1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Chancen nutzen – Risiken minimieren

Umweltschonende Oberflächentechnologien
Chancen nutzen – Risiken minimieren

Die Oberfläche eines Produkts bestimmt wesentlich seine Verwendbarkeit und Eignung im Hinblick auf gestellte Anforderungen. Aspekte wie Ästhetik, chemische oder mechanische Beständigkeit sind ausschlaggebend für die Beurteilung der Oberflächenqualität. Ziel muss es sein, die geforderten Beanspruchungen mit möglichst umweltverträglichen Systemen zu realisieren.

Die Endqualität einer Oberfläche wird in hohem Maße vom „Zusammenspiel“ des Trägermaterials, beispielsweise Holz, mit dem Beschichtungsmaterial bestimmt. Holz oder Holzwerkstoffe bedürfen in der Regel einer Oberflächenbehandlung, um die mechanische Abnutzung der Holzoberfläche zu verhindern und die Ästhetik der Oberfläche langfristig zu erhalten oder gar zu verbessern.

Während der letzten 10 – 15 Jahre sind die Anforderungen an Oberflächen im Innenbereich (Möbel, Parkett, Treppen, etc.) deutlich gestiegen. Im Möbelbereich, ganz besonders im Bereich der Kü-chenmöbel, bestimmt vor allem die HPL-Oberfläche den Qualitätsstandard. Rundungen und innenliegende Profilierungen im Plattenwerkstoff sind heutzutage für die Beschichtung mit HPL durch die Membrantechnik bei der industriellen Fertigung kein Hindernis mehr. Massivholzoberflächen werden jedoch in der Regel mit flüssigen Systemen beschichtet.
HPL-Oberflächen zeichnen sich meistens durch hohe Abriebfestigkeit, mechanische und chemische Beständigkeit aus. Diese Pluspunkte von HPL sind daher auch häufig der Referenzstandard für mit Lacken beschichtete Oberflächen. Diese hohen Anforderungen sind allerdings hinsichtlich des Anwendungsbereichs (z. B. Privatmöbelsektor) häufig überzogen und somit nicht notwendig. Mit HPL beschichtete Plattenwerkstoffe werden im Tischlerhandwerk in der Regel als Halbfertigware verarbeitet. Profilierte Teile werden vom Handwerker überwiegend mit flüssigen Beschichtungsmitteln (Lacke) behandelt, da die Verfahrenstechnik für die HPL Beschichtung aufwändig und kostenintensiv ist und im 3-D Bereich seine Grenzen hat.
Das Tischlerhandwerk ist gekennzeichnet durch die individuelle Einzelfertigung, also die Fertigung nach Maß. Hierbei spielen vor allem dreidimensionale Formen eine wichtige Rolle. Hohe Ansprüche an die Ästhetik und Haptik sind kennzeichnend für den Kundenkreis des Schreiners und Tischlers.
Eine hohe Flexibilität der Oberflächenbeschichtung ist daher Voraussetzung für die kundengerechte Gestaltung der Produkte. In Fällen, in denen bestehendes Interieur beim Kunden ergänzt wird, wird vor allem diese Flexibilität der Oberflächenbeschichtung mit Blick auf die Ästhetik gefordert. Applikationssysteme, wie das Spritzen und Streichen, gehören zur Standardausrüstung einer jeden Tischlerei. Die hohe Flexibilität in der Farb- und Effektgebung werden in der Regel durch Lacksysteme gewährleistet, die organische Lösungsmittel erhalten. Denn lösemittelhaltige Lacksysteme sind hinsichtlich der Verarbeitungsbedingungen tolerant.
VOC-Reduzierung
Fotochemischer Smog mit all seinen negativen Auswirkungen entsteht durch die Bildung von bodennahem Ozon. Neben einer intensiven Sonneneinstrahlung wird das Vorhandensein von flüchtigen organischen Verbindungen hierfür verantwortlich gemacht. Aus diesem Grunde werden seit rund 15 Jahren intensive Anstrengungen unternommen, die Emission flüchtiger organischer Lösemittel in allen Bereichen deutlich zu reduzieren. Dies hat auch zu der Entwicklung neuer Produktsysteme bei der Oberflächenbeschichtung geführt.
Im nationalen Umfeld will man durch die Umweltregelwerke (z. B. TA-Luft), auf europäischem Niveau durch die VOC-Richtlinie auf das schrittweise Ersetzen lösemittelhaltiger Beschichtungssysteme hinwirken. Hierdurch wurde die Produktentwicklung im Bereich Farben und Lacke deutlich vorangetrieben.
Farb- und Lacksysteme auf Basis von wässrigen Dispersionen standen am Anfang der Entwicklung. Die ästhetischen, mechanischen und Verarbeitungseigenschaften der ersten Generation konnten die der hochwertigen lösemittelhaltigen Systeme noch nicht ersetzen. Nach einer langen intensiven Entwicklungsperiode kamen die ersten wassertragenden Lacksysteme auf den Markt, die ähnliche Eigenschaften wie die herkömmlichen lösemittelhaltigen Produkte aufwiesen. Dennoch handelt es sich um zwei verschiedene Produkte, weshalb diese auch nicht eins-zu-eins gegeneinander ausgetauscht werden können, ohne das die eine oder andere Eigenschaft verändert wird.
In der industriellen Fertigung, teilweise sogar im Handwerk, haben mittlerweile auch UV-härtende Lacksysteme Einzug gehalten. Die neusten Entwicklungen im lösemittelfreien Beschichten findet man im Bereich der Pulver-systeme.
Weiteres Potential zur Lösemittelreduzierung bietet die Auswahl des geeigneten Applikationssystems. Zu nennen wären hier das Heißspritzen (Systeme mit hohem Feststoffgehalt) und Applikationssysteme, die zur Reduzierung des Oversprays beitragen (Walzen, elektrostatisches Spritzen, HVLP, etc.). Auch ein mehrschichtiger Lackaufbau kann zur Reduzierung des Lösemittelanteils der Oberflächenbeschichtung beitragen, wenn minimal eine der Schichten aus einem lösemittelfreien Lacksystem besteht. Durch diese Maßnahme kann der Lösemittelverbrauch im Einzelfall um bis zu 80 Prozent reduziert werden.
Vielfältige Systeme
Die Anzahl der lösemittelarmen Lacksysteme auf dem Markt hat während der letzten Jahre deutlich zugenommen. Zu nennen sind die 1-Komponenten Wasserlacke ohne und mit zusätzlichem Härter, die 2-Komponenten Wasserlacke sowie die UV-Lacksysteme mit sehr geringen Lösemittelanteilen und solche auf Wasserbasis. Im Bereich der Naturprodukte haben sich vor allem Öle, Wachse und Schellack im Markt etabliert. In der Entwicklung mit bereits kleinen Gehversuchen am Markt, werden die so genannten High-Solids und Pulversysteme gehandelt.
Man kann also feststellen, dass die Palette neuer und innovativer lösemittelarmer Lacksysteme für die Holzbranche vielfältig ist. Allerdings muss angemerkt werden, dass jedes dieser Systeme auch unterschiedliche Eigenschaften aufweist. Die Eigenschaften der einzelnen Systeme haben eine stark reduzierte Spannweite, die sich nicht durch einfache Zusätze deutlich erweitern lassen.
Das breite Angebot lösemittelarmer Lacksysteme ist auf der einen Seite positiv, auf der anderen Seite sind sie hinsichtlich ihrer Eigenschaften nicht immer deckungsgleich mit den herkömmlichen lösemittelhaltigen Systemen.
Für die industrielle Fertigung ist es möglich, durch spezielle Anpassungen der Lackeinstellung, des Applikationssystems sowie des Aushärtungs- bzw. Trocknungssystems optimale Oberflächeneigenschaften entsprechend des Anforderungsprofils zu erreichen. Diese Optimierung ist mit deutlichen Mehrkosten verbunden und beschränkt die Flexibilität hinsichtlich unterschiedlicher Anforderungen in der Oberflächengestaltung.
Tischlerbetriebe zeichnen sich aus durch ihre hohe Flexibilität gegenüber der industriellen Fertigung. Wie bereits erwähnt, sind die Anforderungen an Oberflächen, die Tischler erstellen müssen, sehr unterschiedlich. Sie reichen von hoch strapazierbaren Küchenmöbeloberflächen über rustikale Wohnmöbeloberflächen bis hin zu modernen Objektmöbeloberflächen.
Lösemittelhaltige Lacksysteme lassen sich relativ einfach für die entsprechende Oberflächenanforderung modifizieren. Auch die Applikations- und Aushärtungs- bzw. Trocknungssysteme für solche Lacksysteme sind sehr flexibel und leicht zu handhaben. Die Kosten bewegen sich – wegen der hohen Flexibilität – daher im akzeptierten Toleranzbereich.
Der Tischler steht in direktem Kontakt mit dem Kunden, der seine Wünsche anmeldet und letztendlich „neue Oberflächen“ hinsichtlich der Ästhetik mit den „alten“, herkömmlichen Oberflächen vergleicht. Da wassertragende Lacke nicht immer die Brillanz lösemittelhaltiger Lacksysteme aufweisen, müssen die Kunden von den Vorteilen des „neuen“ Systems überzeugt werden, was nicht immer gelingt. In der Konsequenz muss also entweder das „alte“ System verwendet oder aber der Verlust des Auftrags in Kauf genommen werden.
Technische Kriterien
Lösemittelarme Lacksysteme erfordern veränderte Applikations- und auch Trocknungssysteme. Spritzsysteme für wasserbasierende Lacke müssen aus rostfreiem Stahl gefertigt sein. Auch an die Verarbeitungstemperatur des Lackes werden Anforderungen gestellt. Beispielsweise dürfen die Verarbeitungstemperaturen nicht unter 10 °C liegen. An die Trocknung des Lackfilms werden ebenfalls hohe Anforderungen gestellt, da diese letztendlich für die Qualität der ausgehärteten Oberfläche verantwortlich ist. Sie muss unter kontrollierten Umständen (Luftströmung, Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit) durchgeführt werden.
UV-Systeme haben den Vorteil des sekundenschnellen Aushärtens. Jedoch ist die UV-Aushärtung auf Flachteile beschränkt. Nur mit hohem Investitionsaufwand sind auch dreidimensionale Objekte mit UV-Lack zu beschichten und auszuhärten.
Alles in allem
Tischlerbetriebe zeichnen sich in der Regel durch ihre hohe Flexibilität aus. Diese Flexibilität spiegelt sich auch in den unterschiedlichsten Oberflächenqualitäten wider. Abhängig von dem Flexibilitätsgrad der Produktpalette, die ein Betrieb bietet, lassen sich moderne wassertragende und UV-Lacksysteme in die Tischlerbetriebe transferieren.
Mittlerweile wurden in den verschiedenen Bundesländern Projekte zur Reduzierung des Lösemittelverbrauches im Tischlergewerbe durchgeführt, mit positivem Erfolg im Hinblick auf die erzielten Oberflächenqualitäten. Dennoch konnten sich wassertragende Systeme bei den Tischlerbetrieben bei weitem nicht flä-chendeckend durchsetzen. Grund hierfür ist die extrem breite Produktpalette der Betriebe.
Der Wechsel auf neue Lacksysteme bedeutet für die Betriebe eine völlige Umstellung des Fertigungsablaufs und entsprechend hohe Investitionen. Die parallele Handhabung von wassertragenden und lösemittelhaltigen Lacksystemen ist aus wirtschaftlichen Gründen in kleinen Tischlerbetrieben nicht durchführbar.
Die Reduzierung des Lösemittelverbrauchs kann auf verschiedene Weise angegangen werden:
• Verringerung des Oversprays
• Heißspritzen (hoher Feststoffgehalt)
• Ersetzen einzelner Lackschichten durch Wasserlack
• Recycling der Lösemittel für die Reinigung der Anlage.
Im Umfeld der Neuentwicklungen werden sicherlich langfristig für einige Bereiche High-Solid-Systeme, also Systeme mit sehr hohem Festkörpergehalt, sowie die Pulverschichtung eine interessante Option für Tischler sein.
Aufgrund der hohen Investitionskosten und zunehmenden Komplexität der Beschichtungstechniken ist nicht auszuschließen, dass sich in Zukunft auch Tischlerbetriebe auf Beschichtungsarbeiten spezialisieren, also für Tischlerkollegen als Oberflächendienstleister fungiert. Natürlich gibt es auch hier – wie überall – „Haken und Ösen“, beispielsweise das Problem der Logistik.
Diesen neuen Herausforderungen müssen sich alle Betriebe stellen. Lösungen müssen jedoch individuell gefunden werden, wenn die Flexibilität und Innovationskraft kleiner und mittelgroßer Betriebe in unserem Wirtschaftsnetz ihren Stellenwert behalten sollen.
Voraussetzung für die Umsetzung dieser „neuen“ Lacksysteme in Tischlerbetrieben ist vor allem auch die nachhaltige Schulung des Personals und die intensive Begleitung bei der Umsetz-ung durch kompetente Berater.
Diplom-Holzwirt Wolfgang Gard
Technologie-Transfer-Berater
Technologie-Zentrum Holzwirtschaft, 32657 Lemgo
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de