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Es klappert die Mühle . . .

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Es klappert die Mühle . . .

Ein altes deutsches Volkslied besingt den Klang des Mühlrades im Bachlauf. Ein Geräusch, das heutzutage nicht mehr allzu vielen Menschen vertraut ist. Denn es bewegen sich heute nicht mehr viele Mühlräder in Fluß- oder Bachläufen, vielerorts oft nur noch in Freilandmuseen. Einer, dem das Geräusch ächzender Mühlräder und das Klappern der Mahlgänge nur allzu vertraut ist, ist Eberhard Bohn, Mühlenbauer aus Kirchenkirnberg im Schwäbischen Wald.

Eberhard Bohn ist der Letzte seiner Zunft in Baden-Württemberg. Er hat das Handwerk des Mühlradbaus noch von seinem Vater erlernt, der im Laufe seines langen Lebens etwa 75 Mühlräder gebaut und für den Erhalt vieler weiterer gesorgt hat. Die Aufzeichnungen und Erfahrungen, die Eberhard Bohn im Laufe dieser Arbeitsjahre bei seinem Vater gesammelt hat, sind ihm bis heute wertvolle Quelle und Hilfe bei der Restauration von Mühlrädern.

Frühe Zeugnisse der Nutzung der Wasserkraft gehen bis in das dritte vorchristliche Jahrhundert zurück. Bereits der römische Geschichtsschreiber Vitruv beschreibt neben den durch Mensch- und Tierkraft betriebenen Mühlen das Aufkommen von wasserbetriebenen Mahlwerken. Die Nutzung der wasserbetriebenen Mühlen war so vielfältig wie die jeweiligen Handwerkszweige. Es gab neben Getreidemühlen, auch Mahlmühlen genannt, Säge-, Öl- und Papiermühlen. Die Wasserkraft wurde aber auch als direkte Antriebstechnik für Werkzeuge und Maschinen, zum Beispiel in Drechslereien und Schmiedehämmern, oder zur Fördertechnik im Bergbau oder Salinenwesen eingesetzt.
Der Mühlenbau erforderte zu allen Zeiten ein hohes technisches Wissen. Nicht umsonst gilt er als Vorläufer der späteren Ingenieurwissenschaften: vereint er doch Fachgebiete wie die Fördertechnik, die Strömungsmechanik, den Maschinenbau und insbesondere die Mechanik und Kraftübertragung. Denn nicht nur das Wissen um den Antrieb, sondern auch die Umsetzung und Umlenkung der vom Mühlrad erzeugten Rotationsbewegung in eine nutzbare Arbeitsbewegung zählt zum Fachgebiet des Mühlenbauers. Über Kammräder, Wellen, Lager, Kupplungen oder Riemen und Scheiben wird diese Kraft auf Mahlsteine, Sägeblätter, Stampf- oder Walkwerke, Hämmer oder Pressen übertragen.
Für Eberhard Bohn war der Mühlenbau allerdings in den vergangenen Jahrzehnten eher eine Teilzeitbeschäftigung, denn die Zeiten als ihn sein Handwerk ernährte, sind längst vorbei. Schon zur Zeit seines Vaters war die Zahl der bäuerlichen Kleinmühlen rückläufig. Diese waren mit dem Aufkommen großer, industriell betriebener Mühlen, die oft ein Vielfaches an Mahlleistung der Kleinmühlen besaßen, nicht mehr konkurrenzfähig. Eine zusätzliche Beschleunigung erfuhr das Mühlensterben in den fünfziger Jahren durch eine staatliche Stillegungsprämie, ähnlich der subventionierten Flächenstilllegung in der Landwirtschaft heute. Eberhard Bohn verlegte sich seit dieser Zeit zunehmend auf den, dem Mühlenbau verwandten, Silobau.
Dennoch hat ihn das Thema Mühlenbau bis heute nicht losgelassen, gilt er in Fachkreisen doch als ausgesprochener Experte in Sachen Mühlradbau. Für viele seiner Müller allerdings ist er schlicht „der Mühlendoktor“. Er wird gerufen wenn das Mahlwerk klemmt oder das Mühlrad still steht. Denn der Stillstand des Mühlrades bedeutete ehemals große finanzielle Verluste für den Müller. Heute werden viele Mühlräder, aufgrund allzu schwankender Wasserstände, durch Elektromotoren ersetzt und oftmals nur zur Unterstützung eingesetzt.
Derzeit arbeitet Eberhard Bohn an der Rekonstruktion eines großen Wasserrades in Eichenholz für die Stadt Ulm. Es hat seinen Platz in der Ulmer Stadtmauer und sollte ehemals als Pumprad zur Versorgung der Stadt mit Trinkwasser im Belagerungsfall dienen. Als Vorbild zur Rekonstruktion dienten dabei historische Aufzeichnungen aus städtischen Archiven und Forschungen von Geschichtswissenschaftlern. Der Mühlradbauer Eberhard Bohn verläßt sich dabei allerdings nicht allein auf die Vorgaben der Historiker und Ingenieure, sondern bezieht stets das von seinem Vater erworbene, jahrzehntelang erprobte Wissen um die Geheimnisse des Mühlenbaus mit ein.
Und dieses Wissen läßt sich nicht immer mathematisch begründen und berechnen. Ihm haftet gleichermaßen eine gewisse Mystik an, wie dem gesamten Berufsstand der Müller. Denn auch darüber hat Eberhard Bohn viel zu erzählen, standen doch die Müller in den vergangenen Jahrhunderten nicht immer im besten Ruf, galten gar als unehrlich. Oft wurde ihnen nachgesagt, ihre Kunden, die Bauern, zu übervorteilen oder sich ihren Anteil am Mahlgut allzu großzügig zu nehmen. Solch mystische Geschichten über das Handwerk der Müller, wie auch andere Geistergeschichten und Erzählungen, sind ein weiteres Interessengebiet von Eberhard Bohn.
Seinem eigentlichen Beruf des Mühlenbaus wird Eberhard Bohn wohl auch in Zukunft verstärkt als Hobby nachgehen, denn der 62jährige denkt daran, sein Gewerbe aufzugeben – allerdings nicht seine Beschäftigung mit den Inhalten des Mühlenbaus. Er ist Ausschußmitglied der „Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung“ (DGM) und hält ständig Führungen für interessierte Besuchergruppen. Vor allem während des jährlich am Pfingstmontag stattfindenden Deutschen Mühlentages, bei dem in ganz Deutschland ausgewählte Mühlen zur Besichtigung geöffnet sind.
Derzeit arbeitet Eberhard Bohn an den Vorbereitungen für den Deutschen Mühlentag im Jahr 2000. Dieser findet, auf sein Bestreben hin, im Schwäbischen Wald statt. Er hofft, ein Ereignis diesen Ranges könnte die eine oder andere Gemeinde in der Region dazu veranlassen, Gelder für den Erhalt von Mühlrädern zur Verfügung zu stellen. Dann wäre sicherlich auch sein Handwerk und Wissen um die Geheimnisse des Mühlradbaues wieder gefragt. n
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