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Form follows handicaps

Gestalterarbeit an der Fachschule für Holztechnik Stuttgart
Form follows handicaps

„Wenn sich die Gestaltung von Produkten an den Fähigkeiten von Menschen mit geistiger Behinderung orientiert“ – unter diesem griffigen Titel entwickelte Robin Weidner im Rahmen seiner Gestalterarbeit an der Fachschule für Holztechnik Stuttgart interessante Produkte, welche von behinderten Menschen hergestellt werden können.

Autor: Heinz Fink

„Form follows function“ (Die Form folgt der Funktion), ein oft zitierter, bisweilen auch überstrapazierter, Gestaltungsleitsatz aus Design und Architektur inspirierte Robin Weidner zu einer Neuinterpretation des bekannten Zitats: Unter dem Titel „Form follows handicaps“ entwickelte er im Rahmen seiner Abschlussarbeit zum staatlich geprüften Gestalter an der Fachschule für Holztechnik in Stuttgart eine Vielzahl von Kleinmöbeln und Einzelprodukten. Allen gemeinsam ist, dass sie in Werkstätten von Menschen mit geistiger Behinderung angefertigt werden können.

Üblicherweise haben Gestalterarbeiten die innenarchitektonische Gestaltung von Wohnund Arbeitsräumen, Läden und Freizeiteinrichtungen oder Restaurants und Arztpraxen zum Thema – manchmal auch bis hin zur Entwicklung von Einzelmöbeln. Was bringt einen Schüler dazu, ein solch komplexes Thema als Inhalt seiner Projektarbeit zu wählen? „Ich finde es wichtig, dass alle Menschen gleich behandelt und geschätzt werden, ob mit oder ohne geistige oder körperliche Beeinträchtigung,“ so Robin Weidner zur Motivation seiner Gestalterarbeit. „Alle Menschen sind gleich, haben die gleiche Würde und das gleiche Recht, respektiert zu werden.“
Anstoß von außen
Ein Freund Weidners berichtete ihm von seiner Arbeit in einer Werkstatt für geistig behinderte Menschen, der Lebenshilfe e.V. in Stuttgart. Schnell war ihm klar, dass er seine Projektarbeit in Kooperation mit dieser Einrichtung machen wollte. Er erkannte bei seinen Besuchen in der Werkstatt, dass in dieser Konstellation nicht die Personen besonders qualifiziert sein müssen, um Produkte zu fertigen, sondern die Produkte müssen geeignet sein, von ihnen gefertigt zu werden. Bereits zu diesem Zeitpunkte dachte er über die Entwicklung einfacher, aber dennoch gut gestalteter Produkte nach.
Der Weg ist das Ziel
Bis zum fertigen Produkt jedoch war es ein langer Weg: Den ersten Skizzen ging eine eingehende Marktrecherche in Zeitschriften, eine Umfrage, Händleranschreiben und zahlreiche Gespräche voraus. Aber auch in den Werkstätten der Stuttgarter Lebenshilfe wurde recherchiert und deren Möglichkeiten ausgelotet. So besuchte Weidner neben der Schreinerei, die Schlosserei und Schneiderei der Einrichtung und informierte sich über maschinen- und fertigungstechnische Möglichkeiten, aber auch über Produkte, die in diesen Werkstätten bereits hergestellt werden. Auch Produkte anderer Werkstätten und Einrichtungen wurden in die Recherche einbezogen, um einen Marktüberblick zu bekommen.
Ein Kernstück seiner Analyse jedoch war die Erarbeitung eines ansprechenden Flyers zur Kundenbefragung. Anhand von neun, teils klar definierten, teils offen formulierten Fragen wollte er das Konsumenteninteresse an Möbeln und deren täglichen Gebrauch herausfinden. Die Verteilung der Fragebögen erfolgte in Fach- und Gewerbeschulen, im Bekannten- und Freundeskreis sowie bei Lieferanten. Die Ergebnisse wertete er in einer Statistik aus und fokussierte so Kundenwünsche auf die nun folgende Entwurfsphase.
Der steinige Weg von der Idee zum Produkt
Anhand von flotten Handzeichnungen wurden Dutzende Ideen in Skizzenbüchern festgehalten, Varianten entworfen und wieder verworfen, Um- und Nebenwege gegangen. Aus der Vielzahl der Möglicheiten wurden verschiedene Entwürfe ausgewählt und weiterentwickelt, teils auch bis hin zum Prototypen im Maßstab 1:1.
„Entscheidungen zu treffen dauert oft am längsten,“ so Weidner. „Um festzulegen, an welchen Entwürfen ich weiterarbeite, habe ich mich mit verschiedenen Verantwortlichen aus den Werkstätten der Lebenshilfe unterhalten.“
Unter Abwägung aller Einflüsse und Meinungen konzentrierte sich der Gestalter auf die weitere Ausarbeitung von drei sehr unterschiedlichen Produkten: einem Flaschen-hocker, einer Zettelbox und einem sogenannten Spannhocker.
Ich war eine PET-Flasche …
Auf der Basis einer Sitzfläche aus Fahrzeugsperrholz und vier dickwandigen PET-Flaschen entstand ein einfacher Hocker, das „CoLA- Furniture“! Durch Variation der Plattengröße lässt sich dieser zu einer kleinen Kinderbank oder durch Stapeln zum Regal erweitern. Dabei greifen die leicht über die Plattenflächen überstehenden Deckel in die konkaven Bodenflächen der Kunststoffflaschen ein und fixieren den Aufsatz gegen Verrutschen.
Sein zweites Produkt, „NotizFix“, ist ein einfacher zerlegbarer Zettelständer: Je zwei trapezförmige, dünne Platten sind an den Ecken mittels eines eingenuteten Aluminiumwinkels lose verbunden und bilden, eingesteckt in die Nuten einer quadratischen Grundplatte, eine einfache Aufnahme für Notizzettel. Als weiterer Entwurf wurde ein werkzeuglos zerlegbarer Hocker aus nur wenigen Einzelkomponenten entwickelt. Der Spannhocker „NeW-BluE“ besteht aus zwei bearbeiteten Seiten, einem Korpus als Distanzhalter aus Fahrzeugsperrholz und farbigen Gewebebändern als Spanngurte.
Produkte mit Identifikationswert
Aber mit dem Entwurf und der Fertigung der Prototypen sollte das Projekt noch kein Ende gefunden haben. War es doch erklärtes Ziel von Robin Weidner, dass die Produkte von geistig behinderten Menschen hergestellt werden konnten. Dazu entwickelte er die notwendigen Schablonen und Spannvorrichtungen, die eine sichere Herstellung ermöglichen. Er konnte die Firmen Festool und Bessey als Sponsoren für das Projekt gewinnen, die eine Domino-Fräse bzw. ihre aktuellen Kniehebelspanner zur Verfügung stellten.
Abschließende Präsentation
„Der wohl schönste Teil des Projektes war,“ so Robin Weidner, „als ich an einem Freitagnachmittag einen Besuch in der Schreinerei der Werkstätten Stuttgart gemacht habe. Es war sehr schön zu sehen, wie die Menschen mit Behinderung sich über die entwickelten Produkte gefreut haben und wie stolz sie darauf waren, die Produkte halten zu dürfen, die sie eventuell fertigen.“
Wer sich noch ausführlicher über das Projekt informieren möchte, kann das auf der Homepage von Robin Weidner unter www.robin-weidner.de. I
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