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Glas im Verbund mit Rahmenkonstruktionen

Statisch wirksame Klebungen im Fenster- und Fassadenbau
Glas im Verbund mit Rahmenkonstruktionen

Von den Klebungen bei den Verbundkonstruktionen sind die Herstellungsprozesse sowie die Produktkonzeption betroffen. Eine durchgängige Beherrschung der Klebetechnik in Planung, Auslegung und Applikation ist erforderlich, um eine richtige Anwendung auf das Außenwandbauteil Fenster und Fassade zu ermöglichen.

Die Entwicklungen im Fensterbau der letzten Jahre sind u. a. geprägt durch Verbesserungen der wärmetechnischen Eigenschaften. Um einem gestiegenen Kundenbewusstsein gerecht zu werden, ist derzeit die Reduzierung des Wartungsaufwands bei gleichzeitiger Erhöhung der Nutzungsdauer einer Fensterkonstruktion eine der maßgebenden Anforderung von Seiten des Kunden. Herstellerfirmen suchen ihre Chance in neuen Produktionsprozessen und Produktvarianten, um Kosten zu reduzieren. Hierzu werden in jüngster Zeit verschiedenste Wege beschritten und einer dieser Wege ist der Einsatz von Glas als Tragelement über eine statisch wirksame Klebung.

Bei den heute verwendeten Verglasungstechniken ist eine gesicherte Lastabtragung nur in nachgewiesenen Ausnahmefällen gegeben. Eine Weiterentwicklung bestehender Konstruktionen wird in ausgeprägtem Maße erst durch die Klärung des gemeinsamen Tragverhaltens von Glasscheibe-Rahmenkonstruktion möglich werden und zu einem neuen Verständnis für die Aufgabenstellung und die Funktionen des Glaswerkstoffes beitragen. Denn zunehmend wird auch die Eigenschaft einer tragenden Funktion für Glastafelelemente ermöglicht. Diese werden als kraftschlüssig angebundene Tragelemente in die Struktur eingeplant, wodurch Lasten infolge von Windbeanspruchung, Bedienung sowie Eigengewicht abgetragen werden können. Um dieses Potenzial auszunutzen, bedarf es einer sicheren Handhabung der Klebung und eines Berechnungs- bzw. Bemessungskonzeptes, das die Beschreibung des mechanischen Verhaltens einer Verbundkonstruktion ermöglicht.
Die Einführung und Anwendung der Klebetechnologie im Fensterbau ermöglicht beispielsweise unterschiedlichste Verbindungsvarianten bzw. Verbindungspositionen zwischen dem Glasbauteil und dem Rahmen der Konstruktion.
Neben den geometrischen Varianten kann ebenso die Verbindung durch harte und weiche Klebstoffsysteme variiert werden. Des Weiteren ist die Lagerung von Glas durch eine zusätzliche Anordnung von Tragklötzen zur Eigengewichtsabtragung sowie der Einsatz von Adapterrahmen zur vereinfachten Montage in der Konstruktion möglich. Alleine diese Aufzählung einiger ausgewählter Randparameter zeigt die Variabilität der Verbindungstechnik in der Konstruktion. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass eine Abstimmung dieser Randparameter wesentlich zum funktionieren bzw. nicht funktionieren einer Fenster- und Fassadenkonstruktion beiträgt und deshalb eine entscheidende Rolle einnimmt. In diesem Zusammenhang ist die Fragestellung zu beantworten, wie Fenster- und Fassadenkonstruktionen durch den Einsatz eines statisch wirksamen und aussteifenden Glastafelelements betroffen sein können?
Im Fensterbau werden der Flügelrahmen und das Glaselement bisher für die statische Dimensionierung des Fensters überwiegend vernachlässigt. Die Dimensionierung erfolgt am Blendrahmen nach der so genannten „q*l²/8-Statik“ als vereinfachendes und bewährtes Vorgehen im Fensterbau. Der Wunsch, die Flügelrahmen ebenfalls in der statischen Berechnung zu berücksichtigen, ist bislang vielfach gescheitert an der Beschreibbarkeit der Randbedingungen, wie z. B. der Verbundwirkung zwischen Flügel- und Blendrahmen. Die Berechnung der Konstruktion, als System mit nachgiebigem Verbund zwischen Flügel- und Blendrahmen, wird deshalb kaum aufgegriffen. Ein neuer Ansatz ist, dass der Flügelrahmen mit der Glasscheibe durch die Klebung zum Verbundsystem wird und dem System entsprechende Formstabilität in Ebene der Glasscheibe verleiht. Dieses Verbundsystem aus Flügelrahmen und Glasscheibe in die statische Dimensionierung für Plattenbeanspruchungen aus Wind mit einzubeziehen wird dann möglich, wenn die Verbundwirkung zwischen Flügelrahmen und Blendrahmen über die Beschlagteile geklärt ist. Solange dies nicht vorliegt, kann der Glas-Verbundflügel als stabilisierendes und aussteifendes Element hinsichtlich der Formathaltigkeit eingesetzt werden. Dies bedeutet bereits wesentliche Vorteile in verschiedenster Hinsicht, obwohl das mögliche Potenzial bei weitem nicht ausgereizt ist.
Im Fassadenbau werden Glasscheiben vielfach als Festverglasung eingesetzt, so dass beispielsweise eine mit strukturellen Klebstoffen hergestellte Holz-Glas-Verbundkonstruktion Plattenbeanspruchungen aus Windlasten und in entscheidendem Maße auch Scheibenlasten zu Aussteifungszwecken aufnehmen kann.
Der Fenster- und Fassadenbau steht somit an einer Schwelle in eine neue Produktgeneration für den Fall, dass die statisch wirksame Anbindung zwischen Glas und Rahmen mittels einer Klebung in Berechnung, Herstellung und Güteüberwachung beherrscht wird.
Leistungsfähigkeit von Verbundkonstruktionen
Klebstoffsysteme: Für den Einsatz statisch wirksamer Klebungen in Glas-Verbundkonstruktionen des Fenster- und Fassadenbaus sind unter anderem Silikonklebstoffe (Si) aber auch Polyurethanklebstoffe (PU) im Rahmen verschiedener Forschungsarbeiten (vgl. [3]) untersucht worden. Vor dem Hintergrund, dass tragende Glas-Verbundkonstruktionen für den Außenwandbereich eingesetzt werden, ist eine Bewertung der Klebstoffe unter variierenden Temperaturbelastungen erforderlich. Des Weiteren ist bei ständiger Lasteneinwirkung durch Eigengewicht oder infolge planmäßiger Schiefstellungen in Tragwerken die Dauerhaftigkeit bzw. das Dauerstandverhalten zu beurteilen.
In Bezug auf das Temperaturverhalten zeigt das Spannungs-Dehnungs-Diagramm ausgewählter Silikonklebungen unter Querzugbeanspruchung bei variierenden Temperaturstufen im elastischen Bereich keine temperaturabhängige Versprödung des Klebstoffes. Eine Bemessung dieser Klebung im linear-elastischen Bereich unter Normalklimabedingungen wird damit auf alle zu erwartenden Temperaturstufen im Außenwandbauteil übertragbar. Im Vergleich hierzu sind beispielsweise mit PU-Klebstoffen oftmals wesentlich höhere Festigkeiten erzielbar. Bei verschiedenen PU-Klebstoffen ist jedoch mit zunehmender Temperaturerhöhung ein weicheres Werkstoffverhalten feststellbar und charakteristisch für viele Vertreter dieser Klebstoffgruppe. Die Abhängigkeit der mechanischen Eigenschaften von der Gebrauchstemperatur ist in diesem Fall für die Auslegung der Klebung zu berücksichtigen, so dass die Dimensionierung gegebenenfalls temperaturabhängig erfolgen muss.
Hinsichtlich der Güte einer Klebung unter ständiger Lasteinwirkung, wird diese in entscheidendem Maße durch die Art und Dauer der Lasteinwirkung bedingt. Die Beurteilung des Kriechverhaltens von Klebungen kann anhand von Versuchen unter Dauerbelastung erfolgen und wird beispielsweise durch die Kriechzahl erfasst. Untersuchung im Forschungsprojekt [3] haben gezeigt, dass die Randparameter Temperatur sowie Dauerbelastungen für die Güte und Anwendbarkeit einer strukturellen Klebung ausschlaggebende Faktoren sind und in jedem Fall einer Klärung bedürfen.
Berechnungsmodelle: Verbundkonstruktionen für statische Aufgaben kommen in ausgeprägter Form im Holz-Beton-Verbundbau zur Anwendung. Hinsichtlich der Modellbildung von Verbundträgern sind verschiedene Modelle erarbeitet worden, die eine Berechnung mit ausreichender Genauigkeit ermöglichen, auch unter Einsatz einfacher Stabwerksprogramme. Die Übertragbarkeit dieser Modelle zur Beurteilung von Verbundquerschnitten für den Fenster- und Fassadenbau ist gegeben und kann u. a. am Modell nach Hartmann [1] beschrieben werden. Beispielsweise zeigt die Simulation von Temperaturlasten auf Fenster- und Fassadenkonstruktionen, unter Variation der Steifigkeit im Klebstoffsystem, einen deutlichen Einfluss auf das Verformungsverhalten von Verbundsystemen. Die Verformung des Systems hängt dabei wesentlich von der Geometrie und Steifigkeit der Klebefuge sowie von der Lage der Klebefuge und damit der Querschnittskonzeption des Verbundträgers ab. Numerische Analysen dieser Art zeigen, dass durch die richtige Wahl der Verbundkonstruktion sowie des Klebstoffsystems eine sehr leistungsfähige Konstruktion hinsichtlich der statischen Eigenschaften konzipiert werden kann. Im umgekehrten Fall wird eine „falsche“ Bauteilkonzeption und Materialkombination unter grenzwertigen Randbedingungen nicht den Anforderungen an den Fenster- und Fassadenbau genügen, da beispielsweise temperaturbedingte Verwerfungen oder Spannungen im System zu groß werden. Eine systembezogene Abstimmung aller beteiligten Komponenten auf die gewählte Konstruktion ist deshalb stets erforderlich!
Notwendigkeiten zur Qualitätssicherung
Zur Thematik der statischen Konzeption ist es ebenso wichtig, die Aufgabenstellungen zur Qualitätssicherung und Dauerhaftigkeit einer Klebung zu lösen. Themenfelder sind beispielsweise die Applikation von Klebstoffen und die Zusammenführung der Bauteile, für welche Lösungen aus der Automobilindustrie übertragen werden können. Im Hinblick auf die Güte einer Klebung sind die Fragen der grundsätzlichen Eignung des Klebstoffsystems für den geplanten Trägerwerkstoff hinsichtlich Materialstreuungen, Oberflächenvorbereitung, usw. zu beantworten. Darüber hinaus sind wirtschaftlich darstellbare Prüfsysteme in der Fertigung zu installieren, die eine permanente Kontrolle der Güte und Qualität einer Klebung sicherstellen. Das bedeutet entsprechende Investitionen für Betriebe in Applikations- und Klimatechnik, um für die Produktion gesicherte und nachvollziehbare Umgebungsbedingungen gewährleisten zu können.
Zusammenfassung
Mit geklebten Glas-Verbundkonstruktionen im Fenster- und Fassadenbau ist die aussteifende und tragende Wirkung von Glas gezielt einsetzbar. Der Einsatz von Glas als Tragelement im Verbund mit den angrenzenden Rahmen bedingt einen erhöhten Berechnung- sowie Bemessungsaufwand. Dies mündet in Berechnungsmodellen der Verbundtheorie sowie in FEM-Berechnungen, wobei Bemessungshilfen für Standardformate unter Standardeinwirkungen denkbar sind. Am Ende einer jeden Produktentwicklung steht jedoch die Zufriedenheit des Kunden, der auch in Zukunft sich für dieses Produkt entscheiden sollte. Bei der zum Teil starken Abweichung von den bisher anerkannten Regeln der Technik im Fenster- und Fassadenbau sollte es Pflicht des Herstellers sein, den Kunden über Beschaffenheit und Leistung des Produktes zu informieren, um nachträgliche Mängelansprüche zu vermeiden. Zweifellos lassen sich mit diesen neuen Techniken neue Konstruktions- und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Aufgabe der Entwickler als auch der Hersteller ist es, diese neue Art der Produktgeneration mit konsequenter Sicherheit vorzubereiten, um den Markt zuverlässig bedienen zu können. ■

Literaturverzeichnis

[1] Hartmann, H.: Die Berücksichtigung elastisch-plastischer Verformungseigenschaften mechanischer Verbindungsmittel bei Verbundkonstruktionen im Ingenieurholzbau. Dissertation TU München – Fachgebiet Holzbau, 2000
[2] Kreher, K.: Holz und Glas im statischen Verbund. Das Verbund- und Tragverhalten unter Berücksichtigung der Glasvorspannung; Beitrag zur Bemessung von kantenbelasteten und bewehrten Glasscheiben. Dissertation EPFL Lausanne Construction En Bois, 2004
[3] Niedermaier, P.; Spengler, R.: Entwicklung von Bemessungsvorschlägen zur aussteifenden Wirkung der Verglasung von Holz-Glas-Konstruktionen im statisch wirksamen Verbund; EGH-Forschungsprojekt am ift Rosenheim; Abschlussbericht – Sept. 2002;
[4] Niedermaier, P.: Holz-Glas-Verbundkonstruktionen; Ein Beitrag zur Aussteifung von filigranen Holztragwerken. Dissertation TU München – FG Holzbau, 2005
[5] Siebert, G.: Entwurf und Bemessung von tragenden Bauteilen aus Glas. Bauingenieur-Praxis – Ernst und Sohn Verlag, Berlin 2001
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