1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Der runde Tisch

Staatliche Gewerbeschule, Hamburg
Der runde Tisch

Im Frühjahr 2002 hat alles begonnen. Damals war die Holztechnik-Klasse der Hamburger Berufs-schule im ersten Ausbildungsjahr. Ein Jahr später war der runde Tisch komplett. „Wir sind mächtig stolz darauf, dieses große Werk von Anfang bis Ende zusammen mit unseren Lehrern geschafft zu haben“, so der einstimmige Tenor der beteiligten Schüler.

Die Idee für die Projektarbeit entstand, weil der Klassenraum unbefriedigend möbliert war. Und auf einer Klassenfahrt nach Dänemark nahm das Ganze dann Formen an. Die Diskussionsrunden während der Fahrt, in den Dünen der Insel oder beim Abendessen machten schnell klar, dass die Konzeption eines neuen Schultisches am reizvollsten war: „Wir wollten an der Schule ein Zeugnis hinterlassen, das für einen langen Zeitraum vielen Schülern einen spürbaren Nutzen bringt.“

Aus Skizzen und Gesprächen ging der Wunsch hervor, den Tisch so zu gestalten, dass Zusammenarbeit und Teamgeist im Unterricht gefördert werden. „Starre, rechteckige Formen waren nach unserer Einschätzung ungeeignet, ein neues Verständnis von Lernen zu kreieren. Eine unserer Leitlinien bei der Entwicklung hieß ,Barrierefreies Lernen’“.
Um ein neues Möbel bedarfs- und produktionsgerecht planen zu können, müssen das Umfeld, in dem das Möbel stehen soll, und die Produktionsmöglichkeiten analysiert werden. Unterschiedliche Fächer wurden genutzt, um das Thema „Schulmöbel“ interdisziplinär zu beleuchten. Dazu gehörte auch, die historischen und aktuellen Bedeutungen von „Tisch“ zu erörtern, die Wirkungen unterschiedlicher Materialien zu erproben oder Fragen von Statik und Dynamik, Ergonomie, Wartung, Reparatur und Recycling zu diskutieren. Im CAD-Unterricht konnten erste Details erprobt und zeichnerisch ermittelt werden. Im Fach „Rechnen“ wurden Roh- und Fertigmengen errechnet und vorläufige Materialkosten zusammengestellt.
Als großer Vorteil stellte sich der Modellbau im Maßstab 1:1 heraus: Mit einfachsten Materialien gelang es, die verschiedenen, in Gruppenarbeit erstellten Tischkonzeptionen nachzubilden und Stellmöglichkeiten in dem zu möblierenden Klassenraum realitätsnah zu veranschaulichen.
„Zentrale Entscheidungen trafen wir als gesamte Klasse in Beratung mit unseren Lehrern. Detailprobleme lösten verschiedene Teams nach Absprache selbstständig. Dieses Verfahren setzten wir auch während der Fertigungsphase fort.“ Die Schüler entschieden sich für einen Kreisringausschnitt, der sich einzeln, im Kreis – bei einem Außendurchmesser von 4 m, bestehend aus zwölf Einzeltischen – und auch in anderen Formationen stellen lässt.
In der praktischen Erprobung und auch in der Produktion selbst zeigte sich sehr bald, dass man nicht alles planen kann. Diese Erfahrung machte unter anderem den Reiz und die Realitätsnähe des Unterrichts aus. Beispielsweise wies erst die vierte Holzlieferung die erforderliche Holzfeuchte und Qualität auf. Von der ersten Holzauswahl bis hin zur Oberflächenbehandlung wurden alle Arbeitsgänge von den Schülern organisiert und ausgeführt. Eine kleine Schülergruppe war für die Koordination verantwortlich, was sich sehr positiv auf Aufgabenverteilung und Abläufe auswirkte. Das gab den Lehrern die Gelegenheit, am Objekt Sachverhalte zu vermitteln, z.B. geometrische und arithmetische Operationen zwecks Bestellung des speziellen Fräsmessers zur Fertigung der Tischbeine.
Die Entwicklung von Vorrichtungen für bestimmte Fertigungsschritte, z.B. Herstellung der Beine mit Standard- und CNC-Maschinen, erforderte viel Verständnis für Material, Maschine, Werkzeugdaten und Arbeitssicherheit.
Durch gute Planung und Kommunikation bei allen Mitwirkenden gelang es letztlich, das Projekt erfolgreich abzuschließen. Auch die Bereitschaft in der Klasse, über die normalen Schulzeiten hinaus zu arbeiten, trug wesentlich dazu bei, das Projekt termingerecht zu beenden. Reflexionen und Diskussionen beanspruchten zwar viel Zeit, aber sie zahlten sich am Schluss im Lernerfolg aus.
Das Projektergebnis wurde in zweifacher Weise präsentiert: Die Klasse nahm am bundesweiten Wettbewerb „CNC-conform / Spielart“ teil, der vom Verband „tischler nrw“ ausgelobt wurde. Eine offizielle Präsentation mit zwölf geladenen Gästen bildete den gelungenen Schlusspunkt für ein Projekt, das insgesamt neun Wochen in Anspruch genommen hatte. Angedacht ist, für den Tisch einen Geschmacksmusterschutz einzureichen. Außerdem soll ein neuer Unterrichtsraum – der im Bau befindliche Gestaltungsraum – mit den Tischen eingerichtet werden. Jetzt wird versucht, in Hamburg einen Tischlereibetrieb zu finden, der sich zu einem vertretbaren Preis mit Hilfe der Schüler-Vorarbeiten an eine Produktion heranwagt.
Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Die beteiligten Lehrer befürchten, dass dieses Projekt einen Abgesang auf die Praxisorientierung an ihrer Berufsschule dargestellt hat. Die Qualität von Berufsbildung werde der Kostenminimierung im Schulwesen zum Opfer fallen, so die Kritik. Schon dieses Projekt konnte nur durch die engagierte Mehrarbeit der Lehrer durchgeführt werden. Wenn solche Projekte zukünftig nicht mehr durchgeführt werden könnten, wäre das schade, denn nur so besteht die Möglichkeit, Gedankengänge und Tätigkeiten zu vollziehen, die im Betrieb in dieser Komplexität und Ganzheit nur selten gelernt werden können. Bei der Planung und Umsetzung des Projekts trugen alle Schülerinnen und Schüler Verantwortung, konnten mitbestimmen und waren somit am erfolgreichen Abschluss direkt beteiligt. Das Lernen nach Klingelzeichen trat in den Hintergrund zugunsten eines Vorgehens gemäß der augenblicklichen Erfordernisse. Dem Lernkanon musste mit komprimierten „Vorlesungseinheiten“, Arbeit mit dem Fachbuch oder aufgearbeiteten Skripten der Lehrer Rechnung getragen werden.
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de