Der große Befähigungsnachweis erregt wieder einmal die Gemüter. Auslöser war diesmal ein Bericht in der “Berliner Zeitung”, in dem es hieß, dass die Bundesregierung plane, großzügige Ausnahmeregelungen zum Meister im Vollhandwerk zuzulassen. Eine Zeitungsente? Mitnichten, denn aus dem Bundeswirtschaftsministerium kam – und das für viele überraschend – die Meldung, dass die Handwerksordnung noch in diesem Jahr novelliert werden solle. Wesent-liche Änderungen würden damit einhergehen. Zum Beispiel solle es dann auch jungen Handwerkern nach einer dreijährigen Beschäftigung in einem Handwerksbetrieb möglich sein, den Betrieb auch ohne Meisterbrief zu führen.
Von der Pflicht zur Ablegung der Meisterprüfung sollen auch Gesellen ab dem 40. Lebensjahr entbunden werden, wenn sie einen Betrieb übernehmen wollen. An der Aushöhlung des Meister-briefes wird also fleißig gearbeitet, was nicht zuletzt auch den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) auf den Plan rief. Die Bundesregierung, so der ZDH, müsse im Interesse von Ausbildung, Qualifikation und Arbeitsplätzen am Bekenntnis zum Meisterbrief – zuletzt 1998 von ihr untermauert – festhalten. “Mit aller Entschiedenheit tritt das Handwerk Überlegungen entgegen, wonach der große Befähigungsnachweis – der Meisterbrief – keine Voraussetzung mehr für eine Selbstständigkeit im Handwerk sein soll”, forderte der ZDH am 17. Februar 2000 in Berlin. Das Handwerk werde seine Funktion als größter Arbeitgeber in Deutschland mit einer Ausbildungsquote, die nahezu doppelt so hoch sei wie in der übrigen Wirtschaft und die für fast 40 % aller Lehrlinge stehe, auch zukünftig nur mit dem Meisterbrief erfüllen können.
In einer Stellungnahme aus dem Bundeswirtschaftsministerium verkündete Minister Dr. Werner Müller indes beschwichtigend: “Der Meisterbrief ist die Grundlage für die handwerkliche Entwicklung. Er hat eine sichere Perspektive.”
Dennoch, der Kampf um den Fort-bestand des Meistertitels wird weitergehen.
Nicht minder wird die Zukunft des Meisterstücks die Gemüter und hier im Besonderen im Tischler- und Schreinerhandwerk erhitzen, denn wie der Entwurf zur zukünftigen Struktur der Meisterprüfungsverordnung vorsieht, wird die Definition “Meisterstück” durch “Projektarbeit” ersetzt. Die “Projektarbeit” soll als “Meisterprüfungsarbeit” zukünftig das “Meisterstück” ersetzen. So heißt es in § 4 “Projektarbeit” Absatz 1: “Der Prüfling hat eine Projektarbeit durchzuführen, die einem Kundenauftrag entspricht. Dabei sollen Vorschläge des Prüflings berücksichtigt werden. Dem Prüfungsausschuss ist vor der Durchführung der Projektarbeit die Aufgabenstellung einschließlich einer Zeitplanung zur Genehmigung vorzulegen.” Ade Meisterstück?
Übrigens: Das Thema “Meisterstück/ Projektarbeit” wollen wir in unserer Ausgabe BM-EXTRA 2000, die wieder Ende Juli erscheint, noch ausführlich behandeln. Gern veröffentlichen wir auch Ihre Meinung dazu (Redaktionsschluss: 1.6.2000).
Apropos meisterliche Arbeit: An dieser Stelle möchte ich auch an den “Abraham- und David-Roentgen-Preis” erinnern, den der Bundesverband für das Jahr 2000 ausgeschrieben hat und der auf dem Deutschen Tischlertag 2000 (14. bis 17.9.2000) in Leipzig verliehen wird.
Sie haben noch bis zum 31. Mai 2000 die Möglichkeit, an diesem bedeutendsten, mit 15 000 DM dotierten Kulturpreis des Deutschen Tischlerhandwerks, teilzunehmen. Nähere Informationen dazu erhalten Sie beim Bundesverband HKH in Wiesbaden.
Informationen zu zahlreichen anderen Themen erhalten Sie wieder in dieser BM-Ausgabe. Wir sind sicher, dass auch für Sie “das Richtige” dabei ist und wünschen eine erfolgreiche Leselektüre.
Herzlichst Ihr
Peter Nagel
Chefredakteur
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