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Luft raus – Form rein

Formverleimung im Vakuum
Luft raus – Form rein

Die Herstellung von Treppen mit dreidimensional „geformten“ Teilen ist eine fertigungstechnische Herausforderung. Mit Bogentreppen, geschweiften Handläufen & Co. lässt sich aber durchaus auch gutes Geld verdienen – vorausgesetzt, man ist in der Lage, diese auch rationell herzustellen. Holger Schultze beschreibt, was bei Formverleimungen im Vakuum zu beachten ist.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden dreidimensional gerundete bzw. gekrümmte Treppenbauteile, die nicht als Massivholzkrümmling hergestellt werden konnten, prinzipiell mittels einer Vielzahl von Schraubzwingen formverleimt. Dabei lässt es sich kaum vermeiden, das Pressstellen die formverleimten Vielschichtkörper markierten. Ferner kommt es bei diesem Verfahren immer wieder zu fehlverleimten Stellen, da auch bei maximalem Zwingeneinsatz der Dichte des Zwingensetzens Grenzen gesetzt sind.

Diesen Umständen von vorne herein entgegenwirkend legten viele Treppenbauer den zu bearbeitenden Rohling oft dicker aus, was einen Mehreinsatz des ohnehin teueren Sägefurniers mit sich brachte. Bezieht man mit ein, dass das Schleifen der gewölbten Innen- und Außenflächen bis zum Finish einen erheblichen Zeitaufwand forderte, ergibt sich, das sich die Herstellung solcher formverleimter Treppenbauteile für den Kunden vielfach als zu teuer herausstelle. Häufig führte dies schließlich zu „Plan B“, nämlich die preisgünstigere eckige Alternative.
Auf den großen Handwerksmessen der 90er Jahre wurden verstärkt Vakuumverleimsysteme vorgestellt. Nur wenigen – und wenn, dann alten – Schreinermeistern war dieses Verleimen im Schlauch von früher bekannt. Denn man hatte schon in grauen Vorzeiten hier und da Bogenhandläufe in alten, aber noch dichten Feuerwehrschläuchen mittels selbst umkonstruierten, Vakuum erzeugenden Apparaturen formverpresst. Während diesen Einzelfällen in Ermangelung größerer Schläuche und ergiebiger Vakuumpumpen Grenzen gesetzt waren, setzte sich in den 90er Jahren nun eine Technik am Markt durch, die durch Flexibilität in allen Bereichen gekennzeichnet ist:
  • Es gibt standardisierte Vakuumsäcke in vielen Größen und auch Sonderanfertigungen sind möglich.
  • Die Vakuumpumpen – meistens auf Lamellenbasis – sind äußerst effektiv und je nach Größe und Leistungsfähigkeit preisgestaffelt.
  • Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist stimmig, denn schon mit überschaubar niedrigen Einstiegspreisen kann eine Vielfalt von Verleimungen vorgenommen werden, die nicht nur die Bearbeitungszeiten drastisch reduzieren, sondern auch auf Bereiche ausgedehnt werden können, die bisher konventionell und damit mit zu hohem Aufwand gelöst wurden, wie sich am Beispiel der Türenherstellung später noch zeigen wird.
  • Das Vakuumsystem ist individuell ausbaufähig und bedarf bei nur geringem Wartungsaufwand im Gegensatz zu den vielen schweren Kisten und Ständern, in denen und auf denen die wartungsintensiven Zwingen aller Art und Größe aufbewahrt werden, einen verschwindend kleinen Aufbewahrungsplatz.
  • Mittels Vakuumverleimtechnik ist sogar vereinzelt eine Formverleimung „vor Ort“ möglich, wodurch die Herstellung von Schablonen oder dem späteren Aufstellort entsprechend zu fertigender Modelle entfällt.
Beispiel aus der Praxis: Tipps und Tricks
Nachfolgend wird eine typische Formverleimung mittels Vakuumtechnik anhand eines Treppenbeispiels aus der Praxis präsentiert, wobei aufgrund langjähriger Erfahrung nützliche Tipps an den entsprechenden Stellen gegeben werden.
Bei der hier zu erstellenden Treppe waren folgende Vorgaben des Architekten zu erfüllen: Beide Wangen der Bogentreppe waren in steigender Rundung mit verschiedenen Radien auszuführen. Die beidseitig verlaufenden Handläufe sind jeweils nicht über den Wangen, sondern seitlich im Anschluss zu den Außenkanten der Wangen über diesen platziert. Das Austrittspodest weist eine um 90 Grad verlaufende große Rundung auf und ist in einer entsprechend horizontal geformten Podestwange eingefasst. Auch der hier zugehörige Handlauf liegt analog der Treppenhandläufe seitlich über der Außenkante der Podestwange.
Damit handelt es sich um ein Paradebeispiel für das Vakuumverleimverfahren, denn es galt, sowohl der Steigung der Treppe entsprechende Bogenteile als auch horizontal gebogene formverleimte Bauteile – alle mit unterschiedlichen Radien – herzustellen.
Auf einer mit Folie geschützten 1:1 Draufsicht der Treppenanlage werden zunächst entsprechend des Bogenverlaufes des herzustellenden Bauteiles Ständer in einem radiusabhängigen Abstand von 15 bis maximal 30 cm zueinander boden- und deckenseitig befestigt. Diese Ständer können entweder bei den Herstellern der Vakuumverleimsysteme erworben werden, im hier beschriebenen Fall wurden diese aus Leimbindern mit dem Querschnitt 6 x 12 cm selbst hergestellt. Es empfiehlt sich, diese mit einer durchgehenden T-förmigen Nut zu versehen, damit die auf den Abbildungen sichtbaren Halterungen leicht in die jeweiligen Höhenpositionen verschoben und befestigt werden können. Diese Halterungen dienen zum einen als untere Auflage für den Vakuumschlauch und zum anderen in Kombination mit einem oben geführten Schiebeholz und einem die beiden Nuthölzer verbindenden Riegel als Biege-Zustands-Sicherung.
Zweckmäßigerweise wählt man die Position der Ständer auf der 1:1-Zeichnung so, dass die 6 cm Kante jeweils zum Anfang einer Stufe ausgerichtet ist. Um den exakten Radius des Treppenbauteiles einzuhalten, müssen die Ständer jeweils um die einfache Wandstärke des Vakuumschlauches und ggf. einer zu setzenden Hartfaserzulage vor der Befestigung am Boden nach innen verschoben werden. Bei der Deckenbefestigung des Verleimturmes ist strengstens darauf zu achten, dass jeder Ständer exakt lotrecht ausgerichtet ist. Die Positionen der unteren Auflagen für den Vakuumschlauch ergeben sich sodann aus der Steigung zuzüglich einer permanenten Zugabe von etwa 50 cm. Bei einer Steigung von angenommenen 18,5 cm wird demzufolge der erste Haltepunkt bei 68,5 cm für Stufe 1, der zweite Unterstützungsklotz bei 87,0 cm, der Dritte bei 105,5 cm, usw. befestigt.
Im Gegensatz zur Zwingenverleimung ist nunmehr lediglich soviel Sägefurnier für das Leimpaket erforderlich, bis die Fertigdicke des Bauteils erreicht ist. Zusätzliches Material, wie früher bei Arbeiten mit Schraubzwingen, ist nicht mehr nötig. Um den Anfangs- und Endbereich des formzuverleimenden Schlauchpaketes bis zur Erstellung des Vakuums präzise zu fixieren, empfiehlt es sich, ca. 25 – 30 cm Zugabe an den Enden mit einzuplanen. Diese und nur diese Enden werden mit Zwingen gesichert. Diese Vorgehensweise hat sich insofern bewährt, als dass nach Fixierung des unteren Endes mit vereinten Kräften je nach Radius der Biegevorrichtung und Dicke des Leimpaketes das Biegen in die gewünschte Endposition erheblich vereinfacht wird.
Immer wieder erstaunlich ist, dass mit diesen beiden Fixpunkten der gesamte Biegebereich eines gleich bleibenden Radius exakt erfasst wird. Natürlich ist es auch möglich, innerhalb einer Verleimvorrichtung mit wechselnden Radien und sogar von konkav auf konvex und umgekehrt zu arbeiten. Hier gilt es dann aber, sorgsam großflächig gepufferte zusätzliche Zulagen an den Übergängen zu platzieren. Ohnehin ist darauf zu achten, fixpunktartige Befestigungen auf dem Vakuumschlauch stets so auszuführen, dass Verletzungen des Schlauches durch scharfe Kanten ausgeschlossen sind. Mehrfach aufeinander geleimte Korkplatten aus dem Parkettbereich auf einer stabilen Trägerplatte haben sich hier als besonders guter Puffer bewährt. Bei richtig vorgenommener Vakuumverleimung sind Oberflächenverletzungen des Bauteiles ausgeschlossen. Folglich können die Innen- und Außenflächen des Bauteiles bildenden Furnieroberflächen auch bereits vorgeschliffen werden – ein deutlicher Zeitgewinn!
Um sowohl den Vakuumschlauch als auch die vorgeschliffenen Holzpartien vor austretendem Leim während des Pressvorganges zu schützen, empfiehlt es sich, das Leimpaket, noch bevor man dieses in den Vakuumschlauch gibt, in handelsübliche etwas kräftigere Folie aus dem Malerbedarf zu verpacken.
Der seitlich ausgestellte Handlauf konnte hier in unserem Beispiel mit der dazugehörigen Wange in einem Arbeitsgang vakuumverpresst werden. Dafür war es lediglich erforderlich, das Handlaufpaket mittels Packband und doppelseitigem Klebeband auf der Außenfläche der Wange parallel zum obigen Rand zu fixieren. Dieses Doppelpack kam dann in den Vakuumschlauch und wurde am Ständerwerk in einem Arbeitsgang verpresst. Nach jeweils 12-stündiger Presszeit im Vakuum konnten alle Wangen mit dazugehörigem Handlauf innerhalb von drei Tagen bei Einsatz von nur einer Vakuumpumpe und eines Vakuumschlauches verleimt werden. Je nach Kapazität der einzelnen Vakuumpumpen ist es natürlich auch möglich, zeitgleich mehrere Formverleimungen in mehreren Schläuchen durchzuführen.
Ein weiterer Vorteil des Formverleimens ohne Zwingen mit der Vakuumtechnik ist der Arbeitseinsatz vor Ort auf der Baustelle. Dreidimensional gebogene Wandhandläufe oder Handläufe auf Metalltreppengeländern können mit individuell zu erstellenden Aufnahmehilfen, die vor Ort fixiert werden, unmittelbar den dortigen Biegeverhältnissen entsprechend gefertigt werden. Es reicht aus, wenn der Vakuumschlauch auf der Baustelle so radiengetreu fixiert werden kann, dass er die Konfiguration beibehält, bis das Vakuum erzeugt ist. Mit dem Heraussaugen der Luft stetig einhergehend nähert sich der Schlauch aufgrund seiner Elastizität selbstständig den Fixpunkten und verharrt dort während des Verleimvorganges. Die Herstellung der Aufnahmehilfen ist mit weitaus geringerem Zeitaufwand verbunden, als das exakte Nachstellen der Biegeverhältnisse in der Werkstatt.
Vakuumtechnik geeignet für vielfältige Einsatzbereiche
Ein weiteres Beispiel für die Vielseitigkeit der Einsatzmöglichkeiten des Vakuumverpressens, sind das Überfurnieren von Flächen (z. B. Türblätter) oder das Aufleimen von Zierleistenanordnungen. Statt der Fahrt zu einer Furnierwerkstatt oder dem Einsatz platzraubender Furnierpressen in der eigenen Werkstatt können mittels Starkzulagen bei vernünftiger Vorfixierung der vernähten Furniere auf dem Trägermaterial mittels Packband ganze Türblätter in einem Vakuumschlauch beidseitig überfurniert werden. Insbesondere die dauerhafte Anbringung von Zierleisten für die manche Turnuszwingenreichweite zum Scheitern verurteilt ist, ist mittels Vakuumverleimung und Packbandfixierung sicher und schnell durchführbar.
Der gleichmäßige und gleichzeitig starke „Gummidruck“ des Vakuumschlauches garantiert nicht nur eine druckstellenfreie Flächenverleimung, sondern bei korrektem Leimauftrag auch eine von Fehlstellen freie Formverleimung.
Gewöhnungsbedürftig ist beim ersten Umgang mit dem Vakuumverfahren, dass man durch den Vakuumschlauch das Furnierpaket nicht sehen kann. Das damit einhergehende Misstrauen, ob auch wirklich alles richtig verläuft, wechselt aber schnell in eine hohe Zufriedenheit, wenn man schließlich die guten Resultate der Formverleimung im Vakuum sieht.
Zudem gehören durch den Einsatz dieser Technik die für Treppenbauer typischen Handschwielen, die das vieltausendfache Andrehen von Schraubzwingen beim Formverleimen im Laufe der Jahre mit sich bringt, der Vergangenheit an. ■
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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