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Das neue Schuldrecht

Seit Anfang des Jahres gilt es
Das neue Schuldrecht

Seit Anfang des Jahres gilt das neue Schuldrecht. Mit der Novellierung des BGB gilt jetzt der Grundsatz: „Nichts ist mehr so, wie es einmal war.“ Der nach-folgende Beitrag soll einen Überblick über die wesentlichen Eckpunkte und die für das Handwerk-relevanten Kernthemen der Reform geben.

Der Autor: Rechtsanwalt Georg Stoffels ist Leiter der Rechtsabteilung der Handwerkskammer Aachen

Pünktlich zum 01. Januar 2002 ist das neue Schuldrecht in Kraft getreten, das zu einer tiefgreifenden Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geführt hat. Betroffen ist nahezu jeder, der Verträge ab-schließt. Auch jeder Handwerksbetrieb muss sich nun auf neue Verjährungsregeln, insbesondere geänderte Gewährleistungsfris-ten, ein nahezu komplett geändertes Kaufrecht sowie neue werkvertragliche Bestimmungen einstellen.
Regelverjährung wird auf drei Jahre reduziert
Die bisher nach altem Recht geltende Regelverjährungsfrist von 30 Jahren ist nun auf drei Jahre reduziert worden. Somit gilt für alle Ansprüche, egal ob auf Zahlung, Schadensersatz oder Herausgabe gerichtet, grundsätzlich gilt die 3-jährige Verjährungsfrist, es sei denn, im Gesetz ist eine abweichende Regelung getroffen. Erfasst von dieser Neuregelung sind beispielsweise Werklohnforderungen von Handwerksbetrieben. Auch Lohn- und Gehaltsansprüche von Gesellen, Arbeitnehmern und Lehrlingen unterliegen der 3-jährigen Regelverjährungsfrist.
Wie bisher beginnt die Verjäh-rungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, also nicht schon bereits bei Abschluss des Vertrages.
Ausweitung der Verbraucherrechte im Kaufrecht
Die wichtigsten Neuerungen des Schuldrechts sind im Kaufrecht angesiedelt:
• Ist die gekaufte Sache fehlerhaft, kann der Käufer nunmehr zwei Jahre lang – seit Übergabe des Kaufgegenstandes – Gewährleistungsansprüche geltend machen (bislang sechs Monate).
• Werden Grundstücke mit Bauwerken verkauft, so gilt für die Mangel am Bauwerk nach neuem Recht sogar eine fünfjährige Gewährleistungsfrist ab Übergabe. Gleiches gilt für ein mangelhaftes Bauteil, das in ein Bauwerk eingebaut wird und dessen Mangelhaftigkeit verursacht.
• Wenn Handwerkbetriebe also Baumaterialien liefern, beispielsweise Farbe, die sich später als mangelhaft erweisen, müssen sie damit rechnen, auch noch bis zu fünf Jahren von ihrem Kunden in Anspruch genommen zu werden. Andererseits kann der Betrieb wiederum mit einer entsprechend langen Frist auf seinen Lieferanten zurückgreifen.
Wenn die verkauften Baustoffe zunächst längere Zeit beim Käufer „liegen bleiben“ oder woanders zwischengelagert werden, ist allerdings die Gewährleis-tungsfrist bereits nach zwei Jahren verstrichen. Denn so lange ein Baumaterial nicht verbaut wird, wird es rechtlich wie ein „normaler“ beweglicher Kaufgegenstand betrachtet, und der unterliegt wie zuvor beschrieben der zweijährigen Gewährleistungsfrist.
Beim Verkauf von Materialien von Unternehmer zu Unternehmer gibt es grundsätzlich keine Haftungsbeschränkungen. Hier ist also grundsätzlich ein völliger Haftungsausschluss durch Vertrag möglich, wobei zu empfehlen ist, diesen Haftungsausschluss zunächst noch einzelvertraglich zu vereinbaren, also nicht durch vorformulierte Vertragsformulare (AGB).
• Bei Geschäften mit Privatleuten, dem so genannten Verbrauchsgüterkauf, gelten zu Las-ten des Verkäufers teilweise strengere Regelungen. Hier ist eine Verkürzung der Gewährleistungsfristen weder durch All-gemeine Geschäftsbedingungen noch durch Einzelvertrag möglich. Lediglich beim Verkauf von gebrauchten Sachen ist eine vertragliche Verkürzung der Gewährleistungsfristen auf maximal ein Jahr möglich.
• Auch muss der Verbraucher innerhalb der ersten sechs Monate der Gewährleistungsfrist dem Verkäufer nicht mehr beweisen, dass der Mangel von Anfang an da war. Es wird gesetzlich vielmehr vermutet, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. Der Verkäufer muss dann nachweisen, dass dies eventuell nicht so war. Nach Ablauf der sechs Monate liegt dann die Beweislast allerdings ganz beim Käufer.
Ein Haftungsausschluss will wohl überlegt sein
„Darf ich oder darf ich nicht ?“ – Diese Frage wird von vielen Handwerksbetrieben gestellt, wenn es darum geht, sich gegen allzu lange Gewährleistungsfris-ten durch einen vertraglichen Haftungsausschluss zu schützen. Hier stellt das Gesetz leider auch einige komplizierte Hürden auf. Handwerksbetriebe sind gut beraten, sich mit diesen Regelungen vertraut zu machen, bevor sie entsprechende Vertragsabsprachen treffen oder ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abändern.
Beim Verkauf neuer Waren an Privatkunden ist ein Ausschluss der gesetzlichen 2-Jahresfrist gänzlich unmöglich. Einzelvertragliche Absprachen oder AGB, die die Haftung des Verkäufers auch nur minimal einschränken, sind unwirksam. Hier hat der Verbraucherschutz absolute Vorfahrt. Für Kaufverträge mit gewerblichen Kunden gelten diese strikten Regelungen nicht, hier kann der Verkäufer grundsätzlich seine Haftung durch vertragliche Absprachen auf „Null“ reduzieren. Das gilt gleichermaßen für neue und gebrauchte Waren.
Wenn Handwerksbetriebe einen Gewährleistungsausschluss bzw. eine Gewährleistungsreduzierung in ihren AGB verankern wollen, müssen somit letztlich, je nach Adressatenkreis (gewerbliche Käufer oder Privatkunden), unterschiedliche AGB bereit gehalten werden.
Bei formularmäßig vorformulierten Liefer- oder Geschäftsbedingungen mussten Betriebe bislang die Vorschriften des AGB-Gesetzes (Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen) beachten. Das AGB-Gesetz gibt es als eigenständiges Gesetz nun nicht mehr, inhaltlich findet es sich jedoch im neuen BGB wieder. Nach wie vor müssen Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf achten, dass die Klauseln (das „Kleingedruckte“) den Vertragspartner nicht zu sehr beeinträchtigen und nicht zu überraschend sind, da derartige Klauseln sonst unwirksam sind. Das neue BGB enthält einen ganzen Katalog von Klauseln, die von vornherein für unwirksam erklärt werden.
Ansonsten gilt nach wie vor der Grundsatz, dass AGB’s nur dann mit Vertrag Bestandteil werden, wenn der Kunde bei Vertragsschluss in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis nehmen konnte. Es reicht somit nicht aus, dass der Kunde nach Auftragserhalt oder erst mit Versendung der Rechnung auf die AGB’s verwiesen wird. Das ist zu spät.
Verkäufer haftet für Herstellerangaben
Mangelhaft ist neuerdings eine Kaufsache selbst dann, wenn sie nicht den Werbeaussagen des Verkäufers, seines Mitarbeiters oder des Herstellers entspricht. Demnach kann der Kunde die Kaufsache zurückgeben, wenn sie nicht die in der Werbung versprochenen Eigenschaften hat und die Werbung seine Kaufentscheidung beeinflusst hat. Entsprechendes gilt bei Anpreisungen eines Mitarbeiters. Auch eine fehlerhafte Montageanleitung oder schwer verständliche Bedienungsanleitung kann jetzt als Sachmangel gewertet werden, selbst wenn die eigentliche Kaufsache fehlerfrei ist (so genannte IKEA-Klausel). Bereits eine Bedienungs- oder Montageanleitung in fremder Sprache ist grundsätzlich als Fehler der Kaufsache zu betrachten.
Der Käufer hat die Wahl
Bislang konnte der Käufer nur zwischen zwei Gewährleistungsrechten wählen, nämlich zwischen Rückgängigmachung des Vertrages und Herabsetzung des Kaufpreises.
Erstmals hat nun der Käufer wie im Werksvertragsrecht einen „Nacherfüllungsanspruch“. Diesen muss er vorrangig geltend machen, bevor er auf die anderen Rechte zurückgreift. Dabei hat er das Wahlrecht, bei einer mangelhaften Sache Nachbesserung oder Nachlieferung zu verlangen. Der Verkäufer kann die gewählte Form der Nacherfüllung (Neulieferung oder Nachbesserung) wiederum verweigern, wenn diese für ihn eine unverhältnismäßige Belastung bedeuten würde. Als Beispiel sei hier der Verkauf einer Schraube mit fehlerhaftem Gewinde genannt. Hier wäre es sicher unverhältnismäßig, eine „Nachbesserung“ im Sinne einer Reparatur der Schraube zu verlangen. Der Käufer kann nur Neulieferung verlangen.
Es ist alleine Sache des Betriebes, auf welche Weise dann nachgebessert wird. Etwaige gut gemeinte Ratschläge des Kunden, wie der Mangel zu beseitigen sei, kann dieser also ruhigen Gewissens zurückweisen. Entscheidet sich der Käufer für die Neulieferung, muss er selbstverständlich die mangelhafte Sache zurückgeben. Besonders misslich für den Verkäufer einer mangelhaften Ware ist die Bestimmung, dass er auch für die Aufwendungen der Nacherfüllung aufzukommen hat. Er muss somit auch Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten übernehmen, wenn er zurecht mit Nachbesserungs- oder Neulieferungsansprüchen des Kunden konfrontiert wird.
Erst wenn die Nacherfüllung gescheitert ist, weil sie beispielsweise für den Verkäufer insgesamt unverhältnismäßig ist oder weil die vom Käufer zur Nacherfüllung gesetzte Frist erfolglos abgelaufen ist, kann der Käufer den Vertrag rückgängig machen oder den Kaufpreis reduzieren. Auch kann er etwaigen Schadensersatz geltend machen.
Im Kaufrecht gilt die Nachbesserung als fehlgeschlagen, wenn auch der zweite Reparaturversuch zu nichts geführt hat. Der Kunde wird also nicht bereits dann vom Kaufvertrag zurücktreten können, wenn wegen des geltend gemachten Mangels nur ein Nachbesserungsversuch erfolglos geblieben ist.
Was ist neu im Werkvertragsrecht?
Auch beim Werkvertrag gibt es eine Änderung der Gewährleis-tungsfristen. Bei der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer beweglichen Sache (z. B. Möbelstück) gilt nunmehr wie im Kaufrecht eine 2-jährige Verjährungsfrist. Bislang galt für solche Leis-tungen die 6-monatige Verjäh-rungsfrist.
Neu ist auch, dass bei der Anfertigung, also Neuherstellung eines individuellen Werkes, das anschließend dem Kunden geliefert wird, grundsätzlich das Kaufvertragsrecht gilt. In der Praxis bedeutet dies, dass die 2-jährige Gewährleistungsfrist für ein solches Werk bereits bei der Übergabe zu laufen beginnt (und nicht erst bei der Abnahme wie sonst beim Werkvertrag). Auch gilt bei solchen Werkverträgen gegenüber Verbrauchern die zuvor beschriebene Beweislastumkehr innerhalb der ersten sechs Monate. Der Tischler, der also individuell einen Schrank fertigt und liefert, wird rechtlich wie der Verkäufer eines Schrankes betrachtet.
Bei reinen Bauwerksleistungen, also Arbeiten an einem Bauwerk, bleibt es bei der 5-jährigen Verjährungsfrist ab Abnahme des Werkes. Besonderheiten gelten weiterhin, wenn dem Vertrag die VOB zugrunde gelegt worden ist. Hier gilt dann grundsätzlich eine 2-jährige Verjährungsfrist.
Erstmals werden jetzt auch Planungs- und Überwachungsleis-tungen (z. B. Architektenleistungen), die dem Erstellen eines Werkes dienen, von der jeweiligen Verjährungsfrist des Werkes erfasst. Der Architekt haftet also auch für seine planerischen Leistungen fünf Jahre, wenn diese zu einem Mangel des Bauwerks führen.
Es muss nicht immereine Mahnung sein
Handwerksbetriebe sind gut beraten, die neuen Instrumente des Schuldrechts auszuschöpfen, um den Schuldner richtig in Verzug zu setzen. Er muss dann nämlich nicht nur den Rechnungsbetrag, sondern auch den Verzugsschaden des Gläubigers tragen. Der klassische Fall des Verzuges wird auch nach neuem Recht durch eine Mahnung, also eine schriftliche Aufforderung zur endgültigen Zahlung des Rechnungsbetrages begründet. Man kann erst dann eine Mahnung rausschicken, wenn die Forderung auch fällig ist. Bei Werkleistungen, beispielsweise bei einer Fensterreparatur, ist der Werk-lohn fällig, wenn der Kunde die Leistung abnimmt und sodann die Rechnung erhält. Im Falle reiner Handelsgeschäfte wird bereits bei Ablieferung der Kaufsache und Vorlage der Rechnung der Kaufpreis fällig.
Zahlt der Kunde in der Folgezeit nicht, muss dieser durch ein Mahnschreiben in Verzug gesetzt werden. Der Kunde gerät dann mit Erhalt des Mahnschreibens bereits in Verzug. Allerdings lässt sich leider nicht immer genau nachweisen, zu welchem konkreten Zeitpunkt der Schuldner ein Schreiben erhält, so dass es sich empfiehlt, in dem Mahnschreiben eine genaue Zahlungsfrist zu benennen (z. B. „bitte zahlen Sie spätestens bis zum 02.10.2002“).
Spätestens mit dem Verstreichen dieser Frist befindet sich der Schuldner auf jeden Fall in Verzug.
Vielfach wird angenommen, der zahlungsunwillige Kunde müsse mindestens dreimal gemahnt werden, bevor weitere rechtliche Schritte in die Wege geleitet werden könnten. Dies ist nicht richtig. Im Grunde können bereits nach einer fruchtlosen Mahnung „stärkere Geschütze“ aufgefahren werden.
Der Kunde muss allerdings nicht gemahnt werden, wenn von vornherein vertraglich ein bestimmter Zeitpunkt für die Erbringung der Leistung bestimmt ist. Nach altem Recht musste aber der Zeitpunkt der Zahlung genau nach dem Kalender bestimmt sein .
Nach neuem Recht muss die Fristsetzung nicht mehr so genau bestimmt sein, vielmehr reicht es aus, wenn die Frist „bestimmbar“ ist, also sich nach einem Ereignis berechnen lässt. Zulässig wäre somit jetzt auch eine Vertragsvereinbarung mit dem Zusatz „zahlbar zwei Wochen nach Lieferung“ oder „nach Rechnungserteilung“. Hier ist allerdings darauf zu achten, dass eine „ange-messene Frist“ gewährt wird.
Für welche Verträge gilt das neue Recht?
Die neuen Regeln gelten für alle Verträge, die ab dem 01.01.2002 abgeschlossen werden. Für Altverträge vor dem 01.01.2002 gilt grundsätzlich das alte Recht fort. Ausgenommen hiervon sind allerdings bereits bestehende so genannte Dauerschuldverhältnisse (z. B. Wartungsverträge, Arbeitsverträge, Mietverträge etc.), die vor dem 01.01.2002 abgeschlossen wurden. Für diese Verträge gelten die neuen Regeln erst ab dem 01.01.2003. Hier wird also ein Jahr als Übergangszeitraum zugebilligt. o
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