Handlungsorientierung, Lernsituationen und Lernfelder sind die modernen Schlagworte in der beruflichen Bildung. Nur allzu oft bleibt dieses in der Theorie stecken – die praktische Umsetzung fehlt. Wie es gehen kann, zeigt eine schon seit sieben Jahren durchgeführte Projektarbeit am Wilhelm-Normann-Berufskolleg in Herford.
In Kooperation mit Ausbildungsbetrieben der Küchenmöbelindustrie durchlaufen die Auszubildenden zum/zur Holzmechaniker/Holzmechanikerin eine theoretische und eine praktische Projektphase. Dabei geht es vor allen Dingen darum, in der Ausbildung Lerninhalte wie Gruppenarbeit, Qualitätswesen und Sozialkompetenz besser vermitteln zu können. Die Auszubildenden des Wilhelm-Normann-Berufskollegs gehören ausschließlich den Holzmechaniker-Fachrichtungen Möbel- und Ge-häuse- sowie der Rahmen- und Leistenindustrie an (siehe Kas-ten).
Seit 1996 bilden in Herford Indus-trie und Schule ein Projektteam, bestehend aus Ausbildern der Küchenmöbelindustrie und Lehrern. Aufgabe des Projektteams ist es, das Projekt zu organisieren und das zu fertigende Produkt festzulegen. Bisher sind entstanden: Ein Werkzeugschrank, ein CD-Ständer, eine Vitrine, ein Grillwagen, eine Kastenuhr sowie der im Folgenden dargestellte CD-Schrank.
Zunächst wird vom Projektteam die Art des Möbels festgelegt – in diesem Jahr ein Möbel zur Aufnahme von CD’s. Dann wird der Zeitrahmen für die theoretische und praktische Durchführung sowie die Materialbeschaffung geklärt. Bei der Materialbeschaffung sind Kontakte zur Zulieferindustrie hilfreich – so stellt die Firma Hettich z. B. kostenlos die benötigten Beschläge bereit. Um die Finanzierung sicherzustellen, überweisen die Firmen pro Auszubildenden 60 Euro auf ein Konto. Anschließend werden in verschiedenen Projektfirmen Prototypen gebaut, von denen das Projektteam einen auswählt.
Die Phase der Planung obliegt der Schule. Hier werden Arbeitsabläufe erfasst, Material- und Preisberechnungen durchgeführt, die Holz- bzw. Materialliste sowie die für die Fertigung notwendigen Zeichnungen erstellt. Am Ende der theoretischen Projektphase hat jeder Schüler, bzw. jede Schülerin eine Projektmappe mit den für die Fertigung notwendigen Unterlagen in den Händen.
Der CD-Schrank wird als Säule in kombinierter Rahmen- und Stollenbauweise gefertigt. Insgesamt ist dies ein Stück, das durch Funktionalität, klare Linienfüh-rung und anspruchsvolle Detail-lösungen bestimmt ist, ein Werkstück, bei dem die Auszubildenden eine Menge lernen können – sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Die praktische Projektphase wird in den Firmen Bauformat, Häcker, Poggenpohl und Wellmann durchgeführt. Diese Firmen sind gleichzeitig auch Mitglieder des Projektteams. Die eigenen Auszubildenden der Projektfirmen werden für diesen Zeitraum teilweise im eigenen Betrieb, aber auch bei anderen Firmen untergebracht. So haben diese im Rahmen der Ausbildung Gelegenheit einen anderen Betrieb kennen zu lernen. Für die Fertigung des Projektstückes werden die Auszubildenden der zwei Holzmechaniker-Klassen in Gruppen aufgeteilt. Arbeitsgrundlage ist das Prinzip der industriellen Fertigung – jede Gruppe stellt nur bestimmte, vorher festgelegte Teile her. Und das ist der Anspruch: Nur wenn die Gruppen die ihnen zugewiesenen Arbeiten sauber und genau durchführen, kann daraus ein ansprechendes und funktionsfähiges Stück entstehen.
Für die Bewertung werden Einzel- und Gruppenleistungen ebenso erfasst, wie z. B. die Teamfähigkeit. Die Note setzt sich aus 50 Prozent Schule und 50 Prozent Betrieb zusammen.
Wolfgang Grannemann
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