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Und wie bekommt die Kante Halt?

Kantenbearbeitung an Leichtbauplatten
Und wie bekommt die Kante Halt?

Obwohl Leichtbaukonstruktionen als solche seit Jahrzehnten aus der Türenindustrie bekannt sind, erleben sie derzeit einen neuen Aufschwung im Bereich des Möbelbaus. Eine anspruchvolle fertigungstechnische Herausforderung ist in diesem Zusammenhang sicher das Anleimen von Kanten an riegellose Wabenplatten.

Die Verarbeitbarkeit der riegellosen Leichtbauplatte im Möbelbau hängt maßgeblich von der Montage der Beschläge sowie von der Kantenklebung ab. Die Kantenklebung ist dem Schreiner bei „vollen“ Plattenmaterialien – wie beispielsweise der Spanplatte – bestens bekannt, doch mit den rahmenlosen Wabenplatten stellt sich nun die Frage: Wie verklebt man die Dekorkante mit dem Nichts? Anders als bei MDF- und Spanplatten bietet der Kern – beispielsweise einer Wabenplatte – keine definierte Oberfläche für die Verklebung. So liefert das Kernmaterial, das sehr häufig aus Papier in Waben- oder Wellensteggeometrie besteht, einen zu vernachlässigenden Beitrag zur erreichbaren Haftfestigkeit. Entscheidend ist vielmehr die durch die Klebung erzielte Festigkeit der Decklagen mit dem Kantenmaterial.

Die Anforderungen an die Verbundfestigkeit einer Möbelkante zum Werkstück richtet sich, wie sooft, nach dem Einsatzort des fertigen Möbels. Dabei ist neben den klimatischen Beanspruchungsfaktoren auch die Frage der mechanischen Belastung zu berücksichtigen. Eine permanent beanspruchte oder eine verdeckte Kante sind unterschiedlicher Beanspruchung ausgesetzt. Ziel ist es in jedem Fall, unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils einen festen Verbund zwischen Möbelkante und Platte zu erreichen.
Die unterschiedlichen Verfahren im Überblick
Die Maschinenhersteller stellen verschiedene Verfahren für die Schmalflächenbeschichtung von Wabenplatten zur Verfügung:
  • Direktbeschichtungsverfahren
  • Stabilizer-/Stützkantenverfahren
  • DoubleEdge-Verfahren
  • Surface-Folding-Verfahren
  • Backfill-Verfahren
  • PostFrame-Verfahren
  • PostFoam-Verfahren.
Das direkte Beschichten der Wabenplatten mit einer Dekorkante ist zum einen durch die Plattendicke (bis max. 50 mm), zum anderen durch eine Mindestdicke der Deckschichten (mind. 5 mm) begrenzt. Zudem sollten die Deckschichten und das Kantenmaterial (mind. 2 mm) ausreichend stabil sein. Um eine möglichst große zur Verfügung stehende Klebfläche zu gewährleisten, muss die Kernlage dicht sein. Die Bekantung erfolgt mit den üblichen Verfahren und Klebstoffsystemen und kann sowohl im Durchlauf als auch auf Bearbeitungszentren erfolgen.
Sehr häufig findet derzeit – insbesondere für die Klebung von weitmaschigen Wabenplatten (bis 60 mm) und Platten mit Deckschichten unter 5 mm – das Stabilizer- oder Stützkantenverfahren, im Durchlauf aber auch bei Freiformteilen Anwendung. Stützkanten stehen in Rollen- und Streifenwaren als Holzwerkstoffe, thermoplastische Kunststoffe (geschäumtes ABS und perforiertes Kantenmaterial) und Furnier zur Verfügung. Für die Herstellung und Bearbeitung von Formteilen auf Bearbeitungszentren eignen sich nur flexible Kantenmaterialien, wie thermoplastische Kunststoffkanten oder Furnierkanten mit quer zur Kante verlaufender Faserrichtung der Außenlage. Ein Vorteil der ABS-Stützkante ist, dass sie – im Gegensatz zum herkömmlichen thermoplastischen ABS-Kantenband – nach dem Fräsen direkt auch ohne Primerung klebbar ist. Dünnspanplatten sind nur als Streifenware einsetzbar und deshalb für Formteile weniger geeignet. Einen entscheidenden Einfluss auf die Festigkeit des Verbundes hat die Dicke der Stützkante. Dünnere Stützkantenmaterialien (< 3 mm) neigen während der Bekantung zum „Schüsseln“, sodass nur eine partielle Benetzung mit Klebstoff erfolgen kann. Dies führt zu erheblich niedrigeren Verbundfestigkeiten.
Die Kante wird zur Stabilisierung in eingefräste Fälze der oberen und unteren Decklage eingelegt. Damit keine Papierreste der Mittellage das Einkleben in die Fälze behindern, werden spezielle Werkzeuge mit segmentierten Schneiden zum Fälzen der Leichtbauplattendeckschichten eingesetzt. Zudem muss die Falzbearbeitung sehr genau sein, um ein sauberes Einlegen der Stützkante zu gewährleisten und eine optimale Klebung zu erzielen.
Eine Klebung der stützenden Kante wird mit Schmelzklebstoffsystemen realisiert. Diese werden im Aufschmelzer verflüssigt und über beheizte Schläuche zu den Düsen gefördert. Die Düsen applizieren in die eingefrästen Fälze jeweils eine Klebstoffraupe. Die Hotmelts müssen hinsichtlich ihrer Viskosität entsprechend für die Düsenapplikation geeignet sein. Prinzipiell eignen sich beispielsweise Ethylenvinylacetat (EVA)-, amorphe Polyalphaolefine (APAO) oder Polyurethan-Schmelzklebstoffe, wobei für Leichtbauplatten ohne Finishkante, bei denen ein höherer Wärmestand und Widerstand gegen Feuchtigkeit erforderlich ist, Polyurethan-Schmelzklebstoffe zu verwenden sind. Maßgeblich für die Festigkeit des Gesamtverbundes ist allerdings die Klebung der Dekorkante. Stützkantenklebungen mit EVA-Hotmelts können generell, bei gleicher Dekorkantenverklebung, vergleichbare Festigkeiten des Gesamtverbundes erzielen wie andere Klebstoffsysteme. Für die abschließende Klebung der Dekorkante können die üblichen Kantenklebstoffe verwendet werden.
Die Klebung von Dekorkante mit der Stützkante in einem Verleimteil wird durch das DoubleEdge-Verfahren realisiert. Im gleichen Arbeitsgang wird die Kante an die Schmalfläche der Wabenplatte geklebt. Die Doublierung von Dekorkante mit Stützkante erfolgt, je nach gewünschtem Wärmestand, mit EVA- oder APAO-Schmelzklebstoffen. Die erzeugte T-Kante wird anschließend mittels Klebstoffraupe, die nicht wie beim Stützkantenverfahren in den Falz, sondern auf den Rand der Decklagen appliziert wird, in die Platte eingeklebt. Hierfür werden ebenfalls EVA- und APAO-Schmelzklebstoffe eingesetzt. Das Verfahren kann im Durchlauf wie auf Bearbeitungszentren angewendet werden.
Für eher dünnere Wabenplatten eignet sich im Durchlauf das Surface-Folding-Verfahren. Nach dem Formatieren der Plattenmaterialien wird die untere Decklage freigefräst und V-förmig für das Umklappen eingekerbt. Beide Decklagen werden abgeschrägt und ermöglichen so den passgenauen Sitz. Über Düsen wird der Schmelzklebstoff, beispielsweise EVA, als Raupe in die V-Nut und an der oberen abgeschrägten Decklage appliziert. Der Vorteil des Folding-Verfahrens besteht darin, dass die Schmalflächenkante aus dem unteren Deck gewonnen wird. Dies bietet einen positiven Effekt für die Oberflächenbehandlung, die Ummantelung oder Folierung, da die Schmalfläche und die Decklagen aus demselben Material bestehen.
Bei Leichtbaukonstruktionen mit sehr dünnen Deckmaterialien, z. B. Aluminium, wurde oftmals das „Hutprofil“ eingesetzt. Zur Vergrößerung der zur Verfügung stehenden Klebfläche können aber auch über Düsen schäumende EVA-Schmelzklebstoffe an die Decklagenränder gelegt werden. Für die Kantenanleimung werden meist PUR-Hotmelts eingesetzt.
Ebenfalls zur Verstärkung der Kante dienen nachträglich meist mit EVA-Schmelzklebstoffen eingebrachte Rahmenhölzer (Postframe), explizit bei höheren statischen Anforderungen und Beschlagsmontage, oder reaktive Polyurethan-Schäume (Postfoam).
Die Festigkeit: von vielen Faktoren abhängig
Die Festigkeit der Kantenverklebungen ist von vielen Faktoren abhängig. Da ist zunächst das Kantenmaterial (Dekor- und Stützkanten) selbst, welches aus verschiedenen Materialien bestehen kann. Eine hohe Verbundfestigkeit hängt zudem maßgeblich von der Benetzbarkeit der zu fügenden Werkstücke ab, so dass die Oberflächenbehandlung einen wesentlichen Einfluss auf die Klebbarkeit der Materialien hat. Kanten können schüsseln bzw. die Primerauftragsqualität kann variieren. Auch die vor der Bekantung erfolgte Plattenbearbeitung ist ein wesentlicher Faktor, denn Verunreinigungen oder Passungenauigkeiten führen zu verminderten Endfestigkeiten.
Die Wahl des geeigneten Klebstoffsystems richtet sich nach den verfahrenstechnischen Erfordernissen (Offene Zeit, Abbindezeit, Aufschmelzverhalten, Viskosität) und nach dem Anforderungsprofil. Entsprechend des Einsatzortes ist die Beanspruchbarkeit des Klebstoffes mit der tatsächlich zu erwartenden Beanspruchung abzugleichen. Für eine optimale Verbundfestigkeit müssen die Anlagenparameter, wie beispielsweise Temperatur oder Vorschub, gewährleisten, dass der ausgewählte Klebstoff innerhalb seiner notwendigen Verarbeitungstemperatur die Klebung realisiert. Einen erheblichen Anteil am Erreichen einer guten Kantenverklebung hat der Verarbeiter bzw. Anlagenbediener. Seine Achtsamkeit und Erfahrung ermöglichen die bestmöglichsten Ergebnisse.
Welches der Bekantungsverfahren sich für die Leichtbaukonstruktionen im Möbelbau durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Für alle genannten Verfahren und Anforderungsprofile stehen qualifizierte Klebstoffe und Maschinen zur Verfügung, so dass die Kante auch ihren Halt bekommt. ■
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