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Geselle ist, wer etwas kann – Meister, wer es ersann!

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Geselle ist, wer etwas kann – Meister, wer es ersann!

Die Ausbildung im Tischlerhandwerk, insbesondere die neue Ausbildungsordnung wird derzeit heftig diskutiert, sowohl auf der Seite der betrieblichen als auch auf der Seite der schulischen Ausbildung. Ausgelöst durch einen Leserbrief von Ausbildungsmeister Christian Zander, den wir in der BM-Ausgabe 11/98 veröffentlichten, hatten sich zahlreiche BM-Leser an der Diskussion beteiligt (siehe BM 1/99, Seite 145 und 146; BM 2/99, Seite 92). Inzwischen erreichte uns eine weitere Stellungnahme von Christian Zander.

Seit der Veröffentlichung meines Beitrages „Weniger ist mehr“, der eine neue Ausbildungsordnung und eine Änderung des Berufsschulstoffes und -unterrichts forderte, haben mich viele Reaktionen darauf erreicht: Die Stellungnahme des Bundesverbandes HKH, Leserbriefe, vor allem aber persönliche Anrufe und Gespräche auf Innungsversammlungen. Eines zeigt sich sehr deutlich dabei: Es handelt sich beileibe nicht um meinen „persönlichen Frust“, wie der BHKH unterstellt, nicht um einen Einzelfall, sondern um ein weitverbreitetes Unbehagen mit der augenblicklichen Situation der Lehrlingsausbildung. Es waren gerade engagierte Praktiker, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten wie ich, darunter Obermeister, Vertreter in Lehrplankommissionen und Berufsbildungsausschüssen, alte Meister, die prämierte Gesellen ausgebildet haben. Irritiert und eher ablehnend haben sich einige Berufsschullehrer geäußert, die als Fachlehrer Tischler- und Schreinerlehrlinge unterrichten.

Die Diskussion um eine zeitgemäße Ausbildung in unserem Berufszweig beginnt erst. Die Streitfragen der Vergangenheit berühren nicht das Wesentliche und sollten keine neuen Gräben aufreißen: An der dreijährigen Ausbildungszeit wird nicht mehr viel zu rütteln sein und auch die Frage, ob wie bisher der „Generalist“ ausgebildet werden soll oder aber spezialisierte Gesellen (Bau- bzw. Möbelschreiner) erwünscht wären, scheint wegen starker Bedürfnisse vor allem der kleineren Betriebe zugunsten des Bestehenden entschieden. Zentraler Diskussionspunkt muß der Inhalt und Umfang des zu vermittelnden Wissens sein, denn unsere Aus-bildung leidet unter ihrer Kopflastigkeit, unter der Überfrachtung theoretischen Wissens, das nicht für die praktische Arbeit in der Werkstatt verfügbar gemacht werden kann.
Muß ein Lehrling alles wissen?
Wider der verkappten Meisterausbildung etwa in Fachkunde ist es notwendig, wieder ein stufenweises Wissen zu akzeptieren und in die Ausbildungsorganisation umzusetzen. Es gibt ein Gesellenwissen und es gibt ein Meisterwissen. Die Begründung bildet sich aus den unterschiedlichen Aufgabenbereichen. Oder, wie es die alte Handwerksweisheit ausdrückt: „Geselle ist, wer etwas kann – Meister, wer es ersann!“ Nehmen wir ein Beispiel: Den Holzplatz. Muß ein Lehrling, ein Geselle wissen, wie ein Holzlager einzurichten ist (Windrichtung, Untergrund, Abstand der Auflagerhölzer vom Erdreich usw.)? Wohl kaum – aber wie Holz richtig aufzustapeln ist, wie es gepflegt und wie die Stapelleisten beschaffen sein müssen, das sind die Themen, die er beherrschen können müßte.
Ich will es einmal zugespitzt formulieren: Nur wenn wir den Mut aufbringen, die Theorielastigkeit abzuspecken, können wir eine solide Grundausbildung schaffen! Es kann nicht darum gehen, die Wissensbreite zu kappen, aber die Wissenstiefe, das spezialisierte Wissen der einzelnen Gebiete, kann und muß reduziert werden. Bedeutet dies eine Verschlechterung der Ausbildung oder die Schaffung eines „kleinen Gesellenbriefes“? Nein, denn der Theoriewust überfordert die Auszubildenden. Nur wenn Wissen verfügbar ist, wenn es der Praxis dient, wenn es die Arbeit im Betrieb verbessert – nur dann ist es sinnvoll. Es ist an den Verbänden, hier klare Forderungen zu erheben, klare Linien zu ziehen und dann darauf zu achten, daß diese Maßgaben nicht in den dann zuständigen Lehrplankommissionen unter dem Einfluß dominierender „Schulfachleute“ unterlaufen werden.
Die Betriebe brauchen gute Gesellen. Genauer, sie brauchen heute mehr denn je sehr gute Gesellen. Die Konkurrenz mit der Industrie und die zunehmende Mobilität von Käufern und Produzenten zwingen dazu. Sie brauchen immer mehr spezialisierte Gesellen mit besonderen Fähigkeiten und mit besonderem Wissen. Dafür genügt das Wissen der heutigen Gesellenprüfung schon gar nicht, aber auch das einer veränderten Ausbildung wird nicht ausreichen. Es müssen Möglichkeiten der zusätzlichen Qualifizierung geschaffen werden. Es wird Spezialisten für die Oberflächenarbeit, für die Montage, für die CNC-Arbeiten geben müssen. Die erforderlichen Weiterbildungsmaßnahmen können nur Bestand haben, wenn sie bundeseinheitlich, sowohl im Ablauf als auch im Niveau, geregelt sind. Eine klare Aufgabe für den Bundesverband also, die, wie man hört, in Zukunft verstärkt angepackt werden soll. Die Dinge kommen in Fluß. Eine baldige Änderung der Ausbildungsordnung liegt nicht mehr im Bereich des Undenkbaren. Bei vielen Betriebsinhabern nicht, und wohl auch in Wiesbaden nicht. Und das ist gut so.
gez. Christian Zander
Ausbildungsmeister an der Gewerbe-Akademie Freiburg
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