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Bieterschutz verbessert

Vergabe öffentlicher Aufträge: Die neue Rechtslage *
Bieterschutz verbessert

Bieterschutz verbessert
Die Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die im vierten Teil die Paragraphen des Gesetzes zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergaberechtsänderungsgesetz – VgRÄG) enthält, ist am 1. Januar 1999 in Kraft getreten. Eine fundamentale Neuerung des Vergaberechts ergibt sich hinsichtlich des Rechtsschutzes im Vergabeverfahren und der daraus resultierenden Schadensersatzregelungen, da der Bieterschutz explizit in einem formellen Gesetz (§§ 97ff. GWB) geregelt ist.

Das Gesetz wurde mit dem allgemeinen Interesse an einem zügigeren Vergabeverfahren begründet. Außerdem soll es einem wirtschaftlichen Einkauf und sparsamer Verwendung öffentlicher Gelder dienen.

Allerdings gelten die Änderungen nur für Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte (siehe Abb.2). Durch diese Regelung ist die bisherige Trennung des Vergaberechts in Verfahren unterhalb und oberhalb der Schwellenwerte verstärkt und das ohnehin komplexe Vergaberecht noch unübersichtlicher gestaltet worden.
Die bisherige Situation
Bislang war das deutsche Vergaberecht in Verbindung mit den einzelnen Verdingungsordnungen Bestandteil des Haushaltsrechtes der öffentlichen Hände. Diese Lösung räumte einem Unternehmer allenfalls in Ausnahmefällen subjektive Rechte ein. Folglich konnte ein potentieller Bieter einen Verstoß des Auftraggebers gegen das Vergaberecht nicht gerichtlich geltend machen.
Dem Unternehmer blieb lediglich die Möglichkeit, sich an die Vergabeprüfstelle zu wenden. Diese überprüfte, ob die Vergabevorschriften und die ergänzenden Regelungen des Vergaberechtes eingehalten wurden. Sie konnte die Vergabestelle verpflichten, eine rechtswidrige Vergabe aufzuheben und rechtmäßige Maßnahmen zu treffen. Außerdem konnte der Vergabeüberwachungsausschuß, der auf Landesebene in der Regel bei den Ministerien und auf Bundesebene beim Bundeskartellamt angesiedelt ist, die Entscheidung der Vergabeprüfstellen kontrollieren. Eine Sachverhaltsermittlung erfolgte nicht.
Die “Einbettung” des Vergaberechts in das Haushaltsrecht stieß bei der Europäischen Kommission und beim Europäischen Gerichtshof auf deutliche Kritik. Außerdem drängten die USA auf einen verbesserten Bieterschutz in Deutschland.
Die neue Situation
Eine entscheidende Neuerung ergibt sich aus § 97 Abs. 7 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB: Danach hat ein Unternehmen einen einklagbaren Anspruch darauf, daß der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält.
Allerdings ergibt sich auch (§107 Abs. 2 GWB), daß nur ein Anspruch auf Einhaltung derjenigen Vorschriften besteht, die dem Unternehmen sogenannte subjektive Rechte, einräumen. Dies sind Rechte, welche nicht nur die Allgemeinheit betreffen, sondern auch dem Interesse des Einzelnen dienen.
Welche Verfahrensvorschriften den Unternehmen Rechte einräumen, regelt das GWB nicht. Folglich bleibt es der Vergaberechtsprechung vorbehalten, die erforderliche Präzisierung vorzunehmen. Dies betrifft vermutlich:
• Diskriminierungsverbot von Unternehmen (§ 97 Abs. 2, 4 und 5 GWB, § 2 Nr. 1 und 2, § 8 und § 8 a VOB/A)
• Berücksichtigung mittelständischer Interessen durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose (§ 97 Abs. 3 GWB und § 4 Nr. 2 und 3 VOB/A)
• Vorrang des offenen Verfahrens (§ 101 Abs. 5 GWB und § 3 a Nr. 2 VOB/A)
• Einhaltung der Schwellenwerte (§ 1 a VOB/A)
• Pflicht zur Leistungsbeschreibung (§ 9 und § 9 a VOB/A)
• Ausschreibungs- bzw. Bekanntmachungsverpflichtung (§ 17 a VOB/A)
• Pflicht zur Einhaltung der Angebotsfrist (§ 18 a VOB/A)
• Aufhebung der Ausschreibung (§ 26 a VOB/A)
Das Vergabeverfahren (§§ 97-101 GWB)
Die Vorschriften des VgRÄG gelten ausschließlich für Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte (Höhe der Schwellenwerte vgl. Abb.1). Unterhalb der Schwellenwerte findet eine Nachprüfung nicht statt. Geregelt sind auch die Grundsätze des Vergabeverfahrens. Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers und der öffentlichen Aufträge wird definiert und Auskunft über die Vergabearten gegeben. Diese sind unterteilt in das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren und das Verhandlungsverfahren. Dabei haben öffentliche Auftraggeber grundsätzlich das offene Verfahren, welches im nationalen Bereich der öffentlichen Ausschreibung entspricht, anzuwenden. Es sei denn, auf Grund des neuen GWB ist etwas anderes gestattet.
Das Nachprüfungsverfahren (§§ 97-101 GWB)
Ein Unternehmer kann ein Nachprüfungsverfahren einleiten, wenn ihm durch die Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Das GWB sieht zwei “Instanzen” für ein Nachprüfungsverfahren vor: zum einen die Vergabekammer als Eingangs- und Tatsacheninstanz, zum anderen den Vergabesenat an einem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht gegen Entscheidungen der Vergabekammer. Der Vergabesenat fungiert als Tatsachen- und Rechtsinstanz.
Um ein solches Verfahren vor der Vergabekammer einzuleiten, muß ein Antrag gestellt werden. Antragsbefugt ist ausschließlich ein Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Eine Beteiligung eines Unternehmens an einem Vergabeverfahren ist folglich nicht Voraussetzung. Ein Antrag kann also schon gestellt werden, wenn die Voraussetzungen für ein nichtoffenes Verfahren nicht vorlagen. Der Antrag ist unverzüglich zu begründen.
Die Anrufung der bisherigen Vergabeprüfstellen, die weiterhin erhalten bleiben, ist nicht Voraussetzung für ein Verfahren vor der Vergabekammer.
Über die Frage, ob ein Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist, entscheidet die Vergabekammer in Form eines schriftlichen Verwaltungsaktes. Darüber hinaus trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.
Von besonderer Bedeutung ist der sog. Suspensiveffekt (aufschiebende Wirkung). Dieser bedeutet, daß der öffentliche Auftraggeber “automatisch” den Zuschlag nicht mehr erteilen darf, sobald die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Vergabestelle zugestellt hat. Allerdings kann die Vergabekammer unter bestimmten Bedingungen gestatten, den Zuschlag zu erteilen. Um den Zuschlag zu vereiteln, kann sich ein Unternehmer wiederum mit einem Eilantrag an den Vergabesenat wenden. Allerdings darf ein bereits erteilter Zuschlag von der Vergabekammer nicht mehr aufgehoben werden. In diesem Fall kann auf Antrag eines Beteiligten die Rechtsverletzung zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen festgestellt werden.
Das Verfahren vor der Vergabekammer ist kostenpflichtig. Die Mindestgebühr beträgt 5.000,- DM (aus Billigkeitsgründen auf bis zu 500,- DM ermäßigbar), die maximale Gebühr 50.000,- DM, im Einzelfall bis zu 100.000,- DM.
Gegen die Entscheidung vor der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Über diese entscheidet i.d.R. das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Oberlandesgericht. Bei den Oberlandesgerichten wird jeweils ein Vergabesenat gebildet. Die sofortige Beschwerde muß innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer schriftlich beim Vergabesenat eingelegt und begründet werden. Sie hat aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt) gegenüber der Entschei-dung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Wird also eine Beschwerde fristgerecht eingelegt, so kann der Zuschlag von der Vergabestelle insgesamt vier Wochen lang nicht erteilt werden. Hält der Vergabesenat die Beschwerde für begründet, hebt er die Entscheidung der Vergabekammer auf und entscheidet entweder selbst oder verpflichtet die Vergabekammer, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats, über die Sache erneut zu entscheiden. Das Verfahren vor dem Vergabesenat ist ebenfalls kostenpflichtig. Auf Grund der Anwaltspflicht vor dem Oberlandesgericht müssen zusätzlich die Anwaltskosten berücksichtigt werden.
Sonstige Regelungen
Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Unternehmen verpflichtet, dem Gegner und den übrigen Beteiligten den Schaden zu ersetzen, der diesen durch den Mißbrauch des Antrags- oder Beschwerdegerichts entstanden ist. In der Praxis scheinen diese Mißbrauchstatbestände einem Unternehmer allerdings nur schwer nachweisbar zu sein.
Schadensersatzanspruch
Die für einen Unternehmer bedeutendste Regelung des neuen GWB ist der Schadensersatzanspruch gegen den Auftraggeber. Hat der Auftraggeber gegen eine Vorschrift verstoßen, die den Schutz von Unternehmen bezweckt, und hätte das Unternehmen ohne diesen Verstoß eine echte Chance gehabt, den Zuschlag zu erhalten, so steht dem Unternehmen Schadensersatz zu. Der Schadensersatz kann für die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an einem Vergabeverfahren (Ersatz des Vertrauensschadens) geltend gemacht werden. Außerdem können die Unternehmen weitergehende Schadensersatzansprüche, insbesondere auf Ersatz des positiven Interesses (i.d.R. entgangener Gewinn), vor ordentlichen Gerichten einklagen.
Fazit
Der Gesetzgeber hat ein nicht unumstrittenes Verfahren geschaffen. Insbesondere ist fraglich, ob der Suspensiveffekt (aufschiebende Wirkung) mit seinen Verlängerungsmöglichkeiten ein zügigeres Vergabeverfahren ermöglichen kann.
Außerdem ist deutlich abzusehen, daß das deutsche Vergaberecht in einer Zeit der Angleichung des nationalen an das europäische Vergaberecht weiteren Novellierungen unterzogen wird. n
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