Direkt mit der Veröffentlichung der neuen Meisterprüfungsordnung hat die Tischlermeisterschule der Handwerkskammer Berlin sich an die neuen Anforderungen und den Lehrplan angepasst. Noch bevor die Prüfungskommission sich auf die geänderten Verhältnisse der Prüfungsordnung einstellen konnte, hatten Leiter und Dozenten der Meisterschule sich Gedanken darüber gemacht wie sie auf die veränderte Situation der Prüfungsordnung und des Lehrplans in der Planung, im Ablauf und Durchführung zu reagieren hatten.
Es war nicht ganz einfach auf ein gemeinsames Ergebnis zu kommen. Leider war es nur möglich, den Lehrplan in einem recht kleinen Kreis von zwei Kollegen zu erarbeiten. Es entstand eine Projektarbeit, die sich durch die Handlungsfelder 2–4 hindurch zieht. Aufgrund zu geringer und sehr heterogener Vorkenntnisse der Teilnehmer werden auch weiterhin im Handlungsfeld 1 Grundlagen in Werkstoffkunde/Zeichnen (DIN 9; 19)/ Mathematik (Fachrechnen)/ Stilkunde usw. vermittelt und vorhandenes Wissen aufgefrischt.
Für die Durchführung der Handlungsfelder 2 bis 4 nutzen wir die Form der Projektarbeit. Es wird der Grundriss eines Einfamilienhauses mit Keller und Dachgeschoss als Aufgabe gestellt. Vorgegeben wird ein Auftraggeber (Kunde), z. B. eine Künstlerfamilie oder Rentnerehepaar, das altersgerecht wohnen möchte. Im Unterricht wird dann – wie in einer richtigen Firma – dieses Projekt theoretisch und teilweise auch praktisch durchgearbeitet. Die Teilnehmer versetzen sich selbst auch in die Rolle des Kunden und geben dadurch die Projekte vor. Es werden in jeder Klasse zwei virtuelle Firmen gegründet, in der Spezialisierungsrichtung Bau und im Innenausbau/Möbel. Jeder Teilnehmer erhält die Möglichkeit an beiden Projekten mitzuarbeiten, egal in welcher Spezialisierungsrichtung. Durch diese Neuordnung ist der Unterricht in der Meisterschule lebhafter und realitätsnah geworden. Durch die Umstellung ergab sich ein weiterer, durchaus positiv zu bewertender Aspekt: die Prüfungskommission musste nun nicht unbedingt mehr im Alleingang die neuen Fragen und Antworten erarbeiten; vielmehr waren unsere Dozenten maßgeblich daran beteiligt. So wurde aus den Handlungsfeldern heraus ein Fragenkatalog erarbeitet und der Prüfungskommission zur möglichen Nutzung zur Verfügung gestellt.
Für ein weiteres, wichtiges Detail in der Meisterausbildung bzw. Prüfung halte ich die Projektarbeit, mit der Fertigung eines Meisterstücks (Meisterprüfungsprojekt). Jeder Meisterschüler soll damit die Möglichkeit bekommen, auch weiterhin sein individuelles Stück bauen zu dürfen, ob nun für sich selbst oder als Kundenauftrag, was der Tradition des Tischlerhandwerks geschuldet sein sollte. Damit versuchen wir, neue Technologien und die traditionellen Handwerkstechniken miteinander zu vereinen. Ich persönlich halte nichts von einer gemeinsamen Projektarbeit in einer Werkstatt.
Neue Technologien, Arbeitsweisen und Verfahren haben sich in unserem Handwerk in den letzten Jahren drastisch geändert, so dass es an der Zeit war, den Lehrplan und die Prüfungsordnung im Tischlerhandwerk den neuen Bedingungen anzupassen. Für mich persönlich kam diese Änderung zu spät.
Seit zweieinhalb Jahren arbeiten wir nun schon in dieser Form mit gutem Erfolg, nach dem neuen Lehrplan in Vollzeit- sowie in Teilzeitkursen. Die Projekte, die dadurch entstehen, hätten auf dem freien Markt durchaus reelle Chancen zu bestehen. Die Entwürfe sind immer anders, so dass also nie Langeweile im Unterricht aufkommen könnte.
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