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„Nicht jammern, viel miteinander reden, nichts verschweigen“

Betriebsübernahme innerhalb der Familie
„Nicht jammern, viel miteinander reden, nichts verschweigen“

Generationenübergreifendes Denken, Kommunikation und Toleranz sind die Schlüssel zu einer gelungenen Betriebsübergabe innerhalb der Familie, meinen Ulrich und Jenny Bensberg. Die Übergabe der elterlichen Tischlerei an Jenny Bensberg hat die Familie seit langem geplant.

„Nicht mehr um sieben Uhr morgens in der Werkstatt stehen“, antwortet Ulrich Bensberg spontan auf die Frage, welche Pläne er für die Zeit hat, ab der seine Tochter die familieneigene Tischlerei führen wird. Und das ist so ziemlich sein einziger konkreter Plan. „Andere wollen vielleicht um die Welt reisen, ich fühle mich daheim wohl.“ Diese Einstellung kommt seiner Tochter Jenny zugute, die auf die Erfahrungen ihres Vaters lieber später als früher verzichten will. Seit einem Jahr arbeitet sie sich im elterlichen Betrieb ein, mit dem Ziel, in einigen Jahren das Unternehmen zu übernehmen.

Zurzeit ist Ulrich Bensberg noch alleiniger Chef von „Bensberg Wohnen“ in Müsen. Das Unternehmen, in dem sowohl seine Frau als auch die beiden Töchter mitarbeiten, führt er in der vierten Generation. „Mein Urgroßvater hat die Tischlerei 1867 an der Stelle gegründet, an der heute das Ladenlokal steht“, erzählt Bensberg. Die fünfte Generation steht schon in den Startlöchern: Tochter Sarah hat sich auf den Bereich Marketing und Verkauf konzentriert, Jenny nach dem Abitur die klassische Tischlerlehre absolviert. Allerdings nicht im elterlichen Betrieb, sondern in einer Tischlerei in Neuss. Im Anschluss machte sie an der Handwerksakademie Aachen ihren Tischlermeister und studierte an der dortigen Handwerksakademie Gut Rosenberg Handwerksdesign. In Düsseldorf absolvierte sie anschließend den Betriebswirt im Handwerk. „Meine Ausbildung war schon auf das Ziel ausgerichtet, eines Tages den Betrieb zu übernehmen“, sagt Jenny Bensberg. „Ich hatte dieses Ziel zwar nicht immer vor Augen, aber ich konnte mir auch nichts anderes vorstellen.“ Die Eltern betonten immer wieder, dass die Töchter ihren Beruf frei wählen dürften. „Da war sicher auch ein bisschen Taktik dabei“, schmunzelt sie.
Die Tischlerei, zu der ein Einrichtungsgeschäft und ein Bestattungsunternehmen gehören, bedient zu 90 Prozent Privatkunden. Das Unternehmen versteht sich als Komplettanbieter rund um die Einrichtung von der Möbeleinzelfertigung über den Innenausbau bis hin zu Fenstern und Türen: Holzfenster werden geplant und montiert, Kunststofffenster und Haustüren zum Teil noch selbst gefertigt. Dekoration, Farb- und Einrichtungsgestaltung gehören ebenso zum Gesamtkonzept. Die Breite bringt mit sich, dass ein Nachfolger sehr viel lernen muss, bevor er den Betrieb übernehmen kann. „Die Betriebsübernahme bedeutet für Jenny eine große Verantwortung und sicher auch viel Druck“, sieht ihr Vater. Schließlich möchten 20 Mitarbeiter versorgt sein. „Aber es ist auch eine große Chance.“
Die 26-Jährige musste sich im elterlichen Betrieb sehr schnell einarbeiten, als ein Mitarbeiter ausschied. Und sie musste die Erfahrung machen, dass das erlernte Handwerk als Unternehmer sehr kurz kommt. Jetzt spricht sie mit den Kunden über deren Anliegen, konzipiert Projekte und erstellt entsprechende Angebote. Trotz ihrer guten Ausbildung war der Start für sie ein Sprung ins kalte Wasser. „Die Praxis ist doch ganz anders – die Erfahrung fehlt einfach und man traut sich anfangs nicht viel zu“, berichtet die Tischlerin. Seit einem halben Jahr sei das etwas anders. „Mittlerweile bin ich selbstbewusster im Umgang mit Kollegen und Kunden.“ Durch die Position wachse man mit seinen Aufgaben.
Die Übergabe sehen Chef und Nachfolgerin als fließenden Übergang. Ulrich Bensberg kennt das so aus eigener Erfahrung. In seine Rolle als Unternehmer sei er bei der Übernahme des Unternehmens aus den Händen seines Vaters hineingewachsen, blickt er zurück. Auch seine Tochter wird in ihre Aufgabe hineinwachsen, ist er sich sicher. Ihre Stellung und den Respekt der Mitarbeiter müsse sie sich natürlich selbst erarbeiten. Das nötige Rüstzeug, hofft er, habe sie schon mitbekommen.
Die Eltern haben von Beginn an versucht, ihrem Nachwuchs örtliche und familiäre Werte zu vermitteln. Die Bewahrung von Tradition in „wohlverstandenem Sinne“, wie Bensberg Senior betont. Das bedeute Altes zu bewahren und Neues individuell hinzuzunehmen – immer im Einklang mit dem Menschen. Diese Lebensauffassung ist gleichzeitig Firmenphilosophie. Das Unternehmen hat sich auf „natürliches Wohnen“ spezialisiert. In Übereinstimmung mit seiner Tochter versteht Bensberg Modernisierung als „Weitergehen“. Die Dinge sollten in Strukturen passen, Stilistiken erhalten bleiben und der Blick für Dinge in der Region geschärft werden.
Bei aller Ähnlichkeit und Harmonie in der Lebenseinstellung ist Vater und Tochter dennoch klar, dass der Übergabeprozess nicht vollkommen konfliktfrei ablaufen wird. „Von kleinen Auseinandersetzungen sollte man sich nicht aus der Bahn werfen lassen“, ist Jenny Bensbergs Konzept. „Innerhalb der Familie sagt man sich vieles anders und direkter. Das muss man aushalten können und es als Chance sehen.“ Man lerne so auch viel schneller. Und Ulrich Bensberg findet: „Man sollte Platz hinter sich lassen, um einen Schritt zurückgehen zu können, statt umzufallen“, und fasst als Erfolgsrezept zusammen: „Jung im Kopf bleiben, partnerschaftlich mit dem anderen umgehen, nicht zuviel jammern, nichts verschweigen, viel miteinander reden.“
Die Ausbildung neuer Mitarbeiter sieht Ulrich Bensberg jetzt schon als Aufgabe seiner Tochter – „sobald sie im Betrieb Fuß gefasst hat“. Um junge Leute an das Handwerk heranzuführen, bietet das Unternehmen Schülerpraktika an. Das sieht Bensberg, der seit einem Jahr auch im Hilchenbacher Stadtrat aktiv ist, auch politisch: „Damit stärken wir indirekt auch unsere Region.“
Auch das angegliederte Bestattungsunternehmen wird Jenny Bensberg übernehmen. „Aber“, so kann sie sich vorstellen, „da wird sich mein Vater vielleicht auch noch länger einbringen.“ Mit dem Bestattungsgeschäft kam sie schon früh in Kontakt. Wenn die Eltern mal nicht zu Hause waren, musste man selbst spontan reagieren können. Mit 16 Jahren fuhr sie zum ersten Mal mit zum Einsargen. Eventuell will sie die Fortbildung zum geprüften Bestatter machen, um sich, wie sie sagt, „ausbildungsmäßig zu festigen“. Denn die Führung eines Bestattungsunternehmens erfordere eine hohe Verantwortung, weil sie so dicht am Menschen sei, und die Bestatter bildeten heute eine eigene Branche.
Darüber, wie der Prozess rechtlich organisiert werden soll, denkt Ulrich Bensberg „schon pausenlos nach“. Möglich wäre eine allmähliche gesellschaftsrechtliche Beteiligung bei gemeinsamer Geschäftsführung. Allerdings ist nur die Tischlerei eine GmbH, das Geschäft ist ein Einzelunternehmen. Welche Lösung auch in Frage kommt: Wichtig ist dem Unternehmer vor allem, dass der Betrieb innerhalb der Familie erhalten bleibt. „Wir sind in ständigem Gespräch mit Steuerberater und Unternehmensberater“, betont der Chef, der sich auch bei der Übergabe extern begleiten lassen will. Denn auf eine gute Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern sowie Lieferanten und Banken legt Bensberg insgesamt viel Wert. „Ohne, dass sie jedes Mal anfragen müssen, legen wir regelmäßig der Bank unsere Zahlen vor.“ Das schaffe Vertrauen und erhöhe deren Motivation, auch in schwierigen Zeiten zu helfen.
Von solchen Erfahrungen will Jenny Bensberg gerne noch länger profitieren. „Von mir werden wohl neue Ideen erwartet und, dass ich Dinge verändere“, überlegt sie. Jetzt sei sie aber erst mal damit beschäftigt, das Alltagsgeschäft zu bewältigen. Es gebe noch so vieles hinter den Kulissen, das erlernt werden müsse. Vor allem der betriebswirtschaftliche Teil mache einen Großteil aus. Das Zusammenhalten vieler verschiedener Vorgänge. Vieles bringe auch die Erfahrung, hofft sie.
Die Idee, das Unternehmen eines Tages selbst zu führen, war übrigens kein spontaner Entschluss. „Es ist eher eine Frage der Lebenseinstellung, der Familienzusammengehörigkeit und des generationenübergreifenden Denkens“, fasst Jenny Bensberg zusammen. Als Kind nahm sie der Opa öfter mit in die Werkstatt. „Aber da durfte ich nur auf dem Leimeimer sitzen und nichts anfassen.“ Das Handwerk selbst lernte sie folglich erst später. Die unternehmerische Prägung allerdings bekam sie so schon früh mit.
Wenn es keinen Betrieb zur Übernahme gäbe, könnte sich die Tischlerin daher auch gut eine Neugründung vorstellen. Was würde sie anders machen? „Ich würde kleiner gründen, so dass ich selber mehr handwerklich mitarbeiten könnte“, sagt sie und setzt hinzu: „Wenn man neu gründet, wächst man mit dem Betrieb; wenn man einen Betrieb übernimmt, muss man in ihn hineinwachsen.“
Fachwerksanierung und Restauration älterer Bausubstanzen sind die Themen, bei denen sie glänzende Augen bekommt. Hierfür möchte sie sich irgendwann Auszeiten nehmen können. Sie hat sich in Müsen ein altes Fachwerkhaus gekauft, an dem sie sich handwerklich selbst austoben will. Ein Stück Selbstverwirklichung außerhalb des Betriebs. (Ulrike Preuß) ■

Worauf ist bei der Rechtsform zu achten?

Unternehmensnachfolge in der Familie

In unserem Beispiel macht sich der Senior Gedanken darüber, wie die rechtliche Übergabe des Familienunternehmens am vorteilhaftesten vonstatten gehen kann. Wir haben bei Steuerberaterin Bettina Wolter nachgefragt:
Einzelunternehmen, GmbH … ist eine Gesellschaftsform einfacher zu übertragen als die andere?
So ganz pauschal kann man das leider nicht beantworten. Die Gesellschaftsanteile einer GmbH kann man sich etwa so vorstellen wie Aktien. Diese Anteile können an den Nachfolger verkauft oder unentgeltlich, zum Beispiel im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge, übertragen werden. Als Wert wird zugrunde gelegt, was ein fremder Dritter dafür bezahlen würde. Ist der Wert nicht bekannt, muss man ihn unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft ermitteln. Wenn Gesellschaftsanteile übertragen werden sollen, sind auch immer handelsrechtliche Vorschriften zu beachten. Man muss unter anderem einen Notar hinzuziehen.
Das Einzelunternehmen wird anhand des Betriebsvermögens bewertet, also anhand der im Betrieb vorhandenen Wirtschaftsgüter wie Anlage- und Umlaufvermögen sowie Schulden und sonstigen Abzügen. Hier können keine einzelnen Anteile übertragen werden. Soll ein Einzelunternehmen zum Beispiel an mehrere Geschwister übertragen werden, kommt es daher zwangsläufig zur Umwandlung in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Was ist bei der Übergabe in der Familie steuerlich zu beachten?
Wenn der Nachfolger früh feststeht, ist es meist steuerlich günstiger, die Gesellschaftsanteile über einen längeren Zeitraum zu übertragen, da ansonsten Steuerfreibeträge verloren gehen können. Man sollte sich gerade bei der Übertragung eines Betriebs innerhalb der Familie frühzeitig steuerlich beraten lassen, um keine wertvollen Freibeträge zu verschenken.
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