„Wer seine Mitgliedsbetriebe fit für den Wettbewerb des 21. Jahrhunderts machen will, muß auch seine eigenen Strukturen auf den Prüfstand stellen. Was gestern richtig war, kann morgen schon falsch sein und was gestern noch überflüssig erschien, kann morgen schon dringend geboten sein“ – bereits in seiner Begrüßung appellierte Kurt Henche, Landesinnungsmeister des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks Hessen, an seine Kollegen, die gegenwärtigen strukturellen und konjunkturellen Probleme als Chance zum Aufbruch zu nutzen. In der Tat, die Tagesordnung zur Herbst-Delegiertenversammlung der 33 hessischen Tischlerinnungen im Bürgerhaus von Gießen-Wieseck sah wichtige Weichenstellungen für die zukünftige Arbeit des Verbandes vor.
Die Beratung und Beschlußfassung über den Haushaltsplan 1998, die Vorstellung einer neuen Ausstellungskonzeption, die Beratung über die Gründung einer Umweltgemeinschaft im Tischlerhandwerk Hessen sowie der Vortrag von Dr. Bernd Dornach über „Marketing für Schreinerbetriebe“ markierten eine Aufbruchstimmung und zeigten den Betrieben Wege einer zukunftsorientierten Produktion und Vermarktung auf.
Landesinnungsmeister Kurt Henche beschrieb das hessische Tischlerhandwerk als einen starken und bedeutenden Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor. Rund 3600 Betriebe beschäftigten über 20 000 Mitarbeiter, bildeten mehr als 3000 Lehrlinge aus und sorgten für einen Jahresumsatz von knapp drei Milliarden Mark.
Der Tischlerberuf sei ein attraktiver, zukunftsorientierter und sicherer Beruf und fester Bestandteil des „Hoffnungsträgers Mittelstand“, den gerade auch die Politiker gerne herausstellten.
Und tatsächlich sei der Mittelstand das Rückgrat einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft, was wiederum viel mit Marktrelevanz, gesellschaftlichem und sozialem Verantwortungsbewußtsein und einem hohen persönlichen Engagement zu tun habe. Die Politik sei dringend gefordert, positive Signale zu setzen: runter mit den Bürokratiekosten, runter mit den Lohnzusatzkosten und runter mit den Steuern. Handwerk und Mittelstand seien auf den Wirtschaftsstandort Deutschland angewiesen und könnten nicht, wie z.B. die Industrie, ihre Produktion ins Ausland verlagern.
Es sei nicht mehr tragbar, wenn ein Geselle nur 14,- DM netto von seinem Bruttostundenlohn von 23,32 DM ausbezahlt bekomme, der Handwerksbetrieb dem Kunden aber 80,- DM für eine Gesellenstunde in Rechnung stellen müsse. Wenn der Geselle also mehr als fünf Stunden arbeiten müsse, um seine eigene Arbeitsstunde bezahlen zu können, dann sei, so Henche, doch etwas faul im Staate Deutschland. Damit werde Schwarzarbeit gezüchtet. Und deshalb müsse die Politik bald, und noch vor der Bundestagswahl 1998, Entscheidungen treffen und Planungssicherheit für die Wirtschaft schaffen.
Grußworte sprachen der Hessische Landtagspräsident Klaus-Peter Möller, Gießens Oberbürgermeister Manfred Mutz, der Präsident des Hessischen Handwerkstages, Arnold Spruck, Kreishandwerksmeister Herbert Jacobi und der Obermeister der Tischlerinnung Gießen, Horst Seibert. n
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