In der Ruhe liegt die Kraft

Bereits kurz nach der Gründung einer eigenen Tischlerei im Jahr 1987 beschäftigte sich Alois Kaltenbrunner mit den Möglichkeiten kreativer Mineralwerkstoffe. Schon ein Jahr später begann der aufgeschlossene Tischlermeister mit der Verarbeitung von Corian. Neben dem Innenausbau und der Herstellung von Bauelementen wurde dieser Erfolg versprechende Bereich sukzessive ausgebaut. Heute gilt der auf 10 Mitarbeiter gewachsene Betrieb als erfahrener Mineralwerkstoff-Spezialist: Die Herstellung von Möbeln und Bauteilen aus Corian stellt derzeit 80 Prozent der Produktion. Bedient werden gewerbliche Kundenkreise genauso wie die Privatkundschaft.

1997 stieg Kaltenbrunner in die CNC-Bearbeitung ein. Nach den ersten Erfahrungen mit einer Einsteigermaschine wurde nur kurze Zeit später ein größeres, universelles Bearbeitungszentrum für den Möbel- und Innenausbau in Betrieb genommen.

Damit nicht genug: Im Zuge der nunmehr anstehenden Neuinvestition stand der Wunsch nach der 5. Achse mit zusätzlichen CNC-Bearbeitungsmöglichkeiten ganz im Vordergrund. Wolfgang Hackl, Vertriebsmitarbeiter bei Homag Austria, konnte dazu mit einem besonderen Tipp aufwarten. Bei Homag in Schopfloch stand justament die fertige Neuentwicklung eines CNC-Bearbeitungszentrums parat: Noch vor der Weltpremiere der neuen Baureihe „BMG 511“ auf der Ligna 2009 in Hannover, nutzte Alois Kaltenbrunner die Chance sich ein Bild über die neuartige Bauweise der Maschine zu verschaffen.

Neben der stabilen Ständerbauweise im Gantry-Prinzip mit einem beidseitig geführtem Fahrportal konnte der Einsatz eines innovativen Konstruktionswerkstoffs für das stabile Maschinenbett besonders überzeugen: An Stelle von Stahl nutzt Homag dafür den massiven und zum Patent angemeldeten Verbundwerkstoff „Sorb Tech“. Der entscheidende Vorteil: Dieser faserverstärkte Mineralguss verfügt über eine hohe Masse und zeigt bei Schwingungen ein um den Faktor 2,5 besseres Absorbtionsverhalten als Stahl.

Mit diesen Eigenschaften sorgt Sorb Tech für hohe Stabilität und absorbiert nahezu alle Schwingungen auch bei anspruchsvoller CNC-Bearbeitung. In der Ruhe liegt die Kraft: Hohe Oberflächengüte und längere Werkzeugstandzeiten sind somit kein leeres Versprechen. Hinzu kommt ein schöner Nebeneffekt: Mit Sorb Tech wird laut Homag 60 Prozent weniger Primärenergie als bei der herkömmlichen Maschinenkonstruktion mit Stahl verbraucht.

Das neue Werkstoff- und Konstruktionsprinzip kommt offenbar der CNC-Bearbeitung von Mineralwerkstoffen entgegen: „Selbst bei 40 mm Corian-Vollprofilierung zeigt sich die hohe Laufruhe in einer sehr guten Bearbeitungsqualität“, wird dazu bei Kaltenbrunner kommentiert.

Damit wirke sich die Schwingungsdämpfung unmittelbar in der Einsparung oft aufwändiger Nachbearbeitung der Werkstücke mit der Oberfräse oder durch Schleifen aus. Auch die Finish-Schleifarbeiten konnten laut Kaltenbrunner auf ein Minimum reduziert werden.

Die neue Maschine eröffnet zusätzliche Bearbeitungsmöglichkeiten auch für die teilweise großformatigen Corian-Teile: Mit einem Z-Hub von 300 mm ab Konsolenoberkante verfügt die „BMG 511“ über eine wesentlich größere Bearbeitungshöhe als die bisher genutzte Maschine.

Hohe Flexibilität zu einem günstigen Preis, so wird bei Homag argumentiert, biete die neue 5-Achs-Spindel: Mit einer AggregateSchnittstelle inklusive patentierter Pneumatikschnittstelle ersetzt sie mehrere Aggregate. Die kompakte Spindel ermöglicht Bearbeitungen in engem Winkel zum Werkstück oder die Bearbeitung von der Werkstückunterseite.

Kaltenbrunner hat sich für einen Konsolentisch entschieden und nutzt die Vorteile der einfachen LED-Positionierung von Konsolen und Spannmitteln. Reststücke werden im großen Freiraum direkt unter den Konsolen abtransportiert. Einen guten Einblick auf die Bearbeitung und zusätzlichen Schutz für den Maschinenbediener bietet die große, mitfahrende Teilkapselung im neuen Design.

Neben den entscheidenden Merkmalen im Bereich des Maschinenbaus konnte auch das Programmiersystem Woodwop überzeugen. Dieses arbeitet im Zusammenspiel mit weiteren praxisbewährten Komponenten: Die 3-D-Modellierung der Werkstücke in der Arbeitsvorbereitung erfolgt mit der Software „Top Solid“ aus dem Hause Missler. Damit gelang Kaltenbrunner der Einstieg in die echte 3- D-Programmierung. Die Anbindung der Programmiersoftware an die Homag-Steuerung wurde vom Missler-Softwarepartner in Österreich, der Firma AM Engineering aus Graz, in kurzer Zeit umgesetzt. Sicherheit geht vor und spart unliebsame Kosten: Nach der Programmierung der Werkstücke erfolgt eine Kollisionskontrolle im 3-D-Modell von Top Solid. So können die Verfahrbewegungen der Fräseinheit und des Bohrkopfes bereits vorab überprüft werden. Gerade in der 3-D-Bearbeitung ist dies ein wertvolles Instrument: Schäden durch Kollisionen der Aggregate und Werkzeuge mit dem Werkstück oder den Spannvorrichtungen können mit der Kontrollfahrt sicher vermieden werden.

Alois Kaltenbrunner zieht eine erste Zwischenbilanz: „Mit der Investition in das CNC-Bearbeitungszentrum BMG 511 konnten wir die Bearbeitungsqualität deutlich steigern und den Zeitaufwand für Nacharbeiten reduzieren. Außerdem konnten wir das Produkt- und Gestaltungsspektrum nicht nur bei Corian, sondern auch mit anderen Kunststoffen erweitern.“ ■