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Wasserlacken gehört die Zukunft

Lösemittel-Emissionen im Schreinerhandwerk
Wasserlacken gehört die Zukunft

Wie lassen sich Lösemittel-Emissionen im Schreinerhandwerk mit einfachen Mitteln reduzieren? Antworten auf diese Frage vermittelt ein vom Verkehrs- und Umweltministerium Baden-Württemberg initiiertes Pilotprojekt, dessen Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz zur Fachmesse “Euroholz 2000” in Stuttgart vorgestellt wurde.

Die meisten Handwerksbetriebe kennen das Problem: Die Abdunstung von Lösemitteln gefährdet die Gesundheit der Anwender und ihr Geruch verärgert die Nachbarn. Weil sie zudem zur Bildung von bodennahem Ozon beitragen, sollen die Emissionen von flüchtigen Kohlenwasserstoff-Verbindungen (sog. VOC = volatile organic compounds) bei der Lackverarbeitung spürbar gesenkt werden. Rund 400 000 Tonnen VOC aus Lackmaterialien gehen Jahr für Jahr in Deutschland in die Luft; allein aus baden-württembergischen Schreinereien entstehen ca. 5000 Tonnen pro Jahr. Über zwei Drittel dieser Lösemittel stammen aus bislang “nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen”, wie sie u. a. für Betriebe des Holzhandwerks typisch sind. Auch wenn die zu erwartenden, verschärften Auflagen der neuen Lösemittelricht-linie aller Voraussicht nach nicht alle Schreinereien und in vollem Umfang treffen: Vor dem Hintergrund der Probleme der Ressourcenschonung, der Ozonbildung, des Arbeitsschutzes und der Luftreinhaltung ist sicherlich Handlungsbedarf gegeben.

Dazu Staatssekretär Stefan Mappus vom baden-württembergischen Ministerium für Umwelt und Verkehr (UVM) anlässlich der Präsentation der Projektergebnisse: “Eines der wichtigsten umweltpolitischen Ziele des Landes ist, durch die Verbreitung innovativer Techniken die Umweltauswirkungen von Industrie und Gewerbe noch verträglicher zu gestalten.”
Das Ministerium war deshalb mit den Schreinereien, den Handwerkskammern und -verbänden im Land eine kooperative Partnerschaft eingegangen. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut IPA, Stuttgart, dem Umweltzentrum für Handwerk und Mittelstand e.V. und mit dem Landesverband Holz + Kunststoff, Baden-Württemberg, suchten sie in dem im Sommer 1998 gestarteten Projekt “Nutzbarmachung des VOC-Minderungspotenzials im Schreinerhandwerk” nach Wegen, praktikable Alternativen zu lösemittelhaltigen Lacken verstärkt in die Betriebe zu tragen und sie zu deren Anwendung zu motivieren.
Eine wichtige Alternative stellen mittlerweile Wasserlacke dar. Aufgrund ihrer Zusammensetzung und der heute vorliegenden Qualität sind sie lösemittelhaltigen Lacken in Bezug auf ihre Verarbeitbarkeit und die Gebrauchseigenschaften ebenbürtig. Trotzdem haben noch immer viele Handwerker Vorbehalte gegenüber Wasserlacken – sie befürchten eine unzureichende Oberflächenqualität oder lange Trocknungszeiten. Denn bei den häufig noch immer üblichen Trocknungsbedingungen kann es mit nicht ausreichender Belüftung eine dreiviertel Stunde und länger dauern, bis ein mit Wasserlack beschichtetes Werkstück soweit getrocknet ist, dass kein Staub mehr auf seiner Oberfläche haftet. Die daraus entstehenden Qualitäts- und Zeitprobleme lassen viele Schreiner zu den schneller trocknenden Lösemittellacken greifen. Das Projekt zielte darum einerseits darauf, Schreinereien Verarbeitungs- und Entscheidungshilfen für die emissionsärmere Gestaltung ihrer Lackierarbeiten an die Hand zu geben und andererseits das Hauptproblem der Trocknung zu lösen.
Einsatz von Wasserlacken in Schreinereien
Die bestehende Situation beim Einsatz von lösemittelarmen Oberflächenbeschichtungssystemen in Schreinereien aufzuarbeiten, das Zusammenspiel der Einflussfaktoren und Akteure zu bewerten und Randbedingungen für eine nachhaltige Umstellung aufzuzeigen waren Ziel und Aufgabe des ersten Teilprojekts. Ausgewählte Schreinereien testeten in einer Praxisphase die Wasserlackverarbeitung unter realen Bedingungen. Als ein Hauptproblem zeigte sich die Trocknung. So führten z. B. lange Trocknungszeiten zu erhöhtem Platzbedarf, Staubeinschlüsse in den Oberflächen ließen sich nur schwer verhindern und Liefertermine verzögerten sich. Abgesehen davon zeigte sich jedoch auch schnell, wie breit sich Wasserlacke inzwischen einsetzen lassen, wenn man sie richtig verarbeitet. In den meisten Anwendungsfällen schützen sie das Holz genauso gut wie lösemittelhaltige Lacke.
Als zentrales Ergebnis dieses Projekts hat das Projektteam in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Fachleuten die »Verarbeitungsempfehlungen für Wasserlacke« erarbeitet. Sie enthalten Erfahrungen, Tipps und Hinweise von der Auftragsvorbereitung bis hin zur Reinigung der Applikationsgeräte und sind in dieser Form ein Novum unter den vielfältigen Informationen zum Umgang mit Wasserlacken. Die am Projekt beteiligten Schreiner haben den konkreten Praxisbezug dieser Verarbeitungsempfehlungen durchweg gelobt.
Trocknung von Wasserlacken beschleunigt
Die längeren Trocknungszeiten von Wasserlacken sind ein wesentliches Hemmnis für deren Einsatz in Schreinereien. UV- oder Infrarot-Trocknung scheitert meist an den hohen Investitionskosten.
Das zweite Teilprojekt hatte deshalb zum Ziel, ein einfaches und praxistaugliches System zu entwickeln, das die Trocknungszeiten deutlich reduziert. Unter dieser Vorgabe entwickelte das Projektteam eine Druckluft-Belüftungseinrichtung für die in Schreinereien üblichen Hordenwagen. Die Tests ergaben, dass sich die Trocknungszeiten im belüfteten Hordenwagen bei 1 K-Wasserlack um bis zu 80 % verkürzen lassen. Bereits nach weniger als zehn Minuten sind die Platten staubtrocken und nach weniger als 50 Minuten schleifbar. Auch Risse im Lack und andere Schäden lassen sich mit dem belüfteten Hordenwagen vermeiden, wenn der Anwender das “Prozessfenster” einhält: Die Zuluft muss zwischen 20 und 40 °C warm sein, die relative Luftfeuchtigkeit darf ca. 70 % nicht überschreiten und die Strömungsgeschwindigkeit an der Oberfläche der Teile muss zwischen 0,5 und 1,5 m/s liegen. Der am Fraunhofer IPA gebaute und getestete Prototyp braucht pro Minute ca. 250 Liter Druckluft. Damit liegt er in einer gut handhabbaren Größenordnung. Die Belüftungseinrichtung ist so einfach konstruiert, dass sie interessierte Schreiner mit handelsüblichen Teilen selbst nachbauen können. Die Materialkosten für den Prototyp der Belüftungskomponente lagen bei etwa 800,- DM, es geht aber auch noch deutlich billiger. Die Bauanleitung ist als Teil des Projektberichts beim Umweltministerium Baden-Württemberg erhältlich.
Praxisgerechte Lösemittelbilanzierung
Auch kleinere Schreinereien werden sich künftig mit den Lösemittelemissionen ihrer Lackierung auseinandersetzen müssen. Zentrales Instrument ist hierbei die Bilanzierung des Lösemittelverbrauchs und der -emissionen: Welche Menge an lösemittelhaltigen Lacken oder Beizen führt zu welchen Emissionsmengen?
Unter diesen Vorgaben entwickelte das Projektteam eine eigenständige EDV-Lösung speziell für Schreinereien. Dieses Bilanzierungsprogramm ermöglicht die Berechnung aller im Betrieb entstehenden Lösemittelemissionen, den Vergleich mit Alternativen und die Abschätzung von Kosteneffekten. Die Lackierdaten werden in das Bilanzierungsprogramm auf Excel-Basis eingegeben und als Ergebnis stehen Tabellen und Balkendiagramme zur Verfügung, die auf einen Blick Lösemittelmengen, Materialverbrauch und Kosten zeigen. So kann man auch durchspielen, wie sich Alternativen im Vergleich zur bestehenden Situation auswirken. Das Programm ist zudem ein Wissensspeicher: Es enthält eine ganze Reihe von Erfahrungswerten beispielsweise zu Auftragsmengen bei den einzelnen Lackierverfahren. Mit den ermittelten Daten können letztlich fundierte Entscheidungen über eine emissionsärmere Gestaltung beim Lackieren getroffen werden.
Die ausführlichen Projektberichte mit der Bauanleitung für den Hordenwagen und das Lösemittelbilanzierungsprogramm sind beim Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg zu erhalten:
Ministerium für Umwelt undVerkehr Baden-Württemberg
– Broschürenversand –
Postfach 10 34 39
70029 Stuttgart
Fax 07 11/1 26-28 80. o
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