Der Bibliotheksschrank präsentiert sich als multifunktionales Leichtgewicht von zeitlos-edlem Design. Hinter seinen elfenbeinfarbenen Türen verbirgt sich, mit amerikanischem Nussbaum furniert, eine variable Ausstattung aus leichten und zugleich überaus belastbaren Materialien – das Ergebnis intensiver Forschungs- und Konstruktionsarbeit in der Berufsakademie Melle.
Der Schrank, der auf Anregung eines führenden Möbelherstellers konstruiert wurde, ist eine der Projektarbeiten, die für die Studierenden der Berufsakademie Theorie und berufliche Praxis verbinden. Die gezielte Integration betriebsnaher Lerninhalte bildet einen wesentlichen Schwerpunkt des dualen Studiums zum Ingenieur Holztechnik (BA). Mit diesem semester- und fächerübergreifendem Jahrgangsprojekt reagiert die BA auf die wachsenden Anforderungen der Industrie an eine praxisnahe Ausbildung.
Die Projektarbeit begleitet die Studenten vom zweiten bis zum abschließenden sechsten Semester. In den Vorlesungsfächern Gestaltung/Konstruktion, Fertigungstechnik und BWL erleichtert sie als praktisches Beispiel den Transfer des Vorlesungsstoffes in den betrieblichen Alltag. Das Jahrgangsprojekt beginnt im zweiten Semester mit ersten Entwürfen. Für den neuen Bibliotheksschrank nahmen gleich drei verschiedene Modelle in verkleinertem Maßstab Gestalt an.
Für den gemeinsam ausgewählten Entwurf entstanden im dritten Semester die erforderlichen technischen Zeichnungen, Stücklisten und Arbeitspläne. Einzelne Teile wurden vorgefertigt und gezielten Belastungsproben unterzogen. Die Wahl von Balsa Lightwood der Firma Moralt als Korpusmaterial stellte die Studenten vor besondere Herausforderungen. Denn herkömmliche Schraubverbindungen erwiesen sich wegen des weichen Materials als denkbar ungeeignet, das Gewicht der einzustellenden Bücher zu tragen. In ausgedehnten Versuchsreihen fanden die Studenten mit 80 mm langen Einschraubmuttern der Firma Rampa eine ebenso kreative wie funktionale Lösung.
Der Anfertigung eines Prototyps oder – bei kleineren Projektarbeiten – einer Nullserie zur Simulation der betrieblichen Serienanfertigung dient das vierte Semester. Der Bibliotheksschrank wurde im Fach Fertigungstechnik in zwei Funktionsvarianten gebaut: Das Modul „Sekretär“ erhielt neben verschließ- baren Regalabteilen auch eine ausklappbare Schreibtischplatte. Das Modul „Bar“ verfügt dagegen über eine Spiegelrückwand sowie praktische Flaschen- und Glashalterungen. Das fünfte Semester steht für die Studenten ganz im Zeichen der betriebswirtschaftlichen Auswertung ihres Produktes. In den Vorlesungen Controlling und Marketing verarbeiten sie die zuvor gewonnenen Daten weiter. Vertriebswege und Kundenkreis sind ebenso in den Blick zu nehmen wie die genaue Preiskalkulation.
Das Jahrgangsprojekt endet im sechsten Semester mit der Planung einer geeigneten Produktionsstätte. Welche Anforderungen werden an die Fertigungstechnik gestellt? Welche Maschinen und wie viele Mitarbeiter werden für die Umsetzung in der Serienproduktion benötigt? Neben der detaillierten Planung der Fabrik widmen sich die Studenten zugleich der Erstellung eines Businessplanes.
In der Berufsakademie ermöglichen Kooperationen mit externen Partnern die realitätsnahe Umsetzung der Projekte. Wiederholte Präsentationen binden die Partnerbetriebe in den Projektverlauf ein. Die im Jahrgangsprojekt demonstrierte Verzahnung von Theorie und Praxis ist kennzeichnend für die gesamte duale Ausbildung: Vor Beginn ihres Studiums schließen die Studenten einen Studienvertrag mit einem Ausbildungsbetrieb der Holz verarbeitenden Branche ab. In jedem Halbjahr ergänzt dann ein zwölfwöchiger Studienblock die betriebliche Ausbildung. ■
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