Dieses Problem kennt jeder – vor dem Schlafengehen müssen Hemden und Hosen noch knitterfrei aufgehängt und die Inhalte der Taschen geleert werden. Aus diesem Anforderungsprofil heraus entstand die Idee, ein Möbel zu entwerfen, bei dem diese tägliche Pflicht zum Vergnügen wird. Zentraler Punkt war jedoch, möglichst viele verschiedene Arbeitsgänge zu integrieren, die an herkömmlichen Standardholzbearbeitungsmaschinen durchführbar sind. Entstanden ist dabei ein pfiffiges Möbelstück, das als fächerübergreifendes Projektmöbel an der Meisterschule für Schreiner in München geplant und realisiert wurde.
Der Entwurf und die Werkzeichnung entstanden im 1. Semester im Fach Gestaltung und Konstruktion, die wahren Längen und Schrägen wurden im Fachrechenunterricht ermittelt und die Kalkulation war Teil des Unterrichts in Arbeitsvorbereitung. Bei der Fertigung im 2. Semester wurden alle relevanten Arbeitsgänge im Unterricht problemorientiert als Arbeitsauftrag gestellt und konstruktive Lösungsansätze entwickelt. Eine wichtige Zielsetzung der Meisterschule für Schreiner in München ist es, dass so genannte Schlüsselqualifikationen vermittelt werden. Dabei steht die konsequente Weiterentwicklung der Handlungskompetenzen der Schüler in fachlicher sowie sozialer Hinsicht im Vordergrund. Bei der Erarbeitung der fachlichen Lösungsansätze in der jeweiligen Gruppenphase sowie bei der anschließenden Präsentation der Ergebnisse wurde dies ausführlich geübt und einstudiert.
Die Einbindung der C-Technik im Schreinerhandwerk gehört mittlerweile zum Betriebsalltag, so auch bei der Anfertigung des stummen Dieners. Die Kontur der Seitenteile aus Multiplex, wurde unter optimaler Ausnutzung der Plattengröße ohne vorheriges Formatieren, auf dem Bearbeitungszentrum gefräst. Ein optimiertes Fräsprogramm wurde vorher im Unterricht erarbeitet bzw. gezeichnet und als DXF-Datei eingelesen. Auf das Fräsen der Stemmlöcher wurde dabei bewusst verzichtet, um im Vorrichtungsbau, der einen wesentlichen Bestandteil des Fertigungsunterrichtes darstellt, das Anfertigen benötigter Schablonen und Vorrichtungen variieren zu können. Bestandteil der Fertigung ist auch die Oberflächengestaltung. Hier wurde eine orangefarbige Lackierung der Seitenteile und des Hemdenbügels im Kontrast zu den farblos lackierten Stegen und zum Naturleder gewählt.
Beim zweiten Projektmöbel – ein schwenkbarer Couchtisch – wurde das Thema Formverleimung in den Vordergrund gerückt. Dabei entstand ein Möbelstück, bei dem wieder alle grundlegenden Arbeiten an den Standardmaschinen durchgeführt wurden. Auch hier wurde die Tischplatte – MDF mit Linoleum belegt – mit dem CNC-Bearbeitungszentrum gefräst. Alle zur Formverleimung der Tischbeine benötigten Schablonen wurden konventionell hergestellt, um genügend Übungsmöglichkeiten der angehenden Meister zu gewährleisten. Die Formverleimung wurde aus 1 mm dickem, amerikanischen Kirschebaumfurnier zu Schichtholz verleimt, wobei die Außenschichten mit Polyestervlies verstärkt wurden. Als besondere Oberflächenarbeit wurde hier der linsenförmige Stützfuß mit Nextel Strukturlack königsblau lackiert. ■
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