Höhen und Tiefen, Glücksmomente und Frustration – das erlebten die Meisterschüler in Schwäbisch Hall in einem Workshop, der sie gleich zu Beginn ihrer Ausbildung mit lösungsorientierten Entwurfsprozessen und gutem Design vertraut machen sollte. Was sie lernten war: Ein Entwurf fällt nicht vom Himmel, er muss erarbeitet werden.
Sehr bald schon aber sahen die Schülerinnen und Schüler, wie sich ihre Arbeiten weiter entwickelten und reiften – über Kleinmodelle, Alternativenbildung, Überprüfung und Hinterfragen der Ideen.
„Form und Transparenz“ war das Thema des Projektes, das unter Anleitung von Dipl. Designerin Gudrun Hölzer drei Lernziele in den Vordergrund stellte: Innovatives Denken, Mut zum Experiment und zu kreativen Lösungen sowie das Erproben von Fertigungstechniken. Verwendet werden sollte der neue Holzwerkstoff „Recoflex“, eine biegbare Spanplatte, die noch nicht allzu lange auf dem Markt ist. Manche Bedenken und Vorbehalte gegenüber diesem neuen Holzwerkstoff erwiesen sich schon bald als nichtig, andere Erfahrungen – Verastungen im Furnier bilden Flächenverformungen – führten letztlich zu einer anderen Auswahl bei Furnier und Klebstoff. Doch das Material als Chance zum Experiment zu sehen, braucht seine Zeit. Aber wo sonst, als bei einer Projektarbeit, findet man den Freiraum, wirklich neue Erfahrungen zu machen?
Zum Entwurfsprozess
Im Mittelpunkt stand der Entwurfsprozess: Zuerst wurden Ideen, die seit Themennennung im Kopf reiften, aufskizziert. Mit einer speziellen Fragekultur wurde anschließend innerhalb des Designprozesses eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema eingeleitet: Was ist Transparenz? Wo findet man Form und Transparenz? Was ist Form? Wie entsteht Form? Wandel in Lebens- und Wohnwelten wurden angesprochen und bewusst gemacht, neue Bedürfnisse erkannt. Es folgte ein Einblick in Qualitätsmerkmale und Design-Kriterien: Reduktion auf das Wesentliche. Aussagekraft durch Prägnanz. Konstruktiver Denkansatz. Konstruktionsprinzip als Gestaltungsleitlinie u.v.m. Dass tatsächlich Innovatives gelungen ist, zeigen die Beispiele: Mit dem Modell „Blickfang“ von Stefan Werner, Johannes Kaiser und Daniel Hofer können hochwertige Verkaufsobjekte optimal präsentiert werden. Der Korpus im Innenraum dreht sich langsam. Als Akzent wurde eine breite Edelstahl-Ellipse mittig auf Kugellager geführt eingefügt. Die punktuelle Beleuchtung rückt das Präsentationsobjekt auf dem Glasboden in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die geschwungene Wandscheibe mit der ovalen Öffnung wirkt in Palisander sehr edel. Die Gegensätzlichkeit der beiden Basisformen ist sehr spannungsvoll. Neben Schmuck- oder Optikerläden könnte dieses Display im Bereich hochwertiger Accessoires Verwendung finden. (Verwendete Materialien: Birke Multiplex, MDF, Rohspanplatte, Recoflex, ostindischer Palisander, Elektromotor, LED-Strahler, Floatglas, Edelstahl, Axialkugellage)
„Lagrima Forma“ haben Jan Ackermann, Uwe Muley und Bastian Tauberschmidt ihren Entwurf genannt, was auf spanisch Tränenform bedeutet. Da die Formenvielfalt ihrer ersten Entwürfe sehr groß war, wurde die Anregung, sich auf eine Basisform zu beschränken, aufgegriffen und umgesetzt. Dabei ging es wieder um die Reduktion auf das Wesentliche, mehr Aussagekraft durch Prägnanz und einen konstruktiven Denkansatz. Die diagonal angebrachte Sicherheits-Glasscheibe dient als Standfuß. Gleichzeitig verhindert sie auf der Abstellfläche das Abrutschen kleinerer Gegenstände und Zeitschriften. Das Möbel ist in seiner geschwungenen, schlichten Form reizvoll und gut als Beistelltisch verwendbar. (Gudrun H. Hölzer)
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