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„Voll durchgeblickt“

Pilotprojekt: Realschülerinnen in technischen Ausbildungsberufen
“Voll durchgeblickt”

“Wenn man etwas herstellt, ist man irgendwie stolz auf sich” und “Da bin ich ständig auf Trab und sitze nicht herum”, antworteten pfiffige Realschülerinnen auf die Frage, was ihnen am Schreinerberuf denn gut gefalle. Stolz können die 13 Mädchen aus der 9. Klasse schon jetzt sein: Innerhalb von vier Tagen fertigten sie im Rahmen des Projekts “Mädchen stehen ihre Frau – Realschülerinnen in technischen Ausbildungsberufen des Handwerks” ein Wandregal aus Kiefernholz.

Das Pilotprojekt im Südschwarzwald wurde möglich durch die Zusammenarbeit der Monfort-Realschule in Zell im Wiesental, der Gewerbe Akademie Schopfheim und der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Wie der Leiter der Gewerbe Akademie Arno Baumann erklärte, seien 77 % der Mädchen in nur 25 Berufen anzutreffen, ihnen ständen folglich noch viele Berufsfelder offen und so gälte es, sie vermehrt für den handwerklich-technischen Zweig zu gewinnen. Gerade das Handwerk mit seinen ständig steigenden Anforderungen suche immer mehr seinen Lehrlingsnachwuchs auch in den Realschulen, sprich mit dem Abschluß mittlere Reife. Weiter erhoffe er sich von dieser Aktion u.a. eine engere Zusammenarbeit mit dem Oberschulamt, dem örtlichen Schulamt, den Schulen, Eltern, Schülern und der Öffentlichkeit. Auf Seite der Realschule sorgten Realschulassessorin Janine Regel-Zachmann und Realschullehrer Heiner A. Baur für einen reibungslosen Ablauf. U.a. ist es ihrer Initiative und ihrem Engagement zu verdanken, daß das richtungsweisende Projekt durchgeführt werden konnte. Sich in einer immer unübersichtlichen Berufswelt orientieren zu können, sei eine wichtige Schlüsselqualifikation, sagte Baur.
Das Projekt war in verschiedene Teile gegliedert: Im Rahmen des Schulunterrichts wurden theoretische Grundlagen geschaffen und in der praktischen Projektwoche an der Gewerbeschule das Regal erstellt. Ein dritter Baustein bildete ein mehrtägiges Seminar “Frauen in der Verantwortung – Frauenpower gestern, heute, morgen”. Diesen Abschnitt gestaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung.
In den Fächern Technik, Mathematik und Gemeinschaftskunde wurden Stücklisten erstellt, Massen ermittelt und kalkuliert. Auch Holzwirtschaft, Holzbearbeitung und Oberflächenbearbeitung waren Themen.
Die “Muckis” kommen mit der Zeit
Um den Schülerinnen am praktischen Beispiel darzustellen, daß es Frauen im Schreinerhandwerk gibt, wurde eine Schreinermeisterin eingeladen. Zusammen mit Innungsmeister Gerhard Rümmele stellte sie sich den Fragen der Schülerinnen: Was muß man als Schreiner überhaupt tun? Ist der Beruf schwer? Wie reagieren die Männer? Und, Hand aufs Herz, gab es Situationen, in denen Sie Ihren Beruf an den Nagel hängen wollten? Und die Meisterin erzählte den Mädchen, daß die Arbeit schon manchmal schwer sei, man aber mit der Zeit auch “Muckis” bekomme. Daß die Kunden manchmal alles besser wüßten und daß es schon Dinge gibt, die ihr als Frau “stinken” würden, aber insgesamt sei es doch ein klasse Beruf. Gerhard Rümmele fügte hinzu: “Frauen nehmen die Arbeit ernster, die Kerle nehmen vieles einfacher hin.” Und schließlich würden Mädchen die Moral heben, da benähmen sich die Jungen einfach besser.
Vom Baum bis zum fertigen Regal
Die praktische Projektwoche begann mit einer Waldbegehung. Forstamtdirektor Gerhard Rieger machte die Schülerinnen mit der Waldwirtschaft und dem Rohstoff Holz bekannt. Sogar ein Baum wurde gefällt, ein Ereignis, das man sicher nur selten zu sehen bekommt. Anschließend besichtigten die Mädchen eine Sägerei, der nächsten Bearbeitungsstufe, die das Holz auf seinem Weg in die Schreinerei nimmt.
Am nächsten Tag nahm Schreinermeister Werner Grömminger in der Schreinerei der Gewerbe Akademie ein Brett aus dem Holzlager und die Schülerinnen konnten verfolgen, welche Arbeitsgänge nötig sind, bis das ausgehobelte und fertig zugeschnittene Brett daliegt.
Als Werkstatt und Maschinen erklärt waren, konnte die Arbeit losgehen: Das Material war gerichtet, das Werkstück hatte Herr Grömminger an die Tafel gezeichnet und die Mädchen begannen, Schrägen an die Seiten zu sägen und sie dann mit der Feile zu glätten. Dann mußten Ober- und Unterboden mit Fingerzinken versehen und Löcher in die Seiten gestemmt werden. Der Mittelboden wurde nach einer Einweisung unter Aufsicht an der Langloch- und der Ständerbohrmaschine gedübelt. Anschließend die beiden Mittelseiten dübeln, die Rückwand einfälzen und am Freitag mittag hatte jede ihr Stück fix und fertig vor sich stehen.
Fix und fertig?
Ob auch die Mädels fix und fertig waren? Werner Grömminger sprach seinen kurzfristigen “Schreinerstiften” ein großes Lob aus: “Sie blickten voll durch!” Zwei oder drei hätten es sogar noch geschafft, eine Schublade zu fertigen, meinte er. Auf die Frage, was ihr als Schreinerin wohl schwer fallen würde, sagte Eine selbstbewußt: “Das hat jetzt nichts mit Einbildung zu tun, aber im Moment fällt mir echt nichts ein!” Klar, einige hatten auch ganz schön zu knabbern. Einfach war es bestimmt nicht für die Mädchen, von denen nur ein kleiner Teil am Fach Technik teilnimmt und dort praktische Erfahrungen gesammelt hat. Und so gab es auch andere Rückmeldungen: “Das Sägen! Mein Handgelenk läßt grüssen . . . ” Manche schätzten die Lage ganz realistisch ein: “Anfangs würde mir bestimmt einiges schwerfallen, aber mit der Zeit würde ich es lernen”, “Das genaue Arbeiten ist schwierig” und “Es sind wahnsinnig viele Informationen, die man in diesem Beruf braucht.”
Aber auch ein wenig Angst ist dabei, daß es Vorurteile gibt,eine Frau nicht ernst genommen oder als Objekt angesehen wird.
Fazit
Die Lernkooperation von Realschule und Gewerbeakademie ist sicherlich richtungsweisend und beispielgebend. Es wird angestrebt bis zum Jahr 2001 alle Realschulen im Landkreis Lörrach mit einzubeziehen. Aber Wellen schagen könnte das Pilotprojekt auch über die Landkreisgrenzen hinaus . . .
Regina Adamczak
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