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Ins gemachte Nest gesetzt?

Variante zur klassischen Existenzgründung
Ins gemachte Nest gesetzt?

Ins gemachte Nest gesetzt?
Der Münchner Steuerexperte Bernhard Köstler ist Diplom-Finanzwirt und in der Finanz-verwaltung als Betriebsprüfer tätig
Im Handwerk vollzieht sich seit Jahren ein Genera-tionswechsel. Für Existenzgründer bietet die Übernahme eines bereits eingeführten Betriebs eine interessante Variante zur klassischen Existenzgründung. Welche Chancen, aber auch welche Risiken birgt diese scheinbar einfachste Variante, als Selbstständiger Fuß zufassen? Um diese und andere Fragen geht es im zweiten Teil unserer dreiteiligen Serie.

Der Münchener Steuerexperte Bernhard Köstler ist Diplom-Finanzwirt und in der Finanzverwaltung als Betriebsprüfer tätig

Wenn es um eine Neugründung geht, machen zahlreiche Gründungswillige nach der Ermittlung ihres Finanzbedarfs einen Rückzieher. “Was tun, wenn die kalkulierten Umsätze und Gewinne ausbleiben? Die zündende Geschäftsidee ist zwar da, wie komme ich jedoch an meine Kunden heran? Wie finde ich geeignetes Personal, das mir die täglichen Aufgaben wie Buchhaltung, Büroarbeit und ähnliches vom Leib hält?”, so die häufigsten Fragen der verunsicherten Gründer, die allesamt insgeheim eines fürchten: Nämlich mit ihrem neu gegründeten Betrieb in finanzielle Schieflage zu geraten.
Betriebsübernahme macht Risiken kalkulierbarer
Existenzgründer, die auf ein erprobtes Konzept oder Produkt setzen möchten, scheinen gut beraten, einen in der Branche integrierten Betrieb zu übernehmen. Sie sparen sich durch den Firmenkauf einige Anlaufschwierigkeiten, mit denen andere Pioniere auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu kämpfen haben. “Um endlich mein eigener Chef werden zu können, kam für mich nur die Übernahme eines bereits eingeführten Betriebs in Frage. Die Vorteile lagen auf der Hand: Finanzielle Unsicherheiten und Zukunftsrisiken sind minimal – schließlich kann man ja mit den Vorjahreszahlen kalkulieren. Ein in den Jahren gewachsener Kundenstamm ist ebenfalls bereits vorhanden. Nach dem Motto “neue Besen kehren besser”, erwarte ich sogar höhere Umsätze und Gewinnmargen als bei meinem Vorgänger”, so das Resümee von Ralf Kapan aus Neidlingen, der für den Weg in die Selbstständigkeit die Gründungsvariante “Betriebsübernahme” wählte. Unter Umständen sind die Unsicherheit der im Unternehmenskonzept eines Existenzgründers kalkulierten Umsätze tatsächlich durch die Übernahme eines Betriebs minimiert. Hält man sich die Umsatz- und Gewinnentwicklung der letzten drei Jahre vor Augen, kann man zum einen relativ präzise für kommende Jahre kalkulieren, zum anderen ist man bei Banken kreditwürdiger als der klassische Existenzgründer, der seine noch nicht erprobte Geschäfts idee anpreisen und plausibel erläutern muss.
Die Unsicherheiten
Die Übernahme eines Betriebes wird von vielen Existenzgründern als “Existenzgründung light” angesehen. Das Konzept scheint erprobt, die Kunden sind vorhanden, das Personal weiß, was es zu tun hat. Die Wahrheit ist: Eine Übernahme ist oft viel schwieriger als eine Neugründung.
Überdurchschnittlich viele Insolvenzen treten nach Betriebsübernahmen auf. Mittelständische Unternehmen sind in der Regel durch ihre Besitzer geprägt. Wechselt dieser, ändert sich (fast) alles im und um den Betrieb. Oft gehen gute Kontakte des Seniors verloren, neue müssen erst aufgebaut werden. Häufig muss auch das Konzept, das Geschäftsfeld des Unternehmens ganz neu bestimmt werden. Dafür wiederum sind nicht selten Entwicklungsleistungen erforderlich, um neue Produkte zu schaffen oder “eingefahrene” Produkte oder deren Herstellung auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.
Betriebsbörse hilft Existenzgründern
Bei der Suche nach einem zur Übergabe anstehenden Betrieb helfen dem Existenzgründer in aller Regel die Handwerkskammern und Fachverbände. Handwerkskammern bieten meist eine “Betriebsbörse” an, in der Angebote und Nachfragen in punkto Betriebsübergabe und Betriebsübernahme zusammenfließen.
Übernahmekonzept dringend empfehlenswert
Erfolgreiche Betriebsübernahmen sind durch individuelle und schlüssige Übernahmekonzepte gekennzeichnet. Es genügt für den Existenzgründer also nicht nur, darauf zu hoffen, sich möglichst günstig einzukaufen und ins gemachte Nest setzen zu können. Vielmehr muss er sich bereits im Vorfeld der geplanten Übernahme eine ganze Menge Kriterien vor Augen halten, Vor- und Nachteile abwägen und letztendlich Übernahmemodalitäten schaffen, die beiden Parteien – also der bisherigen Betriebsinhaber und dem Übernehmer – am ehesten entsprechen. Folgende Gesichtspunkte sollten dabei besonders kritisch unter die Lupe genommen werden:
• Aus welchen Gründen erfolgt die Betriebsübergabe?
• Welche Form der Übernahme scheint sinnvoll? Kauf oder Pacht?
• Ist der Kaufpreis bzw. der Pachtzins angemessen?
• Welche Haftungsrisiken birgt die Betriebsübernahme?
Wer diesen vier Fragen bereits im Vorfeld einer geplanten Betriebsübernahme erhöhte Aufmerksamkeit schenkt, merkt schnell, ob sich die Übernahme tatsächlich lohnt.
Gründe für die Betriebsübergabe hinterfragen
Suchen Sie das persönliche Gespräch mit dem bisherigen Firmeninhaber und dessen Personal. Wird ein Unternehmens- bzw. Steuerberater vorgeschoben, scheint häufig etwas faul zu sein. Wichtig ist vor allem, warum der Betrieb aufgegeben werden soll. Unproblematisch ist es, wenn der Betriebsinhaber aus Altersgründen das Handtuch werfen möchte. Steht er jedoch noch in der Blüte seines Lebens, sollte man nachhaken. Ist Konkurrenz in unmittelbarer Nähe in Sicht? Verschlechtert sich der Standort? Gibt es üble Rufmordkampagnen gegen den Betrieb? Sind hohe Regressansprüche zu erwarten oder sprechen andere geschäftsschädigenden Umstände für die Aufgabe des Vorgängers? Hier geht es um eine Entscheidung mit erheblicher Tragweite. Deshalb sollte man nur dann die weiteren Schritte der Verhandlung einleiten, wenn man sich sicher ist, den passenden Übernahmekandidaten gefunden zu haben. Ist man sich nicht sicher, ob der Gegenüber die ganze Wahrheit gesagt hat, sollte man die Finger von der Übernahme lassen. Denn auch ein billiger Kaufpreis ist für unrentable und marode Betriebe verlorenes Geld.
Tipp: Fragen zum Warum der Übergabe stellt dem Existenzgründer meist auch das finanzierende Kreditinstitut. Überraschen Sie Ihren Kreditberater deshalb also mit Detailinformationen. Eine gute Recherche ist die halbe Miete zu den benötigten Fremdmitteln.
Kauf oder Pacht?
Welche Übernahmeform kommt beiden Parteien entgegen? Kapitalschwache Existenzgründer sind gut beraten, den Betrieb erst einmal zu pachten. Es bleibt ihnen bei dieser Variante nämlich meist die langwierige Suche nach Geldgebern erspart. Die monatliche Pacht kann vielmehr aus den laufenden Umsätzen des gepachteten Betriebs finanziert werden. Schnell zeigt sich bei dieser Übernahmeform, ob die versprochenen Umsatzzahlen tatsächlich erzielt werden können.
In der Praxis wird es bei Handwerksbetrieben oft so gehandhabt, dass sich der bisherige Inhaber zumindest die Immobilien und Grundstücke zurückbehält und verpachtet. Das Inventar geht an den neuen Inhaber über. Recherchen haben jedoch ergeben, dass der Vorbesitzer oftmals auch das Unternehmen verkauft, um im Ruhestand ein finanzielles Polster zu haben.
Sollte man die Gelegenheit haben, einen Betrieb zu pachten, gilt für die Höhe der Pacht folgende Faustregel: Die ortsübliche Miete zuzüglich kalkulatorischer Abschreibung und kalkulatorischen Zinsen einschließlich des Entgelts für den übernommenen Kundenstamm. Die Pachtzinsen, die beim Pächter übrigens als gewinnmindernde Betriebsausgaben berücksichtigt werden, sind reine Verhandlungssache.
Tipp: Kalkulieren Sie die künftigen Gewinnmargen unter Einbeziehung der monatlichen Pachtzinsen. Sind diese im Verhältnis zum erzielten Umsatz sehr hoch, lassen Sie lieber die Finger von diesem Deal oder pokern Sie um eine Minderung der Pacht.
Gang und gäbe ist in der Praxis jedoch die Übernahmeform „Kauf“. Beim Kauf eines Betriebs übernimmt der Käufer die wesent-lichen Betriebsgrundlagen, die für die Weiterführung des Betriebs notwendig sind. Hierzu zählen vor allem: Maschinen, Fuhrpark, Ge-räte, Grundstücke, Immobilien und der Kundenstamm.
Kleines Bewertungs-ABC
Zentrale Streitfrage bei jeder Verhandlung über einen Unternehmenskauf wird die Bewertung des Unternehmens sein. Hierzu muss man natürlich vorausschicken, dass der Unternehmenswert stets subjektiv ist, also den Wert wiederspiegelt, den der bisherige Betriebsinhaber dem Unternehmen beimisst. Um einen objektiveren Wert ermitteln zu können, sind folgende Kriterien heranzuziehen:
Substanzwert des UnternehmensErtragswert des Unternehmens.Der Substanzwert setzt sich aus dem Wert des übernommenen Inventars, der übernommenen Waren und Immobilien zusammen, wobei natürlich übernommene Schulden und Verbindlichkeiten des Unternehmens den Substanzwert mindern.
Der Ertragswert spiegelt die Ertragslage der letzten fünf Jahre wider und gibt so Aufschluss auf die Ertragslage der nächsten Jahre. Außergewöhnliche Erträge, wie Verkäufe von betrieblichen Anlagegegenständen oder Versicherungsentschädigungen bleiben natürlich genauso wie außergewöhnliche Aufwendungen außer Ansatz. Den auf diese Weise ermittelten Jahresgewinn kapitalisiert man anschließend, d. h. man errechnet, wie hoch der Geldbetrag sein muss, den man unter Berücksichtigung marktüblicher Zinsen von der Bank erhalten müsste, um bei Darlehenshingabe an Dritte den ermittelten Gewinn zu erzielen. Die beiden Komponenten – Substanz- und Ertragswert – bilden die Grundlage für die Ermittlung des Unternehmenswertes in der folgenden Rechenformel: Wert des Unternehmens = (Substanzwert + Ertragswert) : 2
Beispiel: Heinz Wohlgemut möchte einen Betrieb übernehmen. Der bisherige Betriebsinhaber legt ihm Unterlagen vor, denen folgende Werte zu entnehmen sind:
Anlagevermögen 200 000 DM
Umlaufvermögen 100 000 DM
Verbindlichkeiten 150 000 DM
Gewinn 1996: 80 000 DM
Gewinn 1997 : 80 000 DM
Gewinn 1998: 85 000 DM
Gewinn 1999: 95 000 DM
Gewinn 2000: 95 000 DM.
Marktübliche Zinsen 10 Prozent.
Folge: Der Substanzwert beträgt 150 000 DM, der Ertragswert 870 000 DM (durchschnittlicher Gewinn der Jahre 1996 bis 2000: 87 000 DM – bei 10 Prozent marktüblicher Zinsen beträgt der Ertragswerts das 10fache des Durchschnittsgewinns). Der Wert des Unternehmens beträgt nach unserer Formel 510 000 DM (150 000 DM + 870 000 DM = 1 020 000 DM : 2).
Aufgepasst: Dieses Berechnungsschema ist nur ein erster Anhaltspunkt, ob der Betriebsinhaber völlig überzogene Forderungen stellt. Die Musik machen jedoch Angebot und Nachfrage. Im Zweifel schadet es auch nicht, einen Fachmann der Handwerkskammer, Gutachter oder sogar einen Unternehmensberater einzuschalten. Die finanzielle Tragweite bei der Betriebsübernahme rechtfertigt schon die eine oder andere Mark an Ausgaben.
Haftungsrisiko bei
Grundsätzlich haftet der Vorgänger für seine Verbindlichkeiten selbst. Solange er zahlungsfähig und -willig ist, hat der Betriebsübernehmer nichts zu befürchten. Kommt der frühere Betriebsinhaber seinen Verpflichtungen aus der Zeit vor der Übergabe jedoch nicht mehr nach, muss der neue Firmeninhaber für diese Schulden einstehen. Eine Haftung kommt vor allem in folgenden Fällen in Betracht:
• Bei übernommenen Betrieben, die im Handelsregister eingetragen sind (Haftung für sämtliche Geschäftsverbindlichkeiten).
• Wenn man einen Betrieb mit Personal übernimmt (Haftung für sämtliche Personalverpflichtungen).
• Wenn man den übernommenen Betrieb fortführt, droht eine Haftung für sämtliche noch nicht beglichenen Steuerschulden.
Risiken der Betriebsübernahme
Nicht selten platzt die Seifenblase, auf der Betriebsübernehmer häufig nach der Übernahme schweben. Mögliche Gründe für das Scheitern können sein:
• Zu hoch vereinbarte Übernahmepreise
• Überschätzung der Kundenbindung der übernommenen Stammkunden
• Fehleinschätzungen der betrieblichen Umsatz- und Kostenentwicklung
• Unzureichende Vorbereitung im Vorfeld der Übernahme
• Keine Inanspruchnahme kompetenter Fachleute o
Unternehmensbewertung
Online-Hilfen: Erste Informationen zum Thema Unternehmensbewertung erhält man im Internet. Diese und andere Links zum Thema Existenzgründung/Betriebsübergabe finden Sie auch unter www. bm-online.de in dem Menüpunkt „Links“ unter der Rubrik Unternehmensführung.
• Bei Change/Chance findet der Interessierte unter Fachinformationen eine allgemeinverständliche Einführung zum Thema Unternehmensbewertung.
• Natürlich haben auch Firmen spezielle Software entwickelt. „Unternehmensbewertung direkt – Vorbereitete Schemata zur schnellen Unternehmensbewertung“ (www.forum-verlag.com, Wahl: PC-Programme) lautet der Titel eines vom Forum Verlag Herkert GmbH aus Merching (Bayern) vertriebenen PC-Programmes. Auf der Basis gängiger Kalkulationssoftware wurden verschiedene Module entwickelt, in die der Nutzer nur noch seine individuelle Daten einzugeben hat.
• Nützlich für erste Analysen sind vorbereitete Tabellen bzw. Checklisten. Die Professur BWL1 – Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung der Technischen Universität Chemnitz (www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/bwl1/ub) – hat in ihrem Forum Unternehmensbewertung in MS-Excel ‘97 erstellte Spread-Sheet-Modelle zur Unternehmensbewertung zusammengestellt, die sich der Interessierte kostenlos herunterladen kann.
Pluspunkte bei Betriebsübernahme
• Kundenstamm ist vorhandenUmsatz- und Kostenplanung kalkulierbarer (Vorjahreswerte vorhanden)• Übernahme eines eingespielten Teams• Werkstatt und Betriebsinventar vorhanden• Zukunftsrisiken abschätzbar
Minuspunkte bei Betriebsübernahme
Angemessenheit des Kaufpreises/Pachtzinses• Veraltete Betriebseinrichtung• Personal muss komplett übernommen werden• Haftung für betriebliche Verbindlichkeiten des Vorgängers wird übernommen• Akzeptanzschwierigkeiten von Mitarbeitern und Kunden
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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