werden. Vor diesem Hintergrund ist aufgrund der oben beschriebenen geringeren Dauerhaftigkeit juvenilen Robinienkernholzes beim Holzeinkauf durch den Verarbeiter verstärkt auf das Alter bzw. die Stammlage des angebotenen Schnittholzes zu achten, um Reklamationen vorzubeugen.
Besteht im Betrieb eine eigene Lagerhaltung, lohnt es sich, zu Zeiten qualitativ und preislich attraktiver Angebote Robinienholz zu bevorraten, um Lieferengpässe bei Nachfragespitzen im Frühjahr/Sommer zu vermeiden und zu erwartende Preissteigerungen abzufangen. ■
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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