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Rauswurf ohne Risiko?

Verhaltensbedingte Kündigung und Abmahnung
Rauswurf ohne Risiko?

Arbeitsverweigerung, Schwarzarbeit, die Androhung „krank zu machen“ – für verhaltensbedingte Kündigungen gibt es einige Gründe. Aber: „Verhaltensbedingte Kündigungen stoßen so gut wie immer auf die Gegenwehr der betroffenen Mitarbeiter“, berichtet Rechtsanwalt Robert Schulze. Als Syndikus beim Fachverband Schreinerhandwerk Bayern kennt er diese Fälle und rät: „Umso mehr muss der Chef darauf achten, bei verhaltensbedingten Kündigungen keine unnötigen Fehler zu machen.“

Wenn der Arbeitgeber sich gezwungen sieht, ein Arbeitsverhältnis zu kündigen, trägt der Mitarbeiter oft zumindest eine Mitschuld. Doch wer am Verlust seines Arbeitsplatzes selbst schuld ist und deshalb arbeitslos wird, kann vom Staat keine Nachsicht erwarten. Es droht die Verkürzung der Arbeitslosengeld-Bezugsdauer und sogar eine bis zu zwölf Wochen lange Sperrzeit.

Mit sofortiger Wirkung oder unter Einhaltung einer Frist
Bei der verhaltensbedingten Kündigung ist zunächst zu unterscheiden, ob sie fristlos mit sofortiger Wirkung oder unter Einhaltung einer Frist erklärt werden soll. Die „außerordentliche“ Kündigung wird umgangssprachlich oft mit der „fristlosen“ Kündigung gleichgesetzt. Eine außerordentliche Kündigung muss aber keineswegs immer fristlos sein. Auch eine außerordentliche Kündigungsfrist kann der Arbeitgeber mit einer sogenannten sozialen Auslauffrist verbinden. Liegt jedoch ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vor, sollte nur in Ausnahmefällen mit einer Auslauffrist gekündigt werden, denn gerade in den typischen kleinen mittelständischen Familienbetrieben im Schreinerhandwerk leidet das Betriebsklima sonst erheblich.
Hingegen ist bei einer ordentlichen Kündigung immer die jeweilige Kündigungsfrist einzuhalten. Eine Kündigung innerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist bedarf nur bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) der sozialen Rechtfertigung, also bei länger als sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnissen in Betrieben mit mehr als zehn bzw. nach alter Regelung mit mehr als fünf Mitarbeitern (siehe auch BM 9/05 und 11/05). In Kleinbetrieben, also außerhalb des KSchG, ist ein Kündigungsgrund nicht erforderlich, solange die Frist eingehalten wird.
Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten
Ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers, also ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten, ist einer dieser Rechtfertigungsgründe nach dem KSchG, die den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen können. Vertragswidrig verhält sich der Mitarbeiter immer dann, wenn er schuldhaft und ohne Entschuldigungsgrund gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstößt.
Gründe für eine fristgemäße verhaltensbedingte Kündigung können Selbstbeurlaubung, Nichteinhaltung betrieblicher Rauch- und Alkoholverbote und die unsachliche Kritik an Arbeitgeber und Vorgesetzten sein. Auch wiederholtes unentschuldigtes Fehlen eines Arbeitnehmers ist durchaus geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu begründen. Das gilt auch für wiederholtes schuldhaftes, nicht rechtzeitiges Erscheinen zum Arbeitsantritt: Wer wiederholt verschläft, muss für einen lauteren Wecker oder für ein Aufwecken durch zuverlässige Dritte sorgen.
Schlechte Arbeitsleistung ist selten ein Grund
Bei schlechter Arbeitsleistung hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Leistung unter dem Durchschnitt für sich allein noch keine Kündigung rechtfertigen kann. Schließlich erbringt von mehreren Arbeitnehmern immer einer die „schlechteste” Leistung, ohne damit automatisch nicht zufriedenstellend zu arbeiten. In einer sehr guten Gruppe arbeitet schon der gute Arbeitnehmer unterdurchschnittlich.
Besonders schwer wiegendes Fehlverhalten
Die (meist fristlos erklärte) außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann hingegen nur auf ein besonders schwer wiegendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers gestützt werden. Als wichtiger Grund kommen auch in Tischlerbetrieben nur ganz gravierende oder besonders nachhaltige Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers in Frage. Diese Bewertung ist stets eine Frage des konkreten Einzelfalles. Maßgeblich ist, ob dem Arbeitgeber objektiv die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Fristablauf unzumutbar ist. Wie bei der ordentlichen Kündigung gilt auch hier der Grundsatz, dass es keine absoluten Kündigungsgründe gibt, bei deren Vorliegen immer und jederzeit eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt wäre. Daher sollte man im Vorfeld stets fachkundigen Rat einholen.
Mögliche Gründe: Petzen reicht nicht
An sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen, sind zum Beispiel grobe Beleidigungen von Vorgesetzten oder des Chefs oder auch extreme ausländerfeindliche Äußerungen, aber nur, wenn es sich um besonders schwere, bewusste und gewollte Kränkungen aus gehässigen Motiven handelt. Beleidigende Bemerkungen eines Arbeitnehmers gegenüber seinen Freunden in privater, vertraulicher Runde, die dem Arbeitgeber „gepetzt“ werden, reichen hingegen normalerweise nicht.
Auch der Diebstahl von Sachen geringen Werts oder der schon einmalige Spesenbetrug eines Außendienstmitarbeiters können wichtige Gründe darstellen, selbst wenn es sich nur um einen geringfügigen Betrag handelt. Tätlichkeiten am Arbeitsplatz können ebenfalls zur außerordentlichen Kündigung führen.
Auch die Androhung, krank zu „machen“ , wenn der Arbeitgeber den gewünschten Urlaub nicht genehmigt, kann eine ordentliche, unter Umständen sogar außerordentliche Kündigung nach sich ziehen.
Weigert sich ein Arbeitnehmer ohne Grund, seine Arbeit zu verrichten, kann je nach Grad und Ausmaß der Arbeitsverweigerung eine ordentliche, gegebenenfalls sogar außerordentliche Kündigung erfolgen.
Die Ausübung insbesondere ungenehmigter Nebentätigkeiten kann zur ordentlichen, je nach den Umständen des Einzelfalls sogar zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen, wenn hierdurch berechtigte Arbeitgeberinteressen beeinträchtigt werden (z. B. Konkurrenztätigkeit, Schwarzarbeit etc.). Dabei verschlechtert der Chef aber seine Position, wenn er dem Mitarbeiter z. B. an Wochenenden den Werkstattschlüssel für „Eigenbedarfstätigkeiten“ ausgehändigt oder die „Nebentätigkeit“ mehr oder weniger geduldet hat.
Ab Kenntnis sind nur zwei Wochen Zeit
Der Arbeitgeber muss jedoch dringend beachten, dass er schnell reagieren muss. Denn die außerordentliche Kündigung ist gemäß § 626 Abs. 2 BGB nur rechtswirksam, wenn sie binnen zwei Wochen ab Kenntnis des Arbeitgebers über den Kündigungsgrund in schrift- licher Form dem Mitarbeiter zugeht. Der Vertragspartner muss dem Kündigungsschreiben eindeutig und zweifelsfrei entnehmen können, dass das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt und die Beschäftigung endgültig eingestellt werden soll. Eine außerordentliche Kündigung gegenüber Auszubildenden muss zudem sehr ausführlich begründet werden.
Vorsorglich zudem noch ordentlich kündigen
Vorsorglich sollte der Arbeitgeber bei fristlosen Kündigungen hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt kündigen. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn er Zweifel am Vorliegen eines wichtigen Grundes oder an der Wahrung der zweiwöchigen Ausschlussfrist hat. Wenn dann ein Arbeitsgericht etwa die Fristlosigkeit als unangemessen ansieht, so kann die außerordentliche in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Voraussetzung ist, dass sich aus dem Kündigungsschreiben oder seiner Begründung erkennbar ergibt, dass das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall beendet werden soll, auch wenn der Kündigende die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung erkannt hätte.
Die Abmahnung ist fast immer nötig
Doch nicht jeder Kündigungsgrund erlaubt eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Denn stets ist zu prüfen, ob eine solche nicht als milderes Mittel in Betracht kommt. Dies wird gerade im Handwerk oft übersehen.
Je nachdem, ob die Störung aus dem Leistungs- oder Vertrauensbereich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (z. B. Straftaten gegen den Arbeitgeber oder Kollegen wie Diebstahl, Betrug, Beleidigungen) herrührt, ist vorher eine Abmahnung wegen eines gleichen oder gleichartigen Fehlverhaltens nötig.
Eine vorherige, erfolglose Abmahnung ist dabei grundsätzlich immer dann erforderlich, wenn ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt. Dies ist üblicherweise immer bei Störungen im Leistungsbereich (z. B. Schlechtleistung, Zuspätkommen) der Fall, es sei denn, es liegt eine ganz besonders schwere oder hartnäckige Pflichtverletzung vor.
Generell wird eine Abmahnung nur ausnahmsweise bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen entfallen können – insbesondere, wenn deren Unzulässigkeit ohne weiteres erkennbar ist und der Arbeitnehmer keinesfalls mit deren Billigung rechnen konnte, oder bei unumkehrbaren Folgen. Dies gilt sowohl bei fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigungen als auch bei außerordentlichen/fristlosen.
Eine Abmahnung ist gewöhnlich entbehrlich, wenn sie von vornherein aussichtslos wäre. So beispielsweise wenn der Arbeitnehmer bereits im Vorfeld erklärt, dass er nicht beabsichtigt, sein (vertragswidriges) Verhalten zu ändern, z. B. wenn er sich weigert, auch künftig pünktlich zur Arbeit zu kommen oder (zulässig angeordnete) Überstunden zu leisten. Dennoch sollte man sich darauf ohne fachkundige Prüfung im Einzelfall nicht verlassen, denn auch in diesem Bereich kann eine Abmahnung notwendig sein.
Eine Abmahnung hat zwei Funktionen
Die gegenüber einem Mitarbeiter ausgesprochene Abmahnung hat in der betrieblichen Praxis zwei Funktionen: Möchte der Betrieb den Mitarbeiter weiterhin behalten, so soll die Abmahnung in erster Linie dazu führen, dass der Mitarbeiter sein Verhalten zukünftig auf Dauer bessert. Der Mitarbeiter wird in deutlichem Maße auf sein Fehlverhalten hingewiesen und eine Kündigung bei einer Wiederholung des Fehlverhaltens angedroht.
In einer zweiten Funktion dient eine Abmahnung der Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung wegen des dann bereits durch die Abmahnung beanstandeten bestimmten Fehlverhaltens. Diese Abmahnung ist im Streitfall vor dem Arbeitsgericht Beweismittel dafür, dass der gekündigte Arbeitnehmer rechtzeitig auf sein Fehlverhalten hingewiesen, ihm die Chance der Besserung gegeben und ihm bei einer Wiederholung seines Verhaltens die Kündigung angedroht wurde.
Daran ist zu denken: Richtig abmahnen!
Damit eine Abmahnung ihre Funktion erfüllen kann, müssen folgende inhaltliche Voraussetzungen gegeben sein:
  • 1. Möglichst genaue, unmissverständliche Schilderung des konkreten einzelnen Fehlverhaltens unter Angabe näherer Details (Zeit, Ort, Beteiligte) und deren negative Auswirkung für den Betrieb. Dabei muss man aufpassen, denn schlagwortartige Formulierungen wie „Trunkenheit“, „Unpünktlichkeit“, „Urlaubsverlängerung“ etc. genügen nicht.
  • 2. Wertung des Fehlverhaltens als Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag.
  • 3. Aufforderung zur Einhaltung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Dabei sollte das zukünftig erwartete Verhalten aufgezeigt werden.
  • 4. Androhung einer Kündigung für den Fall der Wiederholung des Fehlverhaltens.
Insbesondere beim letztgenannten Element sollte man vor allem auf eine klare Gliederung achten und sich zu den einzelnen Fehlverhalten des Mitarbeiters auf das Wesentliche konzentrieren. Nicht ausreichend sind „weiche“ Formulierungen wie „Wir bitten um künftige Beachtung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag“ oder „Weitere Vorfälle dieser Art werden wir nicht akzeptieren“ etc.
Aus Gründen der Nachweisbarkeit ist dringend die Schriftform der Abmahnung anzuraten. Sie sollte auf einem offiziellen Briefbogen des Arbeitgebers geschrieben und unter Orts- und Datumsangabe handschriftlich unterzeichnet sowie bereits im Betreff als Abmahnung bezeichnet werden.
Um im Streitfall den Nachweis führen zu können, dass und wann die Abmahnung dem Arbeitnehmer zugegangen ist, sollte sich der Arbeitgeber den Erhalt der Abmahnung auf einer Kopie der Abmahnung mit Datumsangabe vom Arbeitnehmer quittieren lassen. Hilfsweise empfiehlt es sich, die Abmahnung per Boten in den Briefkasten des Arbeitnehmers werfen zu lassen. Dann muss aber der Bote vom Inhalt des Schreibens Kenntnis haben, damit er dessen Zugang beim Arbeitnehmer auch bezeugen kann.
Getrennte Abmahnungen für verschiedene Verfehlungen
Theoretisch könnte man mehrere Fehlverhalten gleichzeitig abmahnen. Allerdings ist zu empfehlen, verschiedene Verfehlungen in getrennten Abmahnungen zu rügen, da für den Fall der Unwirksamkeit einer Teil-Abmahnung sonst möglicherweise die Abmahnungswirkung auch hinsichtlich der anderen gerügten Sachverhalte entfällt. Die Abmahnung sollte auch in einem möglichst engen zeitlichen Zusammenhang mit der Arbeitsvertragsverletzung stehen (ca. zwei bis drei Wochen), auch wenn es keine strikte Zweiwochenfrist wie bei außerordentlichen Kündigungen gibt.
Liegt eine Abmahnung bereits längere Zeit zurück, kann die Warnfunktion der Abmahnung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erheblich abgeschwächt oder bereits entfallen sein, wenn bereits mehrfach gleichartige Pflichtverletzungen abgemahnt wurden, arbeitsrechtliche Konsequenzen aber ausblieben. Hierfür bestehen aber keine generelle Fristen. Grundsätzlich gilt: Je länger eine Abmahnung zurück liegt und je weniger schwerwiegend der zugrunde liegende Sachverhalt ist, umso eher ist eine nochmalige Abmahnung erforderlich. Allzu lange Gutmütigkeit kann also für den Chef nachteilig sein.
Bei Arbeitnehmern, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, ist darauf zu achten, dass der Betroffene eine Übersetzung in seiner Muttersprache erhält. Besonderheiten sind auch bei Minderjährigen zu beachten. Insbesondere muss die Abmahnung eines Minderjährigen dessen gesetzlichen Vertreter zugehen. Für einen Auszubildenden gelten im Grunde die für alle anderen Arbeitnehmer einschlägigen Regeln hinsichtlich der Wirksamkeit einer Abmahnung. ■
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Schallmessung in der Praxis: Michael Fuchs (r.) und Simon Holzer bei raumakustischen Messungen in einem Objekt (Friseursalon Max in Wallersdorf). Foto: Barbara Kohl, Kleine Fotowerkstatt
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