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Der Schatzsucher

Florian Langenbeck
Der Schatzsucher

Als er begann Türen zu sammeln, hat man ihm nicht selten einen Vogel gezeigt. Schatzsucher müsste Florian Langenbecks Berufsbezeichnung eigentlich lauten. Er selber nennt sich mit einem Anflug von Koketterie “Türenhändler ohne Ausbildung”.

Inmitten seines Türimperiums steht der 40-jährige Familienvater und sagt: “Nach dem Abitur habe ich ja nichts Richtiges gelernt.” Gut, Restaurator in einer Schreinerei ist er gewesen, sein Ausbilder allerdings war kein Meister. Und so musste er irgendwann einmal die Entscheidung treffen, ob er künftig für ein paar Mark Möbel restauriert oder eine “eigene Sache” aufzieht. Und die lag auf dem Müll.

Um genau zu sein, auf dem Bauschutt. Jedes Dorf hatte damals, Anfang der 80er Jahre, eine Art Mülldeponie für Baustoffe. Wild durcheinander wurde dort alles abgekippt, was bei einem Hausab- riss anfiel: Sandsteingewände, Fachwerk, Türen und Beschläge zwischen Bruchstein und Beton. Immer wieder war Langenbeck bei Wind und Wetter dort. Immer wieder hat er sich durch Matsch und Betonreste gewühlt und ab und zu “richtig schöne Teile” hervorgezogen. Nur waren die meisten bereits beschädigt durch die Gewalt der Abrissbirnen und Greifzähne der Bagger. Weil Langenbeck schon damals wusste, wie schön ein altes staubiges Brett aussehen konnte, wenn es behandelt war, musste er den Baggern zuvorkommen.
1984 begann er zu sammeln
Gemeinsam mit drei Freunden begann er zu sammeln und es dauerte nicht lange, da war 1984 die bundesweit erste Baustoffrecyclingfirma gegründet. Ohne zu wissen, wie man “das Zeug” wieder los werden könnte, bargen sie alles, was so ein historisches Haus hergab: Fenster, Bodendielen, handgeschlagenes Gebälk, Türen, Beschläge und Dachziegel. Eine “wilde Anfangszeit” erinnert sich Langenbeck: “Eine Hand an der morschen Dachlatte, in der anderen die rasselnde Kettensäge.
Im Zerlegen waren die vier einsame Spitze. In Kürze hatten sie ein Fachwerkhaus säuberlich abgetragen, Balken für Balken, Stein für Stein präzise nummeriert. Das nötige Geschick allerdings, um das Hauspuzzle wieder zusammenzusetzen, fehlte ihnen noch. Vielleicht war das mit ein Grund, warum die Firma nicht so recht florierte. Vielleicht lag es aber auch an den Strukturen innerhalb des Kollektivs: Vier gleichberechtigte Chefs, die zwar alle an einem Strang zogen, doch in unterschiedliche Richtungen. Folglich löste sich die Firma 1988 in Wohlgefallen auf und jeder besann sich auf seine Vorlieben und Stärken.
1993 ist Florian Langenbeck nach Freiburg-Hochdorf umgezogen. Seine Türen und Beschläge hat er allesamt mitgenommen und auf 400 m² Lagerfläche verteilt. Nun muss er nicht mehr umständlich umstapeln, wenn ein Kunde sich für das hinterste Türblatt im Stapel entscheidet. Drei Schreinereien aus der Region arbeiten mit ihm zusammen, restaurieren und montieren die Türen nach seinen Maßen – auch nach neuestem Sicherheitsstandard mit Mehrpunktverriegelung. Die Zeiten der “hochgradigen Selbstausbeutung” sind vorbei. Schon längst nicht mehr muss er sich auf Bauschuttdeponien herumtreiben. Immer wieder wird er mit rostigen und farbbeschmierten Beschlägen versorgt, nachdem er 100 Sammeltonnen an die umliegenden Handwerker verteilt hat. “Meine Adresse auf der Tonne wird – im Gegensatz zu einer Visitenkarte – mit der Zeit so schwer, dass sie nicht mehr verlegt werden kann.”
Gut 5000 Türen sind inzwischen durch seine Hände gegangen. Nicht selten hat man ihm einen Vogel gezeigt mit der Bemerkung: “Verbrenn doch den Müll.” “Heute”, sagt er, “denken viele anders.” Leute, die einen denkmalgeschützten Altbau liebevoll restaurieren oder mit einer alten Tür eine andere Zeit in den Neubau holen wollen, zählen zu Langenbecks Kundschaft.
Die verrücktesten Sachen
“Wer sich hierher verirrt, ist meist sensibel für solches Baumaterial.” Ausnahmen gibt es schon mal; die “Schickeria” will Geld für die verrücktesten Sachen ausgeben. Das kann eine vollverglaste Tür sein, die dann mit barocken Schmiedebändern versehen werden soll. “Glücklicherweise” ist das Vorhaben am Veto eines Handwerkers gescheitert. Für Langenbeck eine Gratwanderung zwischen Geschmack und Geschäft: Meist sei er mehr “Dealer”, bekennt er – Handwerker seien “moralisch reiner”. Aber: “Ein Bauteil sollte auch mit dem Gebäude harmonieren.” Und in der Altbausanierung können Häuser mit historischem Cha-rakter durchaus mit stilistisch passenden alten Türen ergänzt werden.
Mit Denkmalschützern arbeitet er weniger zusammen: “In ein badisches Barockhaus von 1748 darf keine saarländische Tür aus dem Jahr 1722 eingebaut werden, da sind sie meist streng und dashat auch seine Berechtigung.” Langenbecks Kundenkreis ist ein anderer und so verhält er sich “weniger akademisch”.
In manche Stücke “ver-guckt” er sich selber
Inzwischen kennt er alle Handwerker in der Region, vom Glasschleifer über den Polierbetrieb bis zum Beschlägelieferanten. Und wenn ihm irgendwelche Maße fehlen, stöbert er kurzerhand in seinem üppigen Archiv mit Bauzeichnungen und Plänen, die er hat anfertigen lassen. Die Information, die in jeder Türe steckt, wird auf diese Weise “konserviert”, auch über den Verkauf hinaus. Die passenden Beschläge, wie Türbänder, Klinken und Schlösser, hat er zu fast jeder Tür parat. Oft seltene Stücke, in die er sich schon mal “verguckt”. Gar nicht mehr rausrücken möchte er sie dann, wie neulich einen kompletten Satz Türklinken des be-rühmten Bauhausarchitekten Wagenfeld aus den 20er Jahren.
Über den gesammelten “Bauschutt” weiß Langenbeck inzwischen so viel, dass er es in einem Buch niedergeschrieben hat: “Türen, Schlösser und Beschläge als historisches Baumaterial”, erschienen in der Edition anderweit, Suderburg-Hösseringen. Im Internet zeigt er eine Auswahl des aktuellen Angebotes.
Florian Langenbeck hat die Türen und Beschläge nicht genau gezählt, die er bereits verkauft hat. Das eine oder andere Mal hat ihn der Verkauf schon arg geschmerzt. Bildschöne Stücke verschwinden irgendwo im zweiten Stock als Schlafzimmertür, der Öffentlichkeit entzogen. Was aber wäre sonst mit ihnen geschehen? “Ohne mich”, sagt der Türenhändler, “wären 70 bis 80 % unwiederbringlich verloren.”
Christian Oster
Florian Langenbeck
79108 Freiburg
Tel 07 61/13 58 01, Fax ~/13 58 02
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