1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Weiterbildung „à la carte“

Das Modulsystem als Umsetzung eine neuen Denkweise
Weiterbildung „à la carte“

In der Meister- und Werkmeisterausbildung der schweizerischen Schreinerwelt hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen. Das bisherige integrale Ausbildungssystem erwies sich als unzeitgemäß und vermochte den Anforderungen der Wirtschaft nicht mehr zu genügen. Der mentale Schritt vom ganzheitlichen Lehrgang hin zum flexiblen, bedürfnisgerechten und vernetzten Lernen wurde in einem Modulsystem verwirklicht. Die Schreinerbranche übernimmt damit eine Vorreiterrolle in der Modernisierung der beruflichen Weiterbildung in der Schweiz.

Geistige Mutter der neugestalteten beruflichen Weiterbildung war die Erkenntnis, dass der Wissenstransfer aus den konventionellen Meisterkursen die Erwartungen der Unternehmen nicht mehr erfüllt. Zudem störten sich Schulen an der unübersehbaren Konsumhaltung sowie der Motivations- und Konzentrationsschwäche der Meisterschüler. Was tun? Das Lernen neu erfinden? – Nicht ganz. Der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten VSSM entschloss sich jedoch vor drei Jahren, den Bereich der Weiterbildung grundlegend neu zu organisieren. Eine Umfrage zur Bedürfnisermittlung bei allen Weiter-bildungsinstitutionen bildete die Entscheidungsgrundlage. Heute ist das Konzept des Modulsystems erfolgreich eingeführt.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans, wenn er es braucht
Unter integralem Lernen wird die konventionelle Form des Absolvierens ganzer Kurse verstanden. Kurse, die wohl verschiedene Fächer beinhalten, die sich aber vorwiegend im theoretischen Raum bewegen. Solche Lehrgänge erfordern meist eine Langzeitpräsenz im Unterricht, die das Berufs- oder Familienleben oft empfindlich stören kann. Beat Wenger, Bereichsleiter Berufsbildung im VSSM, fasst die Idee des Modulsystems gedanklich so zusammen: „Weg von den Mega-Lehrgängen, hin zum Selbstbedienungsbuffet des auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnit-tenen Wissensmanagements.“ Umgesetzt bedeutet dies einen neuentwickelten Baukasten mit insgesamt 39 Modulen, die für die Ausbildung zum Maschinisten, zum Oberflächenspezialisten, zum Monteur oder zum Arbeitsvorbereiter genauso wie zum Werkmeister, zum Projektleiter oder zum Schreinermeister den individuellen Gegebenheiten entsprechend belegt werden können. – Im Rahmen gewisser Bedingungen hinsichtlich der Vorkenntnisse spielen weder der Zeitpunkt noch die Reihenfolge der besuchten Kurse eine Rolle. Module, die beispielsweise für die Vorbereitung auf den Abschluss als Arbeitsvorbereiter belegt wurden, zählen später bei einer Weiterbildung zum Meister als erfüllt. Die Module werden von den Weiterbildungsinstitutionen in der ganzen Schweiz in gleicher Qualität angeboten, so dass das System auch dem Trend zur geographischen Mobilität entgegenkommt. Die Ausbildungsstätten verstehen sich nicht mehr als Einzelinstitutionen, sondern sind zu „didaktischen Knotenpunkten“ geworden. Dieses neue Selbstverständnis manifestiert sich nicht nur im vereinheitlichten Bildungsangebot, sondern auch in einem alle Schulen erfassenden Intranet. Die Flexibilität des Baukastensystems lässt zudem die ständige Anpassung des Weiterbildungsangebots durch Zufügen, Verändern oder Streichen einzelner Module zu. Beispiel einer in Vorbereitung stehenden weiteren Qualifikationsstufe ist der „C-Schreiner“. Hierbei handelt es sich um die geplante Spezialausbildung zur Anwendung der CNC/CAD-Technologien. Allerdings dürfte dieser Lehrgang erst in etwa einem Jahr realisiert sein, weil zum einen die virtuelle Vernetzung der didaktischen Knotenpunkte noch nicht abgeschlossen ist. Zum anderen stehen im Bildungszentrum Bürgenstock des VSSM noch umfangreiche Investitionen an, bevor die Module zum C-Schreiner angeboten werden können. Zusätzlich ermöglicht das Modulsystem auch Nichtschreinern den Zugang zu spezifischen Lehrinhalten, womit die interdisziplinäre Qualifizierung von Nachwuchs- und Hilfskräften im gesamten Möbel- und Innenausbau gewährleistet ist. Das System bietet die Kompatibilität mit verwandten Branchen wie etwa dem Küchenbau, der Innenarchitektur, dem Laden- und Fensterbau oder dem Parkettbereich. Das Thema ist also nicht mehr der Beruf, sondern das Berufsfeld. Gemäss Wenger muss man heute nicht mehr zwingend Schreiner sein, um Schreinermeister zu werden: „Der Beruf fürs Leben hat bekanntlich ausgedient. Ein gelernter Schlosser kann jetzt bei entsprechender Praxis im Holzbereich über die vorgegebenen Module den Meisterbrief erlangen.“
Gesicherte Qualität, veränderte Prüfungen
Das ganze Weiterbildungsangebot wird vom VSSM über die Vergabe von Lizenzen koordiniert und überwacht. Ausbildungsinhalte und Qualität sind einem Qualitätssicherungssystem nach ISO 9000 unterstellt, womit der einheitliche Standard landesweit garantiert ist. Jede Ausbildungsstätte (mittlerweile sind es deren 10 mit rund 700 Lehrkräften) verpflichtet sich, die angebotenen Module gemäss den Anforderungen eines gesamtheitlichen Qualitätsmanagement-Handbuches aufzubauen. Beat Wenger spricht von Rahmenbedingungen, denen sich die Lernorte unterordnen müssen. Als Beispiel nennt er die Kundenorientierung: „Wenn der Kunde ruft, ist die Frage nicht, ob wir springen …, sondern wie hoch wir springen!“ Im weiteren müssen die Unterrichtsstätten bei jedem Modul die Umsetzung des Lehrplanes, die Gestaltung des Theorie-Praxis-Bezugs und den Aufbau der Schlussprüfungen belegen. Die Ausbildungszentren werden im Rahmen von Audits und Qualitätsregelkreisen bezüglich Ausführung und Wirkung der durchgeführten Module beurteilt. Gegenwärtig sind landesweit rund 240 Module akkreditiert und im Verlauf eines Jahres haben sich etwa 2500 Lernwillige in eines oder mehrere Module eingeschrieben. Der Zugang zur Meisterprüfung basiert jetzt vor allem auf den durch die absolvierten Module gesammelten „Credits“. Die Prüfung selbst dauert nur noch 16 Stunden und beinhaltet eine Aufgabenstellung aus der Praxis, die belegt, dass sich der Kandidat seiner neuen Rolle als Meister oder Werkmeister gewachsen fühlt. Die Problemstellungen werden von den Betrieben bei den Prüforganen zur Bearbeitung eingereicht.
Ausbildung als neue Form produktiver Arbeit
Als Folge des angebrochenen Kommunikationszeitalters wird Wissen immer umfangreicher, wächst rasch und veraltet schnell. Entsprechend flexibel muss nach Ansicht des VSSM die Weiterbildung heute arrangiert sein. Das organisierte, fremdbestimmte Lernen kann in seiner Starrheit diesen Forderungen nicht mehr nachkommen. Beat Wenger skizziert die Entwicklung so: „In den vierziger Jahren war die ‚Mechanische Schreinerei‘ der große Sprung weg vom reinen Handwerk. In den sechziger Jahren fanden Zeitwirtschaft (Refa) und ökonomische Überlegungen ihren Weg in die Holzwerkstatt. In den Achtzigern war der Umgang mit den elektronischen Hilfsmitteln das höchste der Gefühle und heute sind wir in einem Informationszeitalter. Wir erachten deshalb individuelle bedarfs- und praxisgerechte Angebote als unumgänglich. Die permanente Wissenserweiterung ist zu einem Nebenprodukt unserer Arbeitswelt geworden.“ Eines der wichtigen Anliegen des modularen Bildungssystems ist die Auflösung der Grenzen zwischen Theorie und Praxis, zwischen Lehrenden und Lernenden. Der „Baukasten“ bietet selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Team- und Projektlernen in permanenter und enger Verknüpfung mit der beruflichen Realität. Ausbilder werden dabei zu Moderatoren des Lernprozesses, an dem sie genauso teilnehmen können. Zudem ermöglicht das Modulsystem die sehr rasche Anwendung von gezielt erworbenen Teilkenntnissen. Zusammenfassend prognostiziert Beat Wenger: „Wir erleben eine vollständige Wandlung des Berufsbildes. Der Schreiner von morgen ist ein selbstverantwortlich und bedürfnisorientiert sich weiterbildender Lebensunternehmer.“
Andreas Grünholz
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de