1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Die Philosophie des Nutzen-Bietens

Folge 2
Die Philosophie des Nutzen-Bietens

Die Dinosaurier sind ausgestorben, weil sie nicht mehr in der Lage waren, sich den veränderten Umweltbedingungen anzupassen. Das gleiche Schicksal droht nun auch jenen Schreinereibetrieben, die noch immer das tun, was sie schon immer getan haben und dabei übersehen, daß sich die Wünsche und Erwartungen ihrer Kunden in den letzten Jahren dramatisch verändert haben. Erfolgreichen Betrieben hingegen ist eines gemeinsam: Sie konzentrieren sich in erster Linie auf ihre Kunden und haben sich deren Wohlergehen zur wichtigsten Aufgabe gemacht Dieses Umfrage-Ergebnis macht auf sehr eindrucksvolle Weise deutlich, was Kunden sich am meisten wünschen und, wie sie tatsächlich behandelt werden. Warum aber fällt es gerade vielen Handwerksbetrieben offensichtlich so schwer, sich auf die Kundenbedürfnisse einzustellen ?

Von Michael Borchardt

Handwerksbetriebe sind produktorientiert
In der Tradition des Schreinerhandwerks stand sowohl in der Ausbildung als auch in der späteren Berufsausübung immer das Produkt im Vordergrund. Die handwerkliche Qualität und Ausführung eines Möbelstücks war das wichtigste Kriterium der geleisteten Arbeit. Dies war auch wichtig, solange es letztlich von dem „Geschick der Hände“, also dem „Hände- Werk“ abhing, wie gut oder schlecht ein Produkt war. Heutzutage dominiert in den meisten Werkstätten der Maschinenpark, und selbst die Großindustrie ist mittlerweile durch die ausgereifte CNC-Technik in der Lage, hochwertige Produkte anzubieten, die einer handwerklichen Qualität oft sehr nahe kommen. Dadurch sind Produkte und deren Qualität immer ähnlicher geworden. Und damit letztlich auch austauschbar.
Obwohl das Produkt schon lange nicht mehr im Vordergrund einer Kaufentscheidung steht, versuchen auch heute noch viele Handwerker, ihren Preis über die Produktqualität zu rechtfertigen. Und hören dann vom Kunden immer wieder das Gleiche: „Zu teuer!“.
Entscheidend ist der Service
Wohlstand, Freizeit und ein tiefgreifender Wertewandel haben in unserer Gesellschaft dazu geführt, daß sich die Gewohnheiten und Ansprüche des Kunden in den letzten Jahren auf radikale Weise verändert haben. Service ist heute mehr denn je der Schlüsselfaktor für jede Kaufentscheidung. Alle Untersuchungen belegen, daß Kunden diesbezüglich immer anspruchsvoller werden.
Anhand einer eigenen Erfahrung möchte ich verdeutlichen, was mit diesen Worten gemeint ist:
Vor ca. 2 Jahren flog ich von München nach Düsseldorf, um dort einen Kundentermin wahrzunehmen. In Düsseldorf gelandet, hielt ich Ausschau nach einem Taxi. Es dauerte auch nicht lange, da rollte eine dieser beigen Limousinen vor. Die Tür auf der Fahrerseite wurde geöffnet, und ein Mann in mittleren Jahren stieg aus. Er trug ein weißes Hemd, einen modischen Schlips und frisch gebügelte graue Hosen. „Guten Tag“ sagte der Taxifahrer höflich, ging um das Taxi herum und öffnete die hintere Tür auf der Beifahrerseite. „lch bin Gregor Fellmann, Ihr Fahrer. Darf ich Ihr Gepäck im Kofferraum unterbringen?“ Ich stieg ein. Das Innere des Wagens war sauber wie das Äußere. „lch habe die Klimaanlage angestellt. Ist Ihnen das recht?“ „Ja, wunderbar!“ antwortete ich und gab mein Reiseziel in der Düsseldorfer Innenstadt an. „Wenn Sie Radio hören möchten, sagen Sie mir bitte Bescheid. Ich stelle gern Ihren Lieblingssender ein. Sie können aber auch eine von meinen CD s aussuchen. Ich habe eine gute Auswahl. Von Rock bis Klassik.“
Wir fuhren los. In der Mittelablage waren verschiedene Zeitschriften und eine aktuelle Tageszeitung. „Falls Sie eine Erfrischung möchten, ich habe hier vorn in der Kühltasche Mineralwasser, Cola und Saft.“ Mir war, als sei ich auf dem Mars gelandet. So etwas habe ich bisher noch nicht erlebt. Aber es sollte noch besser kommen. „Der Autobahnzubringer ist zu dieser Zeit sehr voll. Ich schlage vor, daß wir die Landstraße benutzen. Sind Sie einverstanden?“ Natürlich war es mir recht. „Gut“ sagte Herr Fellmann. „Wenn Sie sich mit mir unterhalten wollen, bin ich gern zu einem Gespräch bereit, solange es nicht um Religion oder Politik geht. Wenn Sie sich lieber bequem zurücksetzen und entspannen wollen, werde ich einfach den Mund halten.“
Ich war völlig von der Rolle. „Sagen Sie, wie lange bieten Sie Ihren Kunden denn schon diesen Service?“ fragte ich den Chauffeur. „Nun“ sagte er, „seit meiner großen Krise“. „Seit der großen Krise?“ „Ja, ich saß eines Tages in meinem Wagen und war wieder einmal unzufrieden. Dieses ewige Warten am Taxistand, die schlechten Umsätze und die ewig unzufriedenen Kunden machten mich völlig mürbe und hoffnungslos. Da wurde mir klar, daß ich etwas Grundlegendes ändern mußte. Ein Bekannter gab mir in dieser Situation schließlich den entscheidenden Tip. Erst erzählte er mir, was ihn beim Taxifahren alles störte. Da wußte ich, was bei mir anders werden mußte. Ich nahm mir vor, daß das Wohlbefinden meiner Gäste absolute Priorität haben sollte. Also sorgte ich für vernünftige Kleindung, ließ ein Telefon einbauen und ansprechende Visitenkarten drucken. Mein ganzes Denken kreiste nur noch um die eine Frage: Wie kannst Du das Wohlbefinden Deiner Gäste steigern ?“
„Und, hat es sich bezahlt gemacht?“
„Das kann man wohl sagen. Im ersten Monat merkte ich noch nicht so viel. Aber bald riefen mich Kunden immer häufiger im Wagen an, um von mir gefahren zu werden. Heute fahre ich fast nur noch auf Vorbestellung. Und natürlich merke ich auch am Trinkgeld, daß meine Kunden mit meinem Service zufrieden sind,“ erklärte der Mann.
Als wir am Zielort angekommen waren, gab er mir seine Karte: „Wenn Sie das nächste Mal ein Taxi brauchen, bitte rufen Sie mich an.“ Dieses Erlebnis hinterließ einen tiefen Eindruck bei mir. Und sehr eindrucksvoll macht es auch deutlich, worum es beim „Nutzen bieten“ geht:
1. „Nutzen bieten“ ist eine Sache der inneren Einstellung
Mein Taxi-Chauffeur hat all den Service nicht nur geboten, um bessere Umsätze zu machen. Vielmehr war er wie besessen von der Idee, einfach besser zu sein als all die anderen Mitbewerber auf dem Markt. Sein ganzes Handeln und Streben hat sich an der Vorstellung ausgerichtet, seinen Kunden einen echten Nutzen zu bieten. In einem späteren Gespräch hat Herr Fellmann mir erzählt, daß er sich ca. 3 Monate lang jeden Abend mit der Frage beschäftigt hat, wie er seinen Kunden noch mehr Annehmlichkeiten bieten kann. Im Laufe der Zeit habe sich dadurch auch seine Denkweise völlig verändert. Während er früher zunächst an Umsätze und Gewinne gedacht hat, überlegt er heute nur noch, wie er seinen Kunden einen noch größeren Nutzen bieten kann. Daß sich eine solche Einstellung auch auszahlt, kann leicht nachvollzogen werden. Denn mittlerweile wird er fast nur noch von Fahrgästen in Anspruch genommen, die seine Taxi-Dienste für weite und längere Überlandfahrten benutzen möchten.
2. Der größte Wunsch des Menschen ist es, bedeutend zu sein
Dieser Mann hat mir während der gesamten Fahrt das Gefühl vermittelt, daß ich jetzt die wichtigste Person für ihn bin, hat mich und meine Bedürfnisse ernst genommen. Er hat mich spüren lassen, daß er mich als das achtet, was ich in diesem Augenblick nun mal war: sein Kunde und sein Gast. ICH war als Kunde in diesem „Unternehmen“ die wichtigste Person.
3. Finden Sie heraus, was sich Ihre Kunden von Ihnen wünschen
Auch dem Schreinermeister können viele Dinge einfallen, die seinem Kunden das Gefühl vermitteln, wirklich wichtig und geschätzt zu sein. Die nachfolgenden Beispiele, die von vielen meiner Kunden bereits erfolgreich angewandt werden, sollen lediglich eine Anregung darstellen, was auch dann noch möglich ist, wenn andere bereits der Meinung sind, bereits alles getan zu haben:
• Kundenanrufe werden innerhalb von 4 Stunden beantwortet. Die Mitarbeiter im Unternehmen versprechen jedem Anrufer, daß man Sie bis zu einer bestimmten Uhrzeit zurückrufen wird und sorgen auch für die Einhaltung dieses Versprechens. Aussagen wie „Da müssen Sie später noch einmal anrufen“ gibt es in diesen Unternehmen nicht mehr.
• Für den Interessenten einer Küche werden ab einer bestimmten Angebotssumme von den Lehrlingen Modelle der geplanten Küche angefertigt. In den meisten Fällen überzeugt die Kunden dieser Service und dieses Engagement so sehr, daß sie in diesen Betrieben auch kaufen.
• Dem Kunden wird bereits mit dem Angebot ein „Garantie-Zertifikat“ ausgehändigt, im dem sich der Betrieb dafür verbürgt, defekte Elektrogeräte innerhalb 48 Stunden auszutauschen und ihm für die Dauer der Reparatur ein Ersatzgerät zur Verfügung zu stellen.
• Selbst wenn ein Mitarbeiter sich nur um wenige Minuten verspätet, wird der Kunde über diese Unregelmäßigkeit informiert.
• Nachdem die Küche oder die Schrankwand montiert ist, erscheint eine Servicekraft und nimmt an dem Möbel eine gründliche Endreinigung vor. Auch bietet sie der Hausfrau an, beim Einräumen des Geschirrs behilflich zu sein. Der durchschnittliche Zeitaufwand für diesen Service beträgt ca. 2,5 Stunden. Der Umsatz an Küchen ist seitdem beachtlich gestiegen.
• Nach jeder Montage füllt der verantwortliche Monteur ein umfassendes Abnahmeprotokoll aus. Dabei wird der Kunde auch darüber befragt, wie er mit dem Service insgesamt (vom ersten Kontakt bis zur endgültigen Auftragsabwicklung) zufrieden ist.
• Ca. 2 Wochen nach Lieferung erhält der Kunde einen Anruf. Dabei erkundigt sich der Betriebsinhaber oder der verantwortliche Verkäufer nach dem Wohlbefinden des Kunden, ob er Fragen oder Anregungen hat und vermittelt seinen Kunden auf diese Weise das Gefühl, daß er auch nach dem Kauf noch wichtig für ihn ist.
Diese Aufzählung ließe sich noch um einige Punkte mehr erweitern.
Vielleicht haben Sie sich beim Lesen gedacht: „Was das denn alles kostet.“ oder: „Was soll ich denn noch alles machen?“. Nun, bitte berücksichtigen Sie dabei, daß diese Unternehmen einige Mühe und Zeit darauf verwandt haben, die beschriebenen Maßnahmen auch tatsächlich in der Praxis umzusetzen. Gleichwohl hat sich in diesen Betrieben bereits nach kurzer Zeit so einiges verändert: Die Kunden haben sich immer häufiger für den tollen Service bedankt, es wurden vermehrt Folgeaufträge erteilt, und die Anzahl der Empfehlungskunden stieg kontinuierlich.
4. Stellen Sie die Einzigartigkeit Ihres Betriebs her
All jene Betriebe, von denen hier die Rede ist, haben irgendwann beschlossen, die Besten im Nutzenbieten zu werden. Selbstverständlich legen sie auch noch großen Wert auf die Qualität ihrer handwerklichen Arbeit. Gleichwohl haben alle Mitarbeiter im Laufe der Zeit ein ausgeprägtes Bewußtsein dafür entwickelt, daß der wichtigste Erfolgsfaktor „das gute Gefühl“ des Kunden ist. Alle im Unternehmen Beschäftigten arbeiten in regelmäßigen Mitarbeiterversammlungen und Besprechungen daran mit, daß diese „Kultur des Kundennutzens“ nach dem Motto: „Pünktlich“, „Freundlich“, „Zuverlässig“ gepflegt und weiterentwickelt wird und nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt. Denn auch der einzelne Handwerksbetrieb ist heutzutage darauf angewiesen, sich aus der Masse der Mitbewerber herauszuheben. Nur so hat der Kunde die Chance, zu erkennen, für welchen Anbieter er sich entscheiden soll. Dies über ausgefallene Produkte zu tun, wird zunehmend schwerer. Eine echte Chance haben nur noch die Betriebe, die dem Verbraucher wieder das zurückgeben, wonach er in vielen Fällen vergeblich sucht: Das ehrliche und uneigennützige Bemühen um wirkungsvolle Problemlösungen. n
Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, setzen Sie sich bitte direkt mit dem Autor in Verbindung: M. Borchardt, Corporate Sales Training, Wolfgangstr. 13, 85098 Großmehring, Tel: 0 84 07/ 93 01-44, Fax: 93 01-46Was Kunden am meisten stört
  • 78 % fühlen sich schlecht beraten
  • 56 % legen Wert auf eine gute Beratung
  • 78 % bemängeln, daß die Verkäufer mehr am schnellen Umsatz als an der Zufriedenheit des Kunden interessiert sind
  • 64 % haben den Eindruck, daß sie den Verkäufer gerade „stören“
  • 33 % ärgern sich über die Unpünktlichkeit der Handwerker
  • 59 % sind bereit, mehr auszugeben, wenn sie sich gut beraten fühlen
(Quelle: CST1996)
Tags
Herstellerinformation
BM-Gewinnspiel
Herstellerinformation
BM-Titelstars
Herstellerinformation
Im Fokus: Vernetzte Werkstatt

Herstellerinformation
Im Fokus: Vakuumtechnik
Herstellerinformation
BM auf Social Media
BM-Themenseite: Innentüren
Im Fokus: Raumakustik
_6006813.jpg
Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
Im Fokus: Gestaltung
Alles bio? Nachhaltigkeit im Tischler- und Schreinerhandwerk

BM Bestellservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der BM Bestellservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum BM Bestellservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des BM Bestellservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de