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Tischlerhandwerk unter Druck

NRW: Behördenwillkür am Rhein
Tischlerhandwerk unter Druck

Wenn es nach dem Willen des Staatlichen Umwelt-amtes Köln (StUaK) geht, dann droht dem Tischlerhandwerk ein neuer Konflikt von existenzieller Bedeutung für viele Betriebe: Sie sollen zum ausschließlichen Einsatz von Wasserbasislacken gezwungen werden.

Seit Ende 2001 sorgt das StUaK für große Unruhe unter Tischlerbetrieben. Grund sind Besuche mit an-schließenden Revisionsschreiben, in denen die Betriebe ultimativ aufgefordert werden, bei Lackierarbeiten „grundsätzlich Wasserbasislacke einzusetzen“ und die Umstellung „unverzüglich durchzuführen“. Als Begründung wird angeführt, dass der Austausch von konventionellen Lacken gegen Wasserlacke eine erhebliche Reduzierung der Lösemittelemissionen ergibt und als „Stand der Technik anzusehen“ ist.

Für Praktiker, die relevanten Verbände und die meisten Hersteller ist diese Einschätzung unverständlich. Fachleute sprechen bereits von „Behördenwillkür“. Soweit geht der Tischler-Fachverband NRW noch nicht, wendet sich aber ganz entschieden gegen die ultimative und kompromisslose Vorgehensweise des StUaK. Vor allem aber entspreche die Begründung, dass Wasserlacke „Stand der Technik“ seien, „nicht den Tatsachen und realen Gegebenheiten“, so der Fachverband in einer umfangreichen Stellung-nahme gegenüber dem NRW-Umweltministerium. Die oberste Aufsichtsbehörde ist eingeschaltet, weil das StUaK seine Auffassung über das Ministerium landesweit angewendet sehen will. „Wir haben es dann mit einem Flächenbrand zu tun, der sich schnell auch bundesweit ausbreiten wird und in seiner Brisanz der Holzstaub-Hysterie vor einigen Jahren entspricht“, fürchtet Dieter Roxlau, Hauptgeschäftsführer des Tischler-Fachverbandes NRW.
Dabei stellt der Fachverband gar nicht in Abrede, dass Wasserlacke für die Oberflächenbehandlung von Holz und Holzwerkstoffen schon seit längerer Zeit und in Teilbereichen mit Erfolg eingesetzt werden, „vorwiegend jedoch im industriellen Bereich“. Im Handwerk beschränkten sich die Einsatzmöglichkeiten im Wesentlichen auf die Oberflächenbehandlung von Außenbauteilen sowie zum Teil auf Holzfußböden und den Treppenbau. Im Bereich des Möbel- und Innenausbaus gebe es aber „Anwendungsgrenzen, die einem universellen Einsatz dieser Systeme bei gleichbleibender Oberflächenqualität entgegenstehen“.
Unterstützt wird diese Einschätzung durch den Verband der deutschen Lackindustrie, der ebenfalls feststellt, dass sich wasserbasierte Lacksysteme nicht für jede Anwendung einsetzen lassen, und man folglich auch nicht davon sprechen könne, dass „generell nur Wasserlacke dem Stand der Technik entsprechen“. Selbst Hersteller, die an einem Einsatz auf breiter Front interessiert sind, schränken ein: „Natürlich arbeiten wir seit Jahren intensiv daran, Wasserlacksysteme zu optimieren. Durchaus mit Erfolgen, aber insbesondere bei der handwerkstypischen Verarbeitung stoßen wir noch immer an Grenzen. Eine generelle Anwendung ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Sie anzuordnen verkennt völlig die Situation“, sagt z. B. Willi Hellmann, Prokurist der Firma Hesse-Lignal.
Differenzierte Betrachtungsweise
Gegenüber dem Umweltministerium verweist der NRW-Fachverband auf zahlreiche produktionstechnische Schwierigkeiten mit Wasserlacken: Längere Trocknungszeiten, stärkere Aufrauung des Holzuntergrundes, höherer Schleifaufwand oder Frostem-pfindlichkeit. Auch die notwendigen Rahmenbedingungen bei der Verarbeitung entsprächen nicht den Gegebenheiten im einzelfertigenden Handwerk.
Vorbehalte bestehen auch im Hinblick auf Optik und Haptik von Wasserlacksystemen, wie z. B. schlechtere Anfeuerung oder geringere Glanzgrade. Dies entspreche sehr häufig nicht den Erwartungen und der Akzeptanz der Kunden, wie die Erfahrungen qualifizierter Sachverständiger zeigten. Nach Ansicht von Horst Wild, Leiter der Betriebsberatungsstelle beim Fachverband, führt eine „erzwungene“ Anwendung von Wasserbasislacken zwangsläufig zu „vermehrten Reklamationen und damit verbundenen kostenträchtigen Nachbesserungsarbeiten bzw. Neuanfertigungen bis hin zu Schadensersatzforderungen“.
Dennoch legt er größten Wert auf die Feststellung, dass man die Vorteile und die Verwendung von Wasserlacken nicht grundsätzlich in Zweifel ziehe. Ihr Beitrag zur Reduzierung der Lösemittelemissionen in Tischlereien ist unbestritten. Aber nicht, indem ihr Einsatz entgegen allseits anerkannten Einschränkungen generell erzwungen werde. „Im übrigen unterstützen wir seit vielen Jahren alle Bemühungen, um einen effektiven Umweltschutz und versuchen, die Einsatzmöglichkeiten von Wasserlacken im Tischlerhandwerk zu vergrößern.“
Existenz bedrohende Forderungen
Nicht nur durch die Anordnung des Wasserlackeinsatzes, sondern auch bei den Ableitbedingungen für die Abluft bei Lackierarbeiten bringt das Amt Tischlerbetriebe in arge Bedrängnis. Werden Wasserbasislacke eingesetzt, fordert das Umweltamt entsprechend der TA-Luft eine Kaminhöhe von 3 Meter über Dachfirst, mindestens aber 10 Meter über Flur. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben.
Nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht hingegen das Vorgehen der Behörde, wenn in einem Unternehmen „ausnahmsweise“ oder aus anderen Gründen Lösemittellacke verarbeitet werden. Dann verlangt das StUaK nämlich als Mindestbedingungen, dass der Schornstein die Wohngebäude im Umkreis von 50 Metern um 5 Meter überragen müsse. Als Grundlage zieht das Umweltamt eine VDI-Richtlinie heran, die allerdings lediglich em-pfehlenden Charakter hat, keine Rechtsgrundlage ist und zudem vorrangig industrielle Bedingungen regelt. „Je nach angrenzender Wohnbebauung können Kaminhöhen von 20 Metern und mehr erforderlich werden“, weiß Wild. „Dadurch können Kosten zwischen 7500 und 20 000 Euro entstehen.“
Versuche des Fachverbands, das Umweltamt zu einer anderen Vorgehensweise zu bewegen, waren bislang ohne Erfolg. „Wir setzen nun auf die Bereitschaft im Umweltministerium, sich mit unseren Argumenten unvoreingenommen auseinander zu setzen“, sagt Hauptgeschäftsführer Dieter Roxlau. „Der ultimativ und generell erzwungene Einsatz von Wasserlacken muss vom Tisch.“
Ralf Bickert
Fachverband des Tischlerhandwerks
Nordrhein-Westfalen
Was tun als Betroffener?
Betroffenen Mitgliedsbetrieben empfiehlt der Tischler-Fachverband NRW dringend, Kontakt mit der Beratungsstelle des Verbandes aufzunehmen. Hilfestellung bieten die Berater sowohl bei der Überprüfung und ggf. Abwehr konkreter Forderungen des Staatlichen Umweltamtes, bei Fragen der Umsetzung anlagentechnischer Veränderungen sowie bei der Anwendung von Wasserlacken. Gegenüber Revisions-schreiben des Umweltamtes, in denen die grundsätzliche Umstellung auf Wasserlacke angeordnet wird, rät der Verband zum rechtlichen Widerspruch. Auch dazu erhalten Betriebsinhaber Unterstützung beim Tischler-Fachverband NRW44137 DortmundTel 02 31/91 20 10-0Fax ~/91 20 10-10E-Mail: nrw@tischler.d
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