Jedem wird an der Berufsausbildung zu unserem Handwerk deutlich, dass sich Tradition und Moderne nicht ausschließen. An der Schwelle zum Jahrtausendwechsel haben wir in der Gesellenausbildung des Tischlerhandwerks einen Wandel vollzogen: hin zu einer modernen, handlungsorientierten Form, die den heutigen Anforderungen in unseren Betrieben gerecht wird, die aber – noch viel mehr – derzeit rund 40 000 junge Menschen fit macht für einen der schönsten Berufe der Welt.
Nachdem die Anlaufphase bei der Modernisierung der Gesellenprüfung abgeschlossen ist, können wir uns mit dem Meister der Zukunft beschäftigen. Dabei geht es weniger darum, das überkommene Bild vom Tischler bei der Arbeit mit dem biologisch und ökologisch wertvollen Werkstoff Holz zu revidieren, als vielmehr darum, die Realität in den Betrieben mit ihrem modernen, hoch-technisierten Umfeld in den Köpfen zu verankern.
Den gravierenden Strukturveränderungen in unserem Handwerk können traditionell ausgebildete Tischler nur schwer parieren. Die Betriebe brauchen daher als Betriebsführer stärker als bisher unternehmerisch denkende und handelnde Meister, die ihr Handwerk fachlich und gestalterisch ebenso verstehen, wie die Betriebs- und Personalführung. Die jungen Meister müssen Marketing- und Werbekenntnisse mitbringen, mit Banken und Behörden adäquat verhandeln können und auf den globalen Märkten ihre Produkte kundenorientiert präsentieren. Dazu ist es notwendig, die Betriebsführung verstärkt als Managementaufgabe zu begreifen. Die Voraussetzungen dafür müssen in einer modernen Meisterausbildung und -prüfung geschaffen werden. Deshalb ist das Tischlerhandwerk zurzeit dabei, die Meisterprüfung zu überdenken. Dabei muss alles und jedes auf Effizienz überprüft werden. Die Meisterprüfung der Zukunft könnte handlungsorientiert in Elemente gegliedert sein, die aus der Meisterprüfungsarbeit, einem Fachgespräch und einer Situationsaufgabe besteht. Ziel könnte es sein, dabei die Gesamtplanung eines Projekts in seinen verschiedenen Phasen von der Kalkulation bis hin zur Realisierung eines Teilstücks und der Präsentation als Prüfungsaufgabe zu stellen, um so die jungen Meister für den Markt fit zu machen. Denn der Markt verlangt zunehmend anspruchsvolle, individuelle Handwerksprodukte, eine perfekte Dienstleistung, Beratung und Service. Auch die Meistervorbereitung muss sich an diesem Ziel orientieren. Sie könnte modular aufgebaut werden, so dass die jungen Gesellen sie neben der beruflichen Tätigkeit in Einzelschritten absolvieren könnten. Damit wäre das Tischlerhandwerk das erste Handwerk, das diese neue, vieldiskutierte Form der Qualifizierungsfortbildung in die Meistervorbereitung integriert.
gez. Guido Ossenkopp
Präsident des Bundesverbandes HKH, Wiesbaden
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