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Zur Bedeutung der Randverbund-Geometrie

Isolierglasqualität
Zur Bedeutung der Randverbund-Geometrie

Alle Welt redet von der „warmen Kante“. Das wird umso intensiver werden je näher die Einführung der neuen Energiesparverordnung rückt. Für die Anbieter von Isoliergläsern wird es in dieser Situation nicht einfach sein deutlich zu machen, dass sie vorrangig Glasprodukte fertigen. Da ist Rückbesinnung angesagt auf die Aufgaben des Isolierglas-Randverbundes.

Der Autor: Dr. Klaus Huntebrinker Geschäftsführer der Isolar-Glas-Beratung, Kirchberg

Wesentlicher Bestandteil des Randverbundsystems ist zunächst der „Isolierglas-Steg“ aus einem metallischen Hohlprofil. Er sorgt dafür, dass die Scheiben des Isolierglases bei der Produktion den richtigen Abstand bekommen und hilft dabei, dass dieser Abstand während der Lebensdauer des Isolierglases auch erhalten bleibt. Der Steg trägt also zu Recht den Namen „Abstandhalter“. Zugleich dient der Abstandhalter zur Aufnahme des Trocknungsmittels. Das Trocknungsmittel entzieht der bei der Produktion des Isolierglases zwischen den Scheiben eingeschlossenen Luft die Feuchtigkeit und absorbiert auch den nachträglich eindringenden Wasserdampf bis zum Ende seiner Aufnahmefähigkeit.
Alles das wäre aber nichts ohne eine ausreichende Abdichtung des Isolierglases. Ursprünglich wurde dies besorgt durch ein „einstufiges“ System mit einer Dichtmasse auf der Basis von Polysulfiden. Auf der Suche nach geeigneten Montagehilfen wurde später mit dem Einsatz von Butylmassen begonnen, deren Bedeutung als erste Dichtstufe jedoch bald erkannt wurde. Als zweite Dichtstufe werden heute Polysulfide, Polyurethane und in geringem Umfang auch Silikone eingesetzt. Insgesamt sorgt das komplette Randverbundsystem dafür, dass das Isolierglas die erwartete Lebensdauer von 20 – 30 Jahren auch erreicht.
Belastungen für den Randverbund
Die Lebensdauer eines Isolierglases ist dann beendet, wenn soviel Wasserdampf durch den Randverbund in den Scheibenzwischenraum eingedrungen ist, dass die Aufnahmefähigkeit des Trocknungsmittels erschöpft ist, und sich deshalb dauerhaft Kondensat zwischen den Scheiben bildet. Die Messlatte für eine ausreichende Abdichtung durch das Randverbundsystem wird dabei von der Isolierglas-Norm vorgegeben. Bisher war dies die deutsche Norm DIN 1286 Teil 1, zukünftig wird es die europäische Norm EN 1279 sein. Messgröße ist in beiden Fällen die Zubeladung des Trocknungsmittels mit Wasserdampf, mithin also die Menge des eingedrungenen Wasserdampfes während der Klimawechsellagerung nach den Vorgaben der Norm.
Die Klimawechsellagerung nach den Vorgaben der Norm simuliert die Belastungen, denen ein Isolierglas während seiner Lebensdauer ausgesetzt ist. Neben den diversen chemischen und physikalischen Einflüssen sind hier vor allem die mechanischen Belastungen zu nennen. Insbesondere werden durch die Klimawechsellagerung die Belastungen erzeugt, die auf jedes Isolierglas nach dem Einbau zukommen. Damit sind die Belastungen gemeint, die aus den Schwankungen von Temperatur und Luftdruck resultieren. Sie sorgen dafür, dass sich im Scheibenzwischenraum ein ständiger Wechsel von Unterdruck und Überdruck einstellt, auf den das Isolierglas reagieren muss.
Die mechanischen Belastungen für den Randverbund, die aus diesen ständig wechselnden Druckverhältnissen resultieren, hängen stark vom Format der betreffenden Isoliergläser ab. Bei großen Formaten haben die Scheiben in der Mitte eine biegeweiche Zone. Deshalb reagieren die Isoliergläser auf einen Überdruck im Scheibenzwischenraum mit einem „Ausbauchen“ – einer konvexen Verformung. Auf einen Unterdruck im Scheibenzwischenraum reagieren solche Isoliergläser mit „Einbauchen“ – einer konkaven Verformung. Bild 2 zeigt schematisch welche Folgen das für die Geometrie des Randverbundes hat. Bei kleinformatigen Isoliergläsern fehlt die biegeweiche Zone der Scheiben. Deshalb reagieren sie auf einen Überdruck im Scheibenzwischenraum durch eine Aufweitung des Randver-bundes (vgl. Bild 3). Bei einem Unterdruck im Scheibenzwischenraum wird der Randverbund zusammen gedrückt.
Luftgefülltes Isolierglas
Bei luftgefülltem Isolierglas kommt es darauf an, möglichst nachhaltig das Eindringen von Wasserdampf in den Scheibenzwischenraum zu verhindern. Dabei sucht sich der Wasserdampf den Weg des geringsten Widerstandes. Diesen geringsten Widerstand findet er an den Grenzflächen zwischen Dichtstoff und Glas bzw. Abstandhalter. Der Mechanismus für das Eindringen von Wasserdampf in den Scheibenzwischenraum ist im wesentlichen also eine Grenzflächendiffusion. Das Randverbundsystem muss zunächst gegen die Verformungen so stabil sein, dass die Haftung der Sekundärdichtung an Glas und Abstandhalter nicht beschädigt wird. Da der Sekundärdichtstoff zum Glas eine chemische Haftung aufbaut, ist dies auch nicht zu befürchten. Gleichzeitig darf aber durch die Bewegungen der Scheiben die Butylschnur nicht unterbrochen und ihre Haftung an Glas und Abstandhalter nicht beeinträchtigt werden. Dazu wiederum muss der Randverbund den Bewegungen ausreichende Kräfte entgegensetzen. Das ist nur mit Hilfe einer ausreichenden Rückenüberdeckung des Abstandhalters mit Sekundärdichtstoff möglich.
Gasgefülltes Isolierglas
Auch bei gasgefülltem Isolierglas muss zunächst das Eindringen von Wasserdampf in den Scheibenzwischenraum möglichst weitgehend unterbunden werden. Auch hier gilt: Die Lebensdauer auch eines gasgefüllten Isolierglases ist dann beendet, wenn die Aufnahmekapazität des Trocknungsmittels für Wasserdampf erschöpft ist und sich dauerhaft Kondensat zwischen den Scheiben bildet. Darüber hinaus muss aber das Entweichen des Füllgases (Argon, Krypton, SF6 oder ein Gemisch aus diesen Gasen) weitestgehend unterbleiben. Messlatte für die zulässige „Gasleckrate“ ist wiederum die Isolierglas-Norm. Bisher war dies die deutsche Norm DIN 1286 Teil 2, zukünftig wird es ebenfalls die europäische Norm EN 1279 sein. Auch für das Entweichen des Füllgases aus dem Scheibenzwischenraum und das Eindringen von Stickstoff, Sauerstoff usw. in den Scheibenzwischenraum gilt: Die Diffusion durch den Randverbund ist eine Grenzflächendiffusion.
Eventuell nicht auf den ersten Blick einzusehen ist, warum es überhaupt zu einer solchen Diffusion kommt, wenn doch der Druck im Scheibenzwischenraum und in der „Außenluft“ annä-hernd gleich ist. Dazu muss man wissen: Der Druck „innen“ und „außen“ setzt sich jeweils zusammen aus den Partialdrücken aller Einzelgase:
Die treibende Kraft für die Diffusion jedes einzelnen Gases durch den Randverbund ist die Partialdruckdifferenz zwischen innen und außen. Deshalb will das Füllgas aus dem Scheibenzwischen-raum entweichen und deshalb wollen Stickstoff, Sauerstoff usw. in den Scheibenzwischenraum eindringen. Dabei ist es gewissermaßen ein „gnädiger Zufall“, dass Stickstoff und Sauerstoff in etwa so schnell durch den Randverbund in den Scheibenzwischenraum eindringen wie das Füllgas Argon entweicht.
Auch bei gasgefüllten Isoliergläsern muss der Randverbund so gestaltet sein, dass er die durch den Wechsel von Überdruck und Unterdruck im Scheibenzwischenraum verursachten Verformungen übersteht, ohne dass dadurch das Eindringen von Wasserdampf beschleunigt wird. Das Gleiche muss jedoch auch für alle anderen Gasdiffusionen gewährleistet sein.
Butylschnur und Rückenüberdeckung
Bei luftgefülltem Isolierglas kann man vereinfacht feststellen, dass die erste und die zweite Dichtstufe einen gleichwertigen Beitrag gegen das Eindringen von Wasserdampf leisten. Das belegt unter anderem, dass – eine hinreichend große Rückenüberde-ckung (mechanische Eigenschaften) und eine hinreichend große Anlagefläche am Glas (langer Diffusionsweg) vorausgesetzt – auch einstufige Systeme nur mit der zweiten Dichtstufe funktionieren können. Mit Polyurethan als Dichtstoff wurden solche „einstufigen“ Isoliergläser von einzelnen, kleinen Betrieben bis vor wenigen Jahren produziert.
Ganz anders sieht es bei gasgefüllten Isoliergläsern aus. Mit einem einstufigen Randverbund können die Anforderungen der Norm an die „Gasleckrate“ auf keinen Fall erfüllt werden, weil die Grenzfläche zwischen Butyl und Glas die entscheidende Barriere für die Gasdiffusion bildet. Deshalb auch können Unterbrechungen bzw. zu viele Unterbrechungen der Butylschnur „tödlich“ – im Hinblick auf die Gasdiffusion – sein. Reicht die Überdeckung des Abstandhalters mit Sekundärdichtstoff nicht aus, um den Verformungen des Randverbundes durch den Wechsel von Überdruck und Unterdruck im Scheibenzwischenraum hinreichend große Kräfte entgegen zu setzen, so werden Unterbrechungen der Butylschnur erzeugt mit der Folge, dass die Gasdiffusion dramatisch zunimmt. Deshalb kann nur ein gasgefülltes Isolierglas mit ausreichender Rückenüberdeckung die Anforderungen der Norm erfüllen. Mit Sorge betrachtet man da, welches Denken – auch wegen des immensen Kostendrucks – in manch einer Isolierglas-Fertigung Einzug gehalten hat.
Die Verpressung der Butylschnur hat ebenfalls einen enormen Einfluss auf die Geschwindigkeit der Gasdiffusion. Auch dies ist recht einfach zu erklären. Bei „sehr genauem“ Hinsehen ist die Glasoberfläche nicht glatt, sondern eine regelrechte „Kraterlandschaft“. Wird die Butylschnur sehr schnell verpresst, so wird sie hart und kann nicht in die „Täler“ an der Glasoberfläche „einfließen“. Die Mitarbeiter in den Produktionen kennen diese Eigenschaft von Butylen und nutzen sie aus, wenn sie eine falsch aufgebrachte Butylschnur vom Abstandhalter reißen. Ganz anders verhält sich das Butyl, wenn es langsam genug verpresst wird. Die Folge ist eine deutlich geringere Gasdiffusion. Betrachtet man die Praxis an manch einer Isolierglas-Linie, so würde eine Erinnerung an dieses Wissen sicherlich nicht schaden.
Schließlich sollte es natürlich klar sein, dass jede gesteckte Ecke eine potentielle Schwachstelle im Hinblick auf jegliche Diffusion ist, es sei denn, man stopft die Löcher mit Butyl. Aber wer macht das schon.
„Exotische“ Systeme
Beherzigt man die eben formulierten Voraussetzungen für eine geringe Gasdiffusion, so sind auch bisher „exotische“ Randverbundsysteme durchaus möglich. Auch mit Silikon als zweiter Dichtstufe können so die Anforderungen der Norm für gasgefülltes Isolierglas erfüllt werden und zwar, ohne dass mit einem „besonderen“ Butyl oder einem „besonderen“ Silikon gearbeitet werden muss.
Auch Isoliergläser mit einer „warmen Kante“ sind so betrachtet ganz normale Isoliergläser mit einem besonderen Nutzen, die besonders sorgfältig gefertigt werden müssen, denn die Energieeinsparung durch einen hinreichend diffusionsdichten Randverbund ist mit Sicherheit größer als die durch die „warme Kante“. Deshalb sollen diese Ausführungen auch als eine Mahnung zum Festhalten an bewährtem Qualitätsdenken verstanden werden.
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