Die am 25.09. im Bundesrat diskutierte Umsetzung der Europäischen Vergaberichtlinie in deutsches Recht berücksichtige die Belange kleiner und mittlerer Betriebe zu wenig, heißt es in einer Meldung des Baden-Württembergische Handwerkstag e.V.
So kritisiert Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold: „Ich bezweifle, dass der vorliegende Gesetzesentwurf kleinen und mittleren Betrieben die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen erleichtern wird.“
Was wurde diskutiert? Welche Gefahren bestehen?
Im Bundesrat gibt es Bestrebungen, die Vergabestellen zu verpflichten, von Bietern künftig Nachweise über die Einhaltung von vergabefremden Anforderungen im sozialen und ökologischen Bereich zu verlangen. Dem müsse ein Riegel vorgeschoben werden, so Reichhold. Zum einen sieht er die Gefahr, dass die Verfahren zur Erreichung allgemeinpolitischer Ziele mit wenig Bezug zum Auftragsgegenstand zweckentfremdet werden. Zum anderen befürchtet er, dass dies die Latte für viele Handwerksbetriebe zu hoch lege und mahnt: „Gestaltet man das Verfahren bürokratisch und kompliziert, darf man sich nicht wundern, wenn man nachher keine Bieter hat.“
Private Betriebe im Wettbewerb diskriminiert?
Reichhold bemängelt auch, dass es künftig für die öffentliche Hand leichter werde, Leistungen ohne Ausschreibung an andere öffentliche Stellen zu vergeben, wie etwa den städtischen Bauhof. Private Betriebe hätten dann keine Chance, einen Auftrag zu erhalten, selbst wenn sie die nachgefragte Leistung wirtschaftlicher anbieten können. „Zweck des Vergaberechts ist es doch, sicherzustellen, dass Steuergelder sinnvoll eingesetzt werden. Dies setzt aber voraus, dass öffentliche Aufträge im Wettbewerb und ohne Diskriminierung vergeben werden“, erklärt Reichhold und fordert: „Der Bundesgesetzgeber muss hier seine Spielräume zugunsten der Privatwirtschaft nutzen und ausschreibungsfreie Vergaben an öffentliche Stellen nur in Ausnahmefällen zulassen.“
Keine vorzeitige Umstellung auf elektronische Vergabe
Positiv sei, dass die Bundesregierung die Fristen für die Umstellung auf die elektronische Vergabe voll ausschöpfen wolle. „Das ist auch bitter nötig – schließlich haben viele Betriebe im ländlichen Raum immer noch keinen Zugang zu schnellem Internet“, verweist Reichhold auf eine weitere Baustelle. (mh)
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