1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Innovation tut Not

Rosenheimer Fenstertage 2001
Innovation tut Not

Die zwar nicht neue, aber unter miserablen Markt-bedingungen immer dringlichere Forderung zur Aufwertung des Fensters zum multifunktionellen Fassaden-element stand im Focus der diesjährigen Rosenheimer Fenstertage. Der aktuelle Stand der Europäischen Normung war ein weiterer Schwerpunkt des Branchentreffs, der sich immer mehr zur Dialogplattform auf internationaler Ebene entwickelt.

Der Einladung des Instituts für Fenstertechnik Rosenheim waren wieder über 700 Teilnehmer aus 16 Ländern gefolgt. An den drei Veranstaltungstagen (18. – 20. Oktober) wurden sie aus erster Hand, vor allem über die technischen und europäischen Herausforderungen, informiert.

Der Vorstandsvorsitzende des Instituts für Fenstertechnik Rosenheim, Erich Losch, hat keine Zweifel: Das ift Rosenheim, so Losch, bei der Eröffnung der diesjährigen Fenstertage, sei auf dem richtigen Weg. Mit einem strukturellen Wandel habe es sich gezielt auf die Anforderungen der Zukunft eingestellt. Das Institut verfüge heute u. a. über zusätzliche Prüfeinrichtungen, erweiterte technische Möglichkeiten, könne schnellere und direktere Serviceleistungen anbieten und verbessere kontinuierlich die Kommunikation mit der Branche. In der Zukunft müsse und werde das nationale Kompetenzzentrum für technische Fragen rund ums Fenster in verstärktem Maße auch auf internationaler Ebene aktiv sein. Dies gelte besonders für die europäische Normung und Prüfverfahren.
Die Zukunft ist ganz anders
Mit dieser Aussage stimmte Dr. Walter Kroy (Tharsos AG, München), langjähriger innovativer Kopf bei der DASA und der Daimler Benz AG, die Vertreter der Fensterbranche im randvoll besetzten Kongress-Saal des Kultur- und Kongresszentrums Rosenheim auf die dringend anstehenden Aufgaben ein.
Visionen, so Kroy, seien das Lebenselexier und die Entwicklungsmotoren einer jeden Gesellschaft. Dazu zog er einen plastischen Vergleich: Man könne eine Kerze immer weiter verbessern, aber es werde daraus nie eine Glühlampe. Die mit seinem Vortrag verknüpfte Botschaft an die Fensterbranche war angekommen: Ohne Visionen gibt es auch keine Weiterentwicklung!
Visionen für die Fensterbranche selbst, oder gar eine positive Aufbruchstimmung waren in Rosenheim jedoch nicht auszumachen. Die Branche tut sich offensichtlich sehr schwer, und das nicht nur mit dem kräftigen Absatzrückgang, sondern vor allem auch mit Innovationen und der seit Jahren geforderten Aufwertung des Fensters, z. B. durch die Integration zusätzlicher Funktionen im Sinne eines komplexeren Elementes für die Gebäudeklimatisierung.
Dr. Helmut Hohenstein, Leiter des ift Rosenheim, forderte vor diesem Hintergrund einmal mehr ganzheitliche Entwicklungskonzepte. Nur durch diese Vorgehensweise und die Integration von z. B. Sonnenschutz, Schallschutz und Lüftung könne dem Fenster zu größerer Bedeutung und zu einem Bauteil mit höherer Wertschöpfung verholfen werden.
Die Fensterbranche müsse dabei mehr Initiative ergreifen: „Stagnierende Märkte“, so Hohenstein, „benötigen nicht Wachstum und höhere Kapazitäten, sondern neue Produkte, Angebote und Dienstleistungen.“ Große Entwicklungspotenziale gebe es weiter bei den in den letzten Jahren entwickelten mehrschaligen Fassadensystemen, insbesondere bei der Doppelte-Haut-Fassade. Gute Marktchancen sieht Hohenstein im Bereich der Altbausanierung: „Trotz des hohen Wärmeschutzstandards von Fenstern hat sich bei der Energieeinsparung im Althausbestand wenig bewegt. Dort existiert ein hoher Anteil an Einfach- bzw. Isolierverglasun-gen ohne zusätzliche Wärmeschutzbeschichtungen.“
Die europäische Normung und die internationale Zusammenarbeit war ein herausragender Schwerpunkt der diesjährigen Fenstertage. Gerade was Normung in Europa angehe, so Hohenstein, bestehe Bedarf an intensivem Austausch mit Instituten aus der EG. Mit dem erstmals durchgeführten internationalen Tag habe das ift dafür eine Plattform geschaffen: „Hier soll mit hochkarätigen Referenten ein Dialog auf europäischer Ebene rund um den Fenster-, Türen und Fassadenbau entstehen, wobei die deutschen Interessen, schon aufgrund der Größe und der Innovationskraft des deutschen Marktes, eine große Beachtung finden werden.“ Die zahlreichen technischen Vorträge boten wieder eine Fülle von aktuellen Informationen rund um Fenster und Fassaden. Auf einige besonders interessante Referate sei an dieser Stelle hingewiesen.
Nachweise nach den europäischen Prüfnormen
Ulrich Sieberath, der die Normungsarbeit des ift in über 73 Ausschüssen und Arbeitsgruppen koordiniert, skizzierte die normativen Vorgaben, die den Fensterbauer in Kürze erwarten. Die überwiegende Anzahl der Prüfnormen, die sowohl für die europäischen Produktnormen als auch für die Energieeinsparverordnung (EnEV) verbindlich sein werden, sind bereits verabschiedet. Kernstück der Produktnormen sind die Klassifizierungstabellen, die alle Anforderungen an Bauprodukte übersichtlich zusammenfassen. Die Produktnormen werden nach ihrer Verabschiedung als harmonisierte Normen die Grundlage des baurechtlich geforderten CE-Zeichens sein. In den Anhängen der Normen werden auch die Bedingungen zur Eigen- und Fremdüberwachung der Produkte, soweit vorgeschrieben, festgelegt. Die Nachweise können auf Grundlage einer Prüfung, einer Berechnung oder anhand von Anwendungstabellen geführt werden.
Fenster bei der energetischen Optimierung von Gebäuden
Professor Karl Gertis (Fraunhofer Institut für Bauphysik, Stuttgart) skizzierte die rasante Entwicklung des Fensters zum Energiesparelement. Die aktuellen Kernfragen, wie die Fensterlüftung und die Rolle des Fensters im Energiesparkonzert, brachte er mit der Prognose „Das Fenster hat auch im 1,5 Liter-Haus weiterhin seinen festen Platz“ auf den Punkt. Gertis sieht das größte Energie-Einsparpotential in der Modernisierung. Der Fenstertausch sei die energetisch und wirtschaftlich beste Lösung.
Mit dem Ausspruch „… der Bewohner gießt eigentlich die Wohnung und nicht seine Pflanzen“, führte Professor Gertis dem Publikum das Problem des Feuchteeintrages und der Lüftung ganz pragmatisch vor Augen. Die Weiterentwicklung des Fensters bezüglich seiner Lüftungsfunktionen und die Einbindung in die Lüftungs- und Gebäudetechnik sei deshalb für den Fenster- und Fassadenbau eine vorrangige Aufgabe. Die anschließende Podiumsdiskussion beleuchtete die unterschiedlichsten Aspekte. Auch hier wurde wieder die Forderung an die Branche betont; dem Fenster auch in modernen, energiesparenden Gebäuden die Funktion „Lüften“ zu übertragen.
Innovative Verglasungen
Michael Rossa (ift Rosenheim) stellte innovative Gläser mit neuen Funktionen wie variablem g-Wert, verbessertem Wärmeschutz oder selbstreinigenden Oberflächen vor. Er erläuterte die technischen Hintergründe, Einsatzgebiete und Grenzen der Verglasungssysteme.
Mit elektrochromen und gasochromen Verglasungen lässt sich ein variabler Sonnenschutz in der Fassade realisieren und der g-Wert kann bis auf 16 Prozent reduziert werden, ohne die Witterungsproblematik außenliegender Verschattung zu haben. Der Wärmeschutz kann deutlich nur noch durch eine dritte beschichtete Schicht aus Glas bzw. Folien verbessert werden. Angesichts erreichbarer U-Werte von ca. 0,4 W/ (m²K) von Vakuum– Isoliergläsern, stellte Michael Rossa die provokante Frage „…, ob die Zukunft nicht bald ganz den Vakuum Gläsern gehört?“ Hierbei werden zwei Glasscheiben durch winzige Abstandshalter (Pillars) auf Distanz gehalten, die ca. 10 t pro m² Belastung aushalten müssen. Für die Praxis ist entscheidend, ob das Hochvakuum im Scheibenzwischenraum über die Lebensdauer der Verglasung erhalten bleibt.
Eine weitere Innovation sind Glasbeschichtungen mit einem selbstreinigenden Effekt durch hydrophobe oder hydrophile Schichten, die kurz vor der Markteinführung stehen.
Holz als Hightech Baustoff
Holz erlebt durch die Verbesserung der technischen Eigenschaften sowie aufgrund einer gesellschaftlichen Wertediskussion momentan eine Renaissance und erschließt sich ständig neue Ein-satzgebiete. Professor Peer Haller (TU Dresden) stellte interessante Verfahren einer Forschungsarbeit vor, mit denen sich das Traglastverhalten von Holzverbindungen verbessern lässt. Insbesondere für Fenster und Fassaden mit schlanken Querschnitten ergeben sich durch Verfahren wie die Holzverdichtung, die Öl-Hitze-Behandlung von Pressholz, Laserbehandlung sowie die Verstärkung durch textile Strukturen zukünftig neue Optionen. Am Beispiel der Loch-leibungsfestigkeit zeigte Professor Haller, wie sich die Traglast durch die Verdichtung des Holzes um den Faktor 2,9 im Versuch erhöhte, in Verbindung mit textilen „Bewehrungsgeweben“ aus PE oder E-Glas ist noch eine weitere Verbesserung um 35 Prozent möglich. Von Bedeutung ist auch die Möglichkeit, die Textilstrukturen in Abhängigkeit vom Kraftfluss in einer Verbindung zu gestalten.
Professor Wolfgang Winter (TU Wien) zeigte hingegen die erstaunliche Leistungsfähigkeit alter japanischer Holz/Holz-Verbindungen, die kraft- und formschlüssig erfolgen und dennoch eine enorme Verformung bei Erdbeben zulassen. Diese Bauweise ist durch moderne CNC-Technik heute wieder nutzbar, und so werden Holzwände und Holzverbindungen fabrikmäßig mit Robotern gefräst und anschließend von kleinen Handwerksbetrieben aufgestellt. Auch für die Konstruktion von Rahmen-ecken lohnte sich der Blick in den japanischen Holzbau.
Wärmebrücken werden zum Pflichtthema
Aus den Arbeitsbereichen des ift wurden Lösungen und Richtlinien für Fenstersysteme, Holzbeschichtungen und Qualitätssicherungs-Systeme vorgestellt. Besondere Aufmerksamkeit fand das Thema Wandanschlüsse. Die Forderung nach einer einwandfreien Ausführung von Wandanschlüssen wird in der Praxis sehr unterschiedlich umgesetzt. Mit Einführung der EnEV und der Novellierung der DIN 4108 werden erstmalig durch die Bestimmung des Wertes eindeutige Anforderungen an die wärmetechnische Qualität von Bauanschlüssen gestellt. Die Wärmebrücken werden zum Top Thema für die Branche. Die DIN 4108 sieht drei Bewertungsmöglichkeiten vor:
• pauschaler Zuschlag von 0,1 W/m²K auf den U-Wert des Bauteils
• Ausführung nach konstruktiven Vorgaben gemäß Beiblatt 2
• genauer Nachweis durch Berechnung bzw. Messen der Einbausituation.
Auch die Tauwasser- und Schimmelpilzproblematik wird durch die Einführung eines f-Faktors angegangen. Dieser Faktor bewertet die Oberflächentemperatur, denn wenn diese unter 9,6 °C sinkt, besteht ein großes Risiko, dass die Konstruktion durchfeuchtet wird und sich Schimmelpilze ansiedeln. Wolfgang Jehl machte in seinem Vortrag durch konkrete Ausführungshinweise die komplexe Thematik direkt für die Praxis transparent. Das ift entwickelt darüber hinaus im Rahmen zweier Projekte konkrete Arbeitshilfen für die Praxis:
• energetische Bewertung von unterschiedlichen Fensteranschlüssen und Einbausituationen
• Erstellung eines Wärmebrü-ckenkataloges mit Angabe der Werte die Ende des Jahres verfügbar sein werden.
Marktchancen in Europa
Am Samstag morgen trafen sich internationale ausgerichtete Unternehmen, Verbände und Experten sowohl aus Deutschland und 15 weiteren Ländern, um sich über den aktuellen Stand des europäischen Marktes zu informieren. Karl-Heinz Herbert (Generalsekretär EuroWindoor; Europäischer Fenster-, Fassaden- und Türenverband) zeigte die beeindruckenden Dimensionen des europäischen Marktes auf, der das Volumen des nordamerikanischen Marktes deutlich übersteigt. Interessant ist vor allem die heterogene Verteilung der Marktanteile von unterschiedlichen Rahmenmaterialien (PVC, Holz, Alu) in Europa. Dies bietet für Unternehmen, die in einem Werkstoff-Segment national führend sind, hervorragende Chancen in einem Land, in dem dieser Werkstoff weniger Bedeutung hat.
„Eine“ Prüfung für Europa
Das ift fördert die gegenseitige Anerkennung von Prüfungen innerhalb Europas, um Mehrfachprüfungen für Unternehmen zu reduzieren. Die Leitung des ift arbeitet an dem Aufbau eines Netzwerkes, in dem die in der Branche führenden Institute kooperieren, damit eine gegenseitige Anerkennung von Prüfungen und Zertifikaten sowie eine Zusammenarbeit bei der Güteüberwachung möglich wird. Das Ziel formulierte ift-Institutsleiter Dr. Helmut Hohenstein klar mit den Worten „Wir wollen eine Prüfung für Europa, nach einheitlichen Kriterien.“ Ulrich Sieberath (ift Rosenheim) konfrontierte die Branchenvertreter mit der Forderung eines einheitlichen Zertifizierungs- und Qualitätssicherungssystems in Europa.
Blick auf internationaleMärkte
Neben dem Thema der europäischen Normung stand der internationale Samstag ganz im Zeichen des Dialogs. Ein Blick in internationale Märkte ermöglichte den anwesenden Unternehmen die eigene Standortbestimmung. Markt-, Forschungs- und Anwendungsberichte aus Italien, der Schweiz, der Türkei sowie den USA boten viele Impulse für eigene unternehmerische Ideen aber auch Kontaktmöglichkeiten für den Ausbau der internationalen Aktivitäten. Die 30. Rosenheimer Fenstertage werden vom 17. – 19. Oktober 2002 als internationaler Kongress und permanenter Simultanübersetzung stattfinden.o
Die Vorträge der Fenstertage 2001 sind als Tagungsband (198 Seiten)oder auf CD-Rom zum Preis von 75 Euro beim ift erhältlich: Tel 0 80 31/2 61-0, E-Mail: info@ift-rosenheim.de
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de