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Die Axt angesetzt

Spaltart: Erst kam der klare Schnitt, dann die saubere Spaltung
Die Axt angesetzt

Klaus Wangen machte seine Schreinerei dicht – doch vom Holz konnte er die Finger nicht lassen. Der Anblick der gespaltenen Zaunpfähle auf seiner Weide lieferte die Idee zu einer ganz individuellen Art der Wandgestaltung. Christian Härtel entdeckte Wangen, als „Spaltart“ noch in den Kinder- schuhen steckte. Nun hat er ihn in der Eifel besucht und seinen Weg persönlich nachgezeichnet.

Im alten Schulhaus des Dorfes Niederprüm, am westlichen Rand Deutschlands und unweit zur belgischen Grenze gelegen, befindet sich Spaltart – Werkstatt, Ausstellung und Büro von Klaus Wangen. Man muss weit raus fahren, doch dort fühlt sich das Urgestein der Eifel am wohlsten. Entweder draußen in der Natur, oder drinnen in der Werkstatt, wo ihm immer die besten Ideen kommen, wie er sagt. Deshalb hat er auch stets einen Notizblock auf der Hobelbank liegen, um neue Ideen zu notieren und diese dann mit unvergleichlicher Begeisterung in die Tat umzusetzen.

Die geographische Randlage ist für Klaus Wangen kein Nachteil. „Wir liegen hier mitten in Europa“, sagt Wangen und will seiner Aussage gleich noch Nachdruck verleihen, indem er die binnen vier Autostunden erreichbaren Städte aufzählt: Paris, Hamburg, München, Brüssel und Berlin.
Er schiebt immer noch etwas nach. Ganz so, als ob er nie genug Überzeugungsarbeit leisten könnte. Wangen ist zurückhaltend, aber wenn er in Fahrt kommt und sich wohl fühlt, dann kommt er von einem zum anderen. Klaus Wangen lacht gerne und herzlich, und doch schaut er oft sachlich und nachdenklich. Er ist ein sympathischer Typ und auch einer mit Ecken und Kanten, meist geradeaus und noch öfter sich treu. Er sagt, ich sei der erste Journalist gewesen, der zu ihm kam, weshalb ich jetzt alles sehen darf. Fast drei Jahre ist das her, als er auf dem kleinen Gemeinschaftsstand auf der Kölner Möbelmesse zum ersten Mal in Deutschland seine Spaltart vorgestellt hat. „Die Messe in Köln war 2009 nicht gut, aber ich habe drei Wände verkauft“, schmunzelt Wangen. Später kamen sie dann alle – die Journalisten von den Hochglanz-Magazinen und auch das Fernsehen.
Spaltart ist neu und Klaus Wangen derjenige, der gespaltenes Holz als edle Oberfläche salonfähig gemacht hat, nachdem die Augen vieler sich wohl langsam satt gesehen haben, an den glatten Flächen in Hochglanz weiß, Glas oder Metall. „Das menschliche Auge braucht etwas, woran es sich festhalten kann“, so Wangen und im Zusammenspiel mit Licht schafft die gespaltene Fläche genau das.
Seinen Platz gefunden
Da sein Vater früh starb, übernahm Klaus Wangen die Schreinerei mit vier Mitarbeitern als er 20 Jahre alt war. Nach der Meisterprüfung absolvierte er die Weiterbildung zum Restaurator im Handwerk. Über die Deutsche Denkmalpflege erhielt er ein Stipendium an der Restauratorenschule in Florenz.
In der Schreinerei Wangen restaurierte man alte Möbel, handelte damit oder fertigte Tische, Stühle und Rahmentüren mit geschnitzten Füllungen nach historischen Vorbildern. Aber das Geschäft lohnte sich immer weniger. Tische beispielsweise kamen zunehmend aus osteuropäischen Ländern. Auch wenn Wangen Besonderheiten anbot, wie acht Meter lange Ausziehtische aus Massivholz, wurde die Erlössituation immer unbefriedigender. Schließlich machte er einen Schnitt und schloss die Schreinerei in der damaligen Form.
Er überlegte viel und oft, wie man Holz so bearbeiten kann, so dass die natürliche Schönheit am Besten zum Ausdruck kommt. Die zündende Idee kam ihm dann bei einem Spaziergang auf seiner Pferdekoppel hinter dem Wohnhaus, als er die gespaltenen Eichenzaunpfähle genauer betrachtete: Holz zeigen, wie es ist – indem man es aufspaltet und dadurch die natürlich gewachsene Struktur erhält. Die ersten Stücke waren also Weidezaunpfähle, selbst produziert aus einem ganzen Lastwagen voll Eichenstämmen.
Zurück in der Werkstatt, machte Wangen weitere Spaltversuche und war begeistert vom so entstandenen Holzbild. Die ersten Kommoden mit Schubkastendoppel aus gespaltenem Holz entstanden und die Idee einer Ur-Wandpanelle war nicht mehr weit.
Beim Ölen von Schubkastendoppeln machte es dann schließlich Klick. Es war die Fläche der zufällig zusammen geschobenen Doppel, die ein einmaliges Bild für ihn ergaben und so war die erste Wandverkleidung geboren.
Wangen suchte einen Namen für seine neue Produktlinie. „Zuerst war ich bei Spaltholz. Da dies in Süddeutschland aber gleichbedeutend mit Brennholz ist, musste etwas anderes her“, erzählt Wangen. Also Spaltart – vielleicht weil Kunst so einmalig ist, wie die natürliche Struktur von Holz auch.
Start mit dem Spalthammer
Den Prototyp einer Wand, wie Klaus Wangen seine Wandverkleidung nennt, zeigte er an einer Messe im nahe gelegenen Luxemburg. Ein großes Satellitenunternehmen war sogleich der erste Kunde. „Die Resonanz war riesig“, erinnert sich Klaus Wangen. Das ermunterte ihn, an einen Gemeinschaftsstand an der Möbelmesse Köln 2009 teilzunehmen. Die Dinge nahmen ihren Lauf. Er konnte weitere Wände verkaufen: an einen Automobilkonzern, für einen Flughafen und ein Modelabel.
Der Durchbruch kam ein Jahr später in der Premiumhalle an der Möbelmesse Köln 2010. Ein Edel-Modelabel suchte für eine neue Linie das passende Ambiente und fand es bei Spaltart mit silberfarben lasierten Wandplatten. Das erste Geschäft entstand mit einer Wand von Klaus Wangen, der zuerst gar nicht wusste, wie weit reichend dieser Zuschlag sein würde. Heute sind es bereits über 40 Läden in aller Welt, die mit silbrig glänzenden Wänden von Spaltart ausgestattet sind.
Der zweite Auftritt in Köln war ein richtiger Erfolg, auch bei den Journalisten. „Kaum war eine Journalistin weg, kam schon die Nächste“, erinnert sich Wangen.
Bei so viel Erfolg ließen Nachahmer nicht lange auf sich warten. Am Anfang hat sich Wangen darüber geärgert und ist mit mehreren Geschmacksmustern in der Hand auch gegen die Kopieisten vorgegangen. Aber das kostet Kraft und Zeit, weshalb sich Wangen einen gelassenen Umgang damit angeeignet hat. So leicht ist die Arbeit sowieso nicht zu kopieren. Denn was einfach aussieht, nämlich ein paar Friese aufspalten und zu kleinen Platten verleimen, das ist in Wirklichkeit viel Arbeit. Sechs bis sieben Stunden stecken in einem Quadratmeter Spaltart-Wand. Wer Spaltart imitieren will, braucht demnach mindestens dieselbe Zeit und hat somit auch ähnliche Kosten. „Warum sollte der Kunde also die Kopie kaufen, wenn er für das gleiche Geld das Original haben kann?“, argumentiert Wangen. ▶
Vielmehr ärgert Wangen ein Verfahren, bei dem mittels Prägestempel und hohem Druck Furnier in eine MDF-Platte gedrückt wird und dieses dann als gespalten angeboten wird, obwohl es nicht so aussieht. Aber auch hier wird es sich weisen, ob ein nachempfundenes Produkt letztendlich bei den Kunden ankommt.
Spalten mit Herz und Hirn
Gefertigt werden die Wände von Spaltart meist aus Eiche und zunehmend aus Nussbaum. Aber auch viele andere Holzarten hat Wangen probiert. Die Eiche kommt vom lokalen Sägewerk aus der Eifel. Eine furniertaugliche, milde Spessarteiche ergäbe eine langweilige Struktur, wenn es überhaupt funktioniert. „Einmal habe ich Eiche aus Frankreich gekauft, das war eine Katastrophe. Die Fasern sind beim Spalten immer abgebrochen und wir hatten sehr viel Abfall“, so Wangen.
Für die Herstellung der gespaltenen Friese kauft Wangen normale Schreiner-Blockware. Nach dem Ablängen der Bohlen und dem Zuschnitt der Friese, kommen diese unter die Spaltmaschine. Je nach Faserverlauf können die so erzeugten zwei Spalthälften fast keilförmig sein. Deshalb werden sie danach zur Spaltfläche parallel geschnitten und dann die Kante gefügt und auf Breite gehobelt. Danach kommt das zweite Herzstück der Bearbeitung. Die gespaltenen Flächen müssen von den losen und eingerissenen Spänen befreit werden. „Da sieht man dann schnell, ob ein Schreiner mit einem Beitel umgehen kann, oder nicht. Viele können es nicht“, sagt Wangen. Die „Putzarbeit“ dauert, aber es gibt keine Alternative dazu. „Ich habe schon alles probiert. Von Sandstrahlen bis zum Bürsten. Es bleibt Handarbeit.“ Nur beim Finish konnte Wangen etwas mechanisieren. Eine Bürstmaschine ebnet die scharfkantigen Faserstränge etwas, gewissermaßen zum „Kantenbrechen auf der Fläche“. Dann werden die Friese verleimt und abgelängt, eine Wandplatte ist fertig, wäre da nicht das Bild vom Produkt, das Wangen hat. Stundenlang sortiert er die Friese, bis die Arrangements für ihn stimmig sind.
Beim Spalten entstehen auch immer kleinere, kurze und für die Platten nicht taugliche Friese. Deshalb hat Klaus Wangen sich die „Bricks“ ausgedacht, die aus den früheren Abfällen gewonnen werden. „So können wir den Verschnitt in der Produktion von der Blockware bis zum fertigen Produkt auf 35 bis 40 % senken. Was nicht zu verwerten ist, spendet Wärme für die Werkstatt.
Immer weiter
Eigentlich mag der Unternehmer es nicht, im Rampenlicht zu stehen. Wangen gehört nicht zu der Art Mensch, die Erfolg schwindelig macht. Wer hier in der Eifel groß geworden ist, für den zählen das Echte, die Leidenschaft und das Eigene. Freilich weiß Wangen, dass auch die Zeit der Begeisterung für seine gespaltenen Wände nachlassen wird. Noch sind es die Premium-Kunden, die Spaltart nachfragen. „Dann werden noch viele andere folgen, bevor es vorbei ist“, sagt Wangen.
Sein Traum: einmal einen Konzertsaal damit auszustatten, denn die reliefartige Oberfläche hat besondere akustische Eigenschaften. Und noch ist das Premium-Segment nicht ausgereizt. Das Ziel: 700 m2 der gespaltenen Wandpanellen im Jahr zu verkaufen. Jetzt möchte Wangen ganz exklusive Wände machen. Dazu bereitet er derzeit die erste Wand mit Blattgold-Überzug vor. Er ist überzeugt davon, dass Spaltart im Premium-Bereich den Scheitelpunkt des typischen Produktlebenszyklus noch nicht erreicht hat. Und falls der Punkt dann doch einmal kommt? „Dann wird es bestimmt etwas anderes geben“, sagt Wangen. Aber vorerst ist der Boden seines Handwerks noch von goldenen Wänden umrahmt. (Christian Härtel) ■
Klaus Wangen Design
54595 Prüm / Eifel
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