Eines gleich vorweg: Mit der lange angekündigten und notwendigen Reform der Meisterprüfungsverordnung, wurde ein Schritt in die richtige Richtung getan. Technische Entwicklungen sowie die Verschiebung des wirtschaftlichen Schwerpunktes rücken die Kunden- und Serviceorientierung des Schreinerhandwerks immer mehr in den Vordergrund. Dies erfordert auch in der Meisterprüfung völlig neue Ansätze und Qualifikationen, auf die die Prüflinge während der Ausbildung gezielt vorbereitet werden müssen. Daraus ergibt sich für die Meisterschulen: Weg von der Vermittlung reinen Faktenwissens hin zur Struktur des handlungsorientierten Lernens.
Im Teil I der Meisterprüfung werden Kompetenzen des betrieblichen Alltags eines Schreinermeisters, also technische, organisatorische und soziale Qualifikationen, geprüft. Die im Rahmenlehrplan hierfür genannten Qualifikationsschwerpunkte und die daraus resultierenden Kompetenzen, werden im eineinhalbjährigen Unterricht an der Meisterschule München weitgehend handlungsorientiert erworben. So sind bei der Anfertigung eines Projektmöbels im 2. Semester konkrete Problemstellungen von den Schülern zu lösen, z. B. Herstellung einer Schablone zum Formatieren gebogener Werkstücke an der Tischfräse. Die Bearbeitung des Problems geschieht in kleinen Gruppen bis zu 5 Schülern. Durch die Auseinandersetzung im Team werden die Sozial- und Personalkompetenz ebenso geschult, wie die Fachkompetenz durch das Anwenden der Infomaterialien. Die Ergebnisse der Gruppenarbeiten werden im Anschluss an die Erarbeitungsphase von den einzelnen Gruppen präsentiert, hierbei wird die im Kundengespräch unerlässliche Personalkompetenz gestärkt. Das Anwenden des erlernten Wissens auf ähnliche Problemstellungen (Transferaufgaben) sichert die Kompetenzen beim Schüler und es kann durch fächerübergreifende Unterrichtsgestaltung ein Gesamtzusammenhang einer komplexen Aufgabe hergestellt werden.
Der Teil II der MPVO besteht jetzt aus vier so genannten Handlungsfeldern, in denen jeweils mindestens eine Aufgabe fallorientiert sein muss. Wobei es zu beachten gilt, dass die Handlungsfelder nicht aufeinander aufbauen, sondern jeweils einem Handlungsfeld eine ausführliche Behandlung eines Themas zukommt. Dies erfordert natürlich eine genaue Absprache der Lehrkräfte untereinander. Zweckmäßig ist in diesem Fall die Bildung von Fachteams der Lehrkräfte. Dadurch wird gewährleistet, dass keine Überschneidungen bei der Vermittlung der Unterrichtsinhalte entstehen.
Im Gestaltungsunterricht werden dabei die unterschiedlichsten Themen behandelt, die auch in der Meisterprüfung zu erwarten sind. Eine konkrete Aufgabe ist z. B. die Planung einer Garderobe. Dazu werden während des Unterrichtes Entwürfe, Perspektiven, Material- und Farbcollagen und natürlich Werkzeichnungen erstellt. Im offenen Unterrichtsgespräch werden Fragen zur baulichen Problemstellung, Konstruktion und Materialauswahl erörtert. In der Arbeitsvorbereitung wird dieser Innenausbau kalkuliert und ein Angebotsschreiben erstellt. In der Meisterprüfung müssen die Prüflinge selbstverständlich nur bestimmte Teile einer solch umfassenden Aufgabenstellung bewältigen. Denn auch das ist Realität: die Zeit wird immer knapper. Die Zeit für die Anfertigung von Innenausbauzeichnungen wurde halbiert. Mit der Umbenennung der bisherigen Prüfungsfächer in die Handlungsfelder wird die starke Praxisorientierung deutlich, die den Prüfling vor die Situation stellt, in der er eine Problemstellung analysieren und bewerten muss, sowie geeignete Lösungswege aufzeigen und dokumentieren kann. Ein durchaus vernünftiger Bezug zur betrieblichen Wirklichkeit.
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